Advent, Advent Palästina brennt! von Evelyn Hecht-Galinski

Kommentar vom Hochblauen von Evelyn Hecht-Galinski

Advent, Advent Palästina brennt!

Der Artikel vom Montagmorgen in der Badischen Zeitung über den Besuch Netanjahus bei der EU war illustriert mit einem so herzzerreißenden Bild eines durch israelischen Raketenbeschuss schwer verletzten palästinensischen Kleinkindes. Wie üblich deklariert als „Vergeltungsaktion“ der „jüdischen Verteidigungsarmee“ auf eine Hamas-„Rakete“, die oh Wunder wieder einmal nicht getroffen hat.

Mich erinnerte dieses Bild an den Völkermord im Gaza beim letzten Angriffskrieg des Netanjahu-Regime auf die wehrlose palästinensische Bevölkerung, bei dem auch hunderte unschuldige palästinensische Kinder zum Opfer fielen. Was muss eigentlich noch geschehen, damit die deutsche und europäische Politik regiert und dem seit Jahrzehnten besetzten palästinensischen Volk zur Hilfe eilt? (1) http://www.badische-zeitung.de/ausland-1/rechnung-an-netanjahu–146449683.html

Trotz der jahrzehntelangen illegalen Besatzung ist Netanjahu offensichtlich gern gesehener Gast in Brüssel beim Frühstück mit den EU-Außenministern. Allerdings wollen immerhin 56 Europaabgeordnete dem Vertreter des Besatzungsregimes eine Rechnung über schlappe 1,2 Millionen Euro präsentieren, und zwar als Entschädigung für von der EU finanzierten humanitären Projekte, die von der israelischen Besatzungsarmee in Palästina zerstört worden waren. Diese Rechnung ist ein Witz, wurden doch annähernd 400 bauliche Strukturen aller Art seit Netanjahus Regierungsübernahme 2009 zerstört. Seit Netanjahu an der Macht ist, haben die Siedlungen massiv expandiert und fast täglich gibt es neue Bau-Ankündigungen. Palästinenser und Beduinen werden enteignet und von ihrem Land vertrieben.

Während der deutsche und europäische Steuerzahler weiter ungefragt für die Völker- und Menschenrechtsverbrechen aufkommen muss, ziert sich die EU weiter, endlich Konsequenzen aus diesem schreienden Unrecht zu ziehen und die BDS-Maßnahmen einzuleiten. Immerhin wäre das eine gute Gelegenheit, gerade nach der unglaublichen Jerusalem-Provokation von Trump, Nägel mit Köpfen zu machen und zu handeln. Während Federica Mogherini ganz klar betonte, dass für die EU nur eine „Zweistaatenlösung“ – für die sie rein gar nichts tun – als unterstützenswert gelte, scherten gewisse Ostländer aus. So liebäugelt der Rechtsaußen und persönliche Netanjahu-Freund, der ungarische Ministerpräsident Orban ebenfalls mit dem Gedanken einer Botschaftsverlegung nach Jerusalem. Ebenso Tschechien, Polen und andere Ost-Staaten. So witterte Netanjahu Morgenluft und forderte ganz frech von allen EU-Staaten die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt des „Jüdischen Staates“. Momentan scheint dieser Schritt für die EU noch undenkbar, doch nachdem so ein Druck ausgeübt wird, und die Ost- zur West- EU immer weniger gemeinsam hat, ist es mit der Einstimmigkeit vorbei. So ist auch zu befürchten, dass je mehr Ost-Staaten von rechtsextremen Regierungen übernommen werden, desto leichteres Spiel Netanjahu und seine Politik haben wird.

Nach dem Triumph, den Netanjahu nach Trumps Rede empfand, dass Jerusalem die ewig ungeteilte Hauptstadt des „Jüdischen Staates“ ist und bleibt, ist der doch vor sich hinsiechende Friedensprozess gestorben, ebenso wie die Zwei-Staatenlösung. Während die Arabische Liga nur eine dürftige Verurteilungserklärung abgab, war es der türkische Präsident Erdogan, der den „Jüdischen Staat“ als das, was er tatsächlich ist, nämlich ein terroristischen Staat, bezeichnete, der Kinder tötet., und der mit allen Mitteln gegen die Anerkennung von Jerusalems als Hauptstadt des „Jüdischen Staates“ kämpfen will. Dabei sollte ihn Deutschland und die EU unterstützen!

Die Erosion des Völkerrechts sehen wir daran, dass sich deutsche Politiker mehr darüber aufregen, wenn Davidstern-Flaggen des Besatzerstaates verbrannt werden, als über die jahrzehntelange illegale israelische Besatzung und Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung und die Trump‘sche Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt des „Jüdischen Staates“.  Wenn der deutsche Innenminister de Maiziere sich darüber aufregt, dass Davidsternflaggen als Symbol der illegalen jüdischen Besatzung und Unterdrückung Palästinas verbrannt werden, dann läuft etwas ganz falsch. Mit „Antisemitismus“ hat das rein gar nichts zu tun.

Und so kommt auch der Zentralratspräsident-Schuster ruckzuck um die Ecke mit der Forderung: „Den Anfängen wehren“ und will „antisemitische“ Demonstrationen generell verhindern lassen“ und gar eine Gesetzesänderung fordert, aber die gesetzwidrige Besetzung Palästinas unterstützt, dann stellt er sich klar gegen das Recht.. Die Parolen wie „Kindermörder Israel“ mag er gar nicht hören, und holt die Antisemitismuskeule raus, obwohl gerade diese Parole – siehe der Völkermord in Gaza! – doch nachweislich wahr ist! Nochmal: Demonstrationen gegen Besatzung sind legitim und haben nichts mit Antisemitismus zu tun. (2) https://www.nwzonline.de/politik/zentralratspraesident-den-anfaengen-wehren_a_50,0,1448745492.html

Wäre es nicht an der Zeit, dass Deutschland und seine politischen Vertreter endlich einmal darüber nachdenken, dass die Verbundenheit zu jüdischen Bürgern und zum „Jüdischen Staat“ auf eine normale Stufe gestellt werden sollten, fernab von einer philosemitischen Verklärung, die jüdisches Unrecht übersieht und palästinensische – legitime – Widerstands-Reaktionen zu Unrecht umdeuten will. De Maiziere verurteilt also, wenn der Staat Israel – nicht die Juden! – auf diese „beschämende“ Weise beleidigt werden und Außenminister Gabriel schließt sich prompt an. Vielmehr finde ich es beschämend, dass deutsche Politiker nicht den wahren Grund des Übels, also die Wut über diese unglaubliche Entscheidung und vor allem die jahrzehntelange Besatzung, nicht anprangern, sondern diese unterstützen. Beschämend beleidigt wurden Palästinenser, die von dieser Trump‘schen Entscheidung überrollt wurden. Es wäre die Pflicht deutscher Politiker, den palästinensischen Bürgern in Deutschland mit Solidarität beizustehen. Gerade das Verbrennen dieser Davidsternflagge, das Symbol der illegalen Besatzung und ethnischen Säuberung Palästinas, ist doch mehr als verständlich!

Übrigens ist das Verbrennen dieser Flaggen lt. Polizei kein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch, solange sie vorher nicht an einem öffentlichen Gebäude hingen. Zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehört es auch, dass auch Emotionen, wie das Verbrennen dieser verhassten Symbole ausgehalten werden müssen. Es war ein wichtiges Zeichen, dass sich in Berlin mehr als 2500 Demonstranten versammelt hatten, um gegen die Entscheidung der einseitigen Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt eines „Jüdischen Staates“ protestierten. Wenn sich also der Regierende Bürgermeister Müller sich äußerte, dass er Antisemitismus und Rassismus auf Demonstrationen nicht dulden würde, dann frage ich mich, wieso er schweigt zu dem Rassismus und der völkerrechtswidrigen Besatzung des „Jüdischen Staates“, der diese Demonstrationen doch ausgelöst hat?

Warum schweigen die deutschen Politiker zu den Vorgängen im jüdischen Apartheidstaat, zu der illegalen Abrieglung Gazas und zu den unmenschlichen Besatzungsverbrechen, wie steter Landraub, Enteignung, Razzien, Folterungen, Moscheeschändungen, Diskriminierungen, Ernte- und Wasserraub usw. Ist die rote Linie nicht schon längst überschritten? Was muss eigentlich noch passieren?

Wenn der oliv-Grüne Özdemir in der Anne Will-Talkshow Antisemitismus beklagt, aber über den Rassismus im „Jüdischen Staat“ feige schweigt, dann ist er so unglaubwürdig wie der Großteil unserer Politiker von Rot, röter, grün, blau und schwarz, alles ein ungenießbarer philsosemitischer Einheitsbrei.

Auch das AJC, das American Jewish Committee, forderte sofort eine Reaktion der Politik gegen diese Demonstrationen, aber auch sie schweigen zu Trumps Affront und die Folgen. Genauso der Zentralrat der Juden, der die Ankündigung von Trump nicht kommentierte, während sich Ex-Präsidentin Knobloch über das „Galgen-Urteil“ wegen Merkel mokierte, zu Trump jedoch schwieg.

Sie alle regen sich auf, wenn der verhasste Davidstern als Symbol der Besatzung brennt, aber wenn Palästina brennt, dann sehen sie nur das sogenannte „Selbstverteidigungsrecht“ der Juden.

Was ist mit dem immer wieder kehrenden Versuch uns alle zum Schweigen zu bringen, indem Kritik am „Jüdischen Staat“ als Antisemitismus und Judenhass diffamiert wird, während Verbrechen des „Jüdischen Staates“ als Selbstverteidigung legitimiert werden.

Jedenfalls haben sich die USA und Trump mit diesem völkerrechtswidrigen Deal selbst disqualifiziert und sich als „Friedens-Vermittler“ endgültig ins Abseits gestellt!

Dass nun auch noch der israelische Kriegsminister Lieberman im Goebbels-Jargon „Kauft nicht bei Arabern“ brüllt – womit die palästinensischen Bürger in Nord-Israel gemeint sind, die es tatsächlich gewagt hatten, gegen Trump nach seinem Jerusalem-Beschluss zu demonstrieren – und sie zu „unerwünschten Personen“ erklärt hat, die keine Verbindung zum „Jüdischen Staat“ hätten, dann ist die rote Linie längst überschritten. Ein israelischer Minister, der für die Kriege und Waffen zuständig ist und solche rassistischen Bemerkungen macht, sollte uns alle, auch die deutschen Politiker, besorgt machen.

Man kann die hilflose Wut der jungen Palästinenser verstehen. Aufgewachsen unter Besatzung, die niemals Freiheit erlebt haben, immer nur Schikanen, Drangsalierungen, Angst und jüdische Besatzer-Willkür. Ihnen blieben nur Steine und Messer als Waffe gegen die illegale jüdische Besatzung, die ihnen jetzt auch noch ihre Hauptstadt Jerusalem endgültig rauben will. Wer will ihnen also verübeln, wenn sie ihre Rechte mit – legitimer! – Gewalt verteidigen? Sie werden in diesem Kampf allein gelassen, anstatt sie zu unterstützen. Wir alle sollten sie in ihrem Widerstandskampf niemals vergessen und allein lassen, sondern uns mit ihnen, den Opfern brutaler Besatzung solidarisieren.

 In diesem Zusammenhang: Widerstand wird zu Pflicht, wo Besatzung zu Recht wird. 

Aber tatsächlich hat die hochaufgerüstete, bis an die Zähne bewaffnete und vom USA und Deutschland wohlwollend mitfinanzierte israelische Armee nichts zu befürchten vom palästinensischen Widerstand, die weder über Armee, noch Waffen verfügen. Nicht die brennenden Davidstern-Flaggen sind zu bedauern, sondern das brennende, von die von der sogenannten „Werte“-gemeinschaft allein gelassene Bevölkerung Palästinas.

Palästina sollte endlich anstelle des von Beginn an angestrebten zionistischen Ziels eines „Groß-Israel“ unter Missachtung der einheimischen palästinensischen Bevölkerung zu einer freien Heimstätte für alle Ethnien und Religionen werden.

In der Tat sollten wir alle uns der gewaltlosen BDS-Kampagne anschließen bis der „Jüdische Staat“ das Völkerrecht und die Besetzung und Kolonialisierung Palästinas beendet und die Apartheidmauer abreißt, sowie die Grundrechte der palästinensischen Bürger Israels auf völlige Gleichheit anerkennt und die legalen Rechte der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat Palästina laut UN-Beschluss 194 anerkennt. Boykott, Desinvestionen und Sanktionen ist gerichtet gegen den Besatzerstaat Israel und hat gar nichts zu tun, mit „kauft nicht beim Juden“.

Nicht unsere Kampagne ist rassistisch, sondern es ist der „Jüdische Staat“ mit seinem Rassismus!

Advent, Advent, Palästina brennt.

Na dann, allerseits eine schöne Adventszeit.

2 Kommentare zu Advent, Advent Palästina brennt! von Evelyn Hecht-Galinski

  1. Trump hat doch nur öffentlich die Hosen runtergelassen. Es war niemals beabsichtigt Palästina anzuerkennen. All die Us-Präsidenten vor Trump haben doch nur gute Mine zum bösen Spiel betrieben, mit ihrer verlogenen Versöhnungspolitik.
    Und mal ganz ehrlich, Saudi Arabien und Israel sind wie Bruder und Schwester und die USA liefern Geld und Waffen dazu. Solange die Araber weiterhin gespalten sind, sich gegenseitig bekämpfen und sich von den USA instrumentalisieren lassen, wird sich im Nahen Osten nichts ändern. Die Kriege gegen die Arabische Welt, werden von der Arabischen Welt unterstützt. Wie kann es sein, dass das grösste Heiligtum der Muslime, die Kaaba, in einem Land steht, welches den grössten Verrat am eigenen Volk verübt, in dem es vor den USA zu „KREUZe“ kriecht!

  2. Leserbrief an das Forum der Südd.Ztg. 13.12.17

    Betrifft: In unserem Land Kommentar von Detlef Esslinger 13.12.17

    Kaum ist das Wort „Israel“ ausgesprochen, stehen schon die Antisemitenjäger auf der Matte. Auch jene deutschen Politiker, die durch Jahrzehnte lange Gleichgültigkeit und die merkelsche „Staatsraison“ zu der Perspektivlosigkeit, der Verzweiflung und dem Zorn des palästinensischen Volkes sowie der Demütigung seiner arabischen Nachbarn beigetragen haben. Nicht die Verbrennung der israelischen Flagge ist unanständig, sondern die bedingungslose Unterstützung der völkerrechtswidrigen Politik Israels. Dass Bundespräsident Steinmeier, Kanzlerin Merkel, ihre Gefolgsleute und die „Freunde Israels“ diese Handlung als Ausdruck von Antisemitismus deuten, liegt entweder an ihrer Ignoranz oder an ihrem Kuschen vor der Israellobby. Israelkritik ist nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen wie jeder vernünftige Mensch erklären könnte, der nicht Interessenpolitik betreibt. Der Antisemitismus-Aufschrei deutscher Politiker und Medien ist nichts als Heuchelei sowie der blinden Gefolgschaft der amerikanischen Geopolitik geschuldet.

    Dass Herr Esslinger den Minister Asselborn und Jakob Augstein als „gelegentliche Schwätzer“ bezeichnet, stimmt wohl eher für ihn selber, wie sein Kommentar beweist. Auch dass er sich um Frau Knobloch sorgt, die in München für die Einschränkung der Meinungsfreiheit zuständig ist, wenn es um israelkritische Veranstaltungen geht.
    Wer sich zum Sprachrohr der das humanitäre Völkerrecht mit Füssen tretenden Besatzungspolitik Israels macht, wie etwa der Zentralrat der Juden und leider auch die meisten jüdischen Kultusgemeinden, muss sich nicht wundern, wenn sie durch antisemitische Äusserungen verletzt werden.
    Herr Esslingers Verunglimpfung der BDS-Bewegung mit den üblichen Nazivergleichen zeigt, dass er gar nicht weiss von was er redet. Von Wilfried Belz stammt folgende Kurzdefinition: „Die BDS -Kampagne ist der Versuch der palästinensischen Zivilgesellschaft, Israel auf gewaltfreiem Weg dazu zu bringen, seine Politik gegenüber den Palästinensern an Völker-und Menschenrechten auszurichten“. Ferner ist seine Instrumentalisierung des Holocausts hier völlig fehl am Platze. Sie dient ihm nur dazu, von Israels verbrecherischer Politik abzulenken.
    Herrn Esslinger ist in Einem recht zu geben: Verschärfte Gesetze werden den von ihm so kritisierten sogenannten Antisemitismus nicht eindämmen. Wohl aber längst fällige Sanktionen von Seiten der sich selbst so titulierenden Wertegemeinschaft gegen einen Staat, der sich im Allmachtswahn über Recht und Gerechtigkeit stellt.

    Für die Verteidigung des humanitären Völkerrechts und
    In Solidarität mit dem dem geschundenen palästinensischen Volk.

    Wolfgang Behr 88634 Herdwangen-Schönach Tel.07552 409700

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