Der mit dem Stahlhelm spricht

Anlässlich des lesenswerten Noelle-Neumann-Buches von Prf. Jörg Becker

schrieb ich diesen Kommentar in der NRhZ.

Der Titel des Buches lautete: Demoskopin zwischen NS-Ideologie und Konservatismus – eine Biographie über Elisabeth Noelle-Neumann.

Zwei Monate nach seinem Erscheinen im Jahr 2013 war das Buch dann erledigt, wegen zahlreicher Gerichtsverfahren gegen Autor und Verlag. In der Wikipedia heisst es unter Kontroversen zu Elisabeth Noelle-Neumann heute immer noch:

Kritisch vorgehalten wurden Noelle-Neumann einige antisemitische Passagen aus ihrer Doktorarbeit von 1940. In den 1970er, 1980er und 1990er Jahren entwickelten sich wiederholt Kontroversen über ihr Wirken in der NS-Zeit. Wahlbeeinflussung gehörte ebenfalls zu den wiederholt lautwerdenden Vorwürfen an Noelle-Neumann. Sie wurde mehrfach als „Haus-Demoskopin“ der CDU bezeichnet. Sie stritt entsprechende Vorwürfe stets ab. wikipedia

Im Anhang finden Sie noch zwei lesenswerte Zeitungsartikel aus der amerikanischen Presse.


 

Michael Wolffsohn photo
Photo by boellstiftung

Eigentlich wollte ich über den emeritierten Bundeswehr-Professor, den „Stahlhelm-Juden und deutsch-jüdischen Patrioten“, Folter- und Transfer-Spezialisten, Michael Wolffsohn, nie wieder schreiben; über diesen Mann, den mein Vater schon vor Jahrzehnten als für „gefährlicher als die Skinheads“ hielt.

Wolffsohn hatte die Gelegenheit, am 24. Juni in der FAZ eine Rezension (1) über das mehr als lesenswerte Buch von Jörg Becker, erschienen im renommierten Paderborner Verlag Ferdinand Schöningh, über Elisabeth Noelle-Neumann zu schreiben, Titel: „Demoskopin zwischen NS-Ideologie und Konservatismus„.

Wolffsohn benutzt diese Gelegenheit für eine Generalabrechnung mit der Linken und einer „Generalbeschönigung“ rechter Kreise. Wie soll man es sonst verstehen, dass Wolffsohn dieses Noelle-Neumann-Buch als eine „infame Abrechnung mit Elisabeth Noelle-Neumann“ bezeichnet? Dieses Buch zeugt von einer akribischen Beschäftigung mit  den Aktivitäten von Elisabeth Noelle-Neumann in der NS-Zeit und auch denen ihres Ehemannes Erich Peter Neumann. Nachdem ich viele Rezensionen in diversen Zeitungen gelesen habe, war die für mich interessanteste die von Otto Köhler in der junge Welt vom 31. Mai 2013, Titel: „Die Volksbeschauerin“.

Ich hatte noch das Glück, eine Erstausgabe des Becker-Buches zu kaufen und nicht die zu erwartende Neuauflage, nach einem Gerichtsbeschluss mit Änderungen. Jörg Becker hat nach „Vorschlag des Gerichts“ einen Vergleich unterschrieben und damit zugestimmt, dass in kommenden Auflagen sieben Falschdarstellungen und die achte auf dem Umschlag genannt werden. Das kam zustande, weil der Großneffe von Noelle-Neumann, der in Zürich lebende Ralph Schmidt, die „schweren Argumentationsfehler“ und  die „mangelhafte Recherche“ von Jörg Becker vor Gericht geltend machen konnte. Er war sogar so „großherzig“, dass er für die noch auszuliefernden Exemplare, anstatt Schwärzungen, die für den Verlag extrem teuer wären, einen „Beipackzettel“ akzeptierte.

 

Ja, in der Tat, ich bin schon viel gewohnt in der BRD, wo man nach den Antisemiten zu den Philosemiten überging. Aber dass ein „deutsch-jüdischer“ Patriot eine Frau wie Noelle-Neumann mit dieser Vergangenheit nur aus Abneigung gegen alles vermeintlich Linke so reinwäscht, lässt mich erschaudern. Er benutzt Sätze, wie „Jörg Becker setzt Worte des NS-Diktatur-Kauderwelschs mit nationalsozialistischen Verbrechen gleich“, oder, „dass in Diktaturen andere Überlebensnotwendigkeiten herrschen“. Wolffsohn versucht „Verständnis“ zu wecken, für diese Frau, die ihre Studienorte, von Berlin, Königsberg, München, (der Stadt der Erhebung) bis Columbia/Missouri, durchaus gezielt wählte, um Karriere zu machen. Wolffsohn versucht, in eklatanter Art Noelle-Neumann und ihr Denken zu verniedlichen, „NS-Diktatur-Kauderwelsch“, anstatt „echte Gesinnung und Verbrechen und NS-Untaten“. Ein Entnazifizierungsgutachten, das Noelle-Neumann als unbelastet und nicht als entlastet einstuft, führte zu einem Gerichtsbeschluss gegen Becker und diese Behauptung, die richtig gestellt werden muss.

Eine Frau wie Noelle- Neumann, die schon so früh in die „Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen“ eintrat, sogar einen Posten bei Goebbels angeboten bekam (2) und Hitler nach einem Besuch  auf dem Berghof im Juni 1937 als einen „ganz genialen Mann mit starker Ausstrahlung und sogar freundlich empfand“, schaffte es ganz schnell, nach 1945 zur Beraterin des Kanzlers aufzusteigen. Sie, die mit ihrem Mann einem Netzwerk der „besonderen Art“ angehörte und schon sehr früh die Bedeutung des Lobbyismus erfasste, konnte also so „unbelastet“ in die junge BRD hinüber-„gleiten“. Sie  wurde als „Pythia vom Bodensee“ die „Wahlmacherin“ und Helferin gewisser Parteien, um diesen zum Wahlsieg zu verhelfen.

Diese Tatsache empfinde ich als besonders schockierend, da sie ein frühes Licht auf die „Entnazifizierungs-Scheine“ und deren Aussteller wirft. Konnten doch leider auch mit Hilfe der Alliierten die braunen Netzwerker dort weitermachen, wo sie unter den Nationalsozialisten ihr Werk begonnen hatten.

Sicher, das ist uns eigentlich alles hinlänglich bekannt, aber gerade in der heutigen Zeit, wo wieder versucht wird, alles Linke zu dämonisieren, und von Springer bis Wolffsohn Autoren wie Jörg Becker, als vermeintlich Linke verunglimpft werden, aber Autoren wie Kraushaar (3), der ein mehr als „krauses“ Buch über die Linke und ihren Antisemitismus, als „Sachbuch“ geschrieben hat, hoch gejubelt werden. Für mich zeigt sich hier wieder einmal die von Professor Joseph Massad (4) so gut aufgezeigte Zusammenarbeit von Faschisten und Zionisten, von Zionisten und bekehrten Antisemiten, also Philosemiten.

Ist das vielleicht auch ein Grund, dass der BND gewisse Dokumente über Eichmann nicht herausgeben will? Hat es vielleicht etwas zu tun mit seinem Palästinabesuch 1937 und nicht etwa mit seiner Argentinien-Zeit? In Argentinien gab es ein braunes Netzwerk wie im Tessin oder sonst wo, aber mir erscheint es auch mit dem Wissen der Zusammenarbeit von BND und Neo-Nazis immer wahrscheinlicher, dass es hier um ganz andere Dimensionen und Tatsachen geht, die verschleiert werden sollen.

War es nicht gerade auch die 68er Generation, die diese Verlogenheit der Elterngeneration nicht mehr ertragen konnte und wollte? Die diesen Mief unter den Talaren und in den Ministerien damals aufdeckte?

Ist es nicht das erschreckende Phänomen heute, dass mit aller Gewalt versucht wird – siehe Israel -, alles Philosemitische gut zu finden? Denn jüdische Israelis begehen keine Menschenrechtsverbrechen, besetzen und rauben kein Land und dürfen alles, natürlich immer nur für ihre Sicherheit und um einen neuen Holocaust zu verhindern. Ganz besonders theologische Philosemiten betrachten sie dann noch als „auserwählt“.

Laut Spiegel online vom  30.6. (5) überwacht also – dieser Theorie zufolge – die NSA über 500 Millionen Verbindungen in Deutschland, also jeden Monat rund eine halbe Milliarde Telefonate (wenn das annähernd reicht!). Die umfangreichen Daten von Edward Snowden zeigen, dass die „Lauscher“ an guten Tagen bis zu 20 Millionen Telefonverbindungen und ca.10 Millionen Internetdatensätze in Deutschland einsahen. Allein am Heiligabend 2012 speicherten die Amerikaner etwa 13 Millionen Telefonverbindungen. Im Spiegel konnten wir weiter lesen, dass die amerikanischen Freunde uns zwar als Partner, allerdings als „Partner dritter Klasse“, aber zugleich als Angriffsziel betrachten und sich besonders für unsere Knotenpunkte in Süd- und Westdeutschland interessieren. Frankfurt nimmt im weltumspannenden Netz eine wichtige Rolle ein, die Stadt wird als Basis in Deutschland aufgeführt.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, wie stufen uns eigentlich die israelische „Wertegemeinschaft und Staaträson-Freunde“ ein? Hier sind die regierenden Politiker gefragt, für Aufklärung zu sorgen – und das gerade jetzt und schnell noch vor den Wahlen.

Zum Schluss noch ein trauriges Kapitel: Der Drohnenkönig, der Oberbomber und -Scanner auf Staatsbesuch in Süd- und Schwarzafrika. Obama schämte sich nicht, Nelson Mandela als seine „persönliche Inspiration“ und als „Leuchtfeuer für die Welt“ zu bezeichnen. Er bezeichnete den Anti-Apartheid-Kämpfer als Vorbild. Was für ein Hohn! Obama, der vor dem Apartheid-Staat Israel buckelt und „oberster Wärter“ über „seinem“ Gefangenenlager Guantanamo ist, besucht die Gefangenen-Insel Robben Island, wo Nelson Mandela 27 Jahre in Gefangenschaft saß! Netterweise ersparte er Mandela und der Welt die Peinlichkeit eines Besuches des Todkranken im Medi-Clinic-Heart-Hospital. Nelson Mandela war eine der wenigen Persönlichkeiten, die den Friedensnobelpreis zu Recht bekamen, ganz im Gegensatz zu Obama! Obama hat nur eine Verbindung mit Mandela, nämlich die Hautfarbe, sonst nichts!

Obama will auch noch eine politische Grundsatzrede an den Kontinent halten. Was will dieser Mann, der sich mehr als alle seine Vorgänger als Demokrat und Heilsbringer darstellt, aber in Wirklichkeit Kriege, Drohnenangriffe, Mord und Staatsterror über die Welt verteilt, eigentlich noch erzählen und erreichen? Alles im Namen von Terrorbekämpfung im Namen der Demokratie!

Ach ja, auch Kerry ist wieder in Sachen Frieden unterwegs und versucht verzweifelt, sich und der Welt ein Bild vom Frieden für Israel und die Palästinenser darzustellen, ein hoffnungsloses Unterfangen, dass schon wie so oft zuvor im Wüstensand der israelischen Siedlungs und Besatzungspolitik verweht ist.

Keine israelischen Kompromisse, also keine geforderte Freilassung von palästinensischen Gefangenen, Verhandlungsbasis, die Grenzen von 1967. Also immer wieder die Verhandlungen ohne Vorbedingungen, wie sie sich der „jüdische Staat“ vorstellt, als Bedingung.

Von Gipfel zu Gipfel, während die Jerusalemer Stadtverwaltung gerade einen neuen Siedlungsbau von 930 Wohnungen in der Siedlung Har Homa bei Bethlehem genehmigt. Ein neuer Affront an die Adresse der Palästinenser, da dieser Ausbau von „Har Homar C“ die territoriale Verbindung zwischen Ost-Jerusalem und Bethlehem unterbricht. Ganz im Sinne der zionistischen Expansions-Politik des „jüdischen Staates“. Ebenso wie die Vertreibung (Umsiedlung) der mehr als 40.000 Beduinen im Land.

 

 

 


Jörg Becker: „Elisabeth Noelle-Neumann. Demoskopin zwischen NS-Ideologie und Konservatismus“. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2013. 369 S., 34,90 €.
aus der NRhZ

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