Der Tod jeder Demokratie Von Evelyn Hecht-Galinski

Kommentar vom Hochblauen

Der Tod jeder Demokratie

Von Evelyn Hecht-Galinski

 

Erneut durften wir eine an Verlogenheit und Scheinheiligkeit nicht zu überbietende Gedenkstunde, diesmal im Deutschen Bundestag, erleben. Da wurde dem französischen Staatspräsidenten die Ehre erwiesen, dort eine Rede zu halten. Bei seiner Forderung, dass Europa die Welt auf einen „friedlichen Kurs bringen“ müsse, konnte ich mir ein bitteres Lachen nicht verkneifen. Was ist mit den vielen Auslandseinsätzen der französischen Armee, was ist mit der Niederknüppelung friedlicher Demonstranten am selben Sonntag? Mit dem Aufstand der „gelben Westen“, die auf Autobahnen spazierten und Sitzblockaden auf wichtigen Zufahrtsstraßen errichteten, demonstrierten sie gegen die Regierung Macron und ihre Zumutungen an das Volk. Was ihnen als „Öko-Politik“ verkauft wird, dient doch vor allen Dingen der Finanzierung von Kriegen, getarnt als friedliche „Friedens“einsätze. So konnte sich der „Sonnenkönig im Westentaschenformat“ sichtlich gerührt zeigen und sich am deutschen Applaus erfreuen.

 

Macron: „Über Gräber vorwärts“

 

Was Staatspräsident Macron da als Zukunftsvision darlegte, war mehr als zwiespältig, und als er auch noch Goethe zitierte, „über Gräber vorwärts“, lief mir ein Schauder über den Rücken. Rücksichtslos beutet Europa die armen Länder für Rohstoffe und wirtschaftliche Interessen aus. Ein Vorbild?

 

Nehmen wir doch einmal die Zusammenarbeit gerade von Deutschland mit dem „Jüdischen Staat“. Aus dem „nie wieder“, wurde ein „immer schlimmer“. Deutschland unterstützt einen Vernichtungskrieg, den der „Jüdische Staat“ gegen die Palästinenser führt. Aus der „Endlösung der Judenfrage“ wurde die „Endlösung der Judaisierung“. Was sich in Gaza abspielt, interessiert die Gro/Ko unter Merkel und Maas nicht.

 

Warum gibt es ein immer stärkeres Interesse daran, die BDS-Kampagne zu delegitimieren und deren Unterstützer als Antisemiten zu verunglimpfen? Wieso wird der „Jüdische Staat“ trotz jahrzehntelanger brutaler Besatzung als demokratischer Partner gesehen und unterstützt, während man die gewaltlose BDS-Bewegung mit falschen Anschuldigungen fertig machen will? Warum betreibt Deutschland als demokratisches Land nicht endlich die Wertepolitik, die man sich sonst so vollmundig auf die Fahnen schreibt?

 

Mit BDS auf den Pfaden der Demokratie

 

Wir, die BDS unterstützen und Freiheit für Palästina fordern, bewegen uns im Gegensatz zu den „staatlichen Demokraten“ auf den Pfaden der Demokratie. Schließlich fordern wir doch nur, dass der „Jüdische Staat“ das Völkerrecht respektiert, die illegale Besetzung ALLEN palästinensischen Landes beendet und die Apartheidmauer, wie vom Internationalen Gerichtshof vor Jahren schon gefordert, abreißt. Ebenso muss Israel das Grundrecht all seiner palästinensischen Bürger auf völlige Gleichheit anerkennen und endlich das legale Rückkehrrecht aller palästinensischen Flüchtlinge anerkennen und ihnen gestatten, zu ihrem Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194 vereinbart wurde. Das sind die Grundrechte, ohne die das palästinensische Volk sein unveräußerliches Recht auf Selbstbestimmung nicht ausüben kann. Es geht nur um die demokratische Forderung nach Verwirklichung und Umsetzung des Völkerrechts.

 

Die Zeit des temporären Militärregimes ist abgelaufen und sollte endlich, wenn nicht anders möglich, durch Boykottmaßnahmen durchgesetzt werden. Also packen wir es an. In Zeiten von Völkermorden, Rüstungslieferungen und Scheinheiligkeit ist Mut und Geradlinigkeit immer wichtiger.

 

Während der „Jüdische Staat“ skrupellos unschuldige Menschen ermordet und das auch noch infamer Weise als „Selbstverteidigung“ deklariert, schämt sich die deutsche Regierung nicht, die Verbindungen zu diesem Staat immer enger werden zu lassen. Fast täglich gibt es neue politische Freundschaftsbekundungen gegenüber den jüdischen Besatzern. Jugendaustausch, Start Up, Vorbild-Musterstaat. Gerade auch die Rechtsextremen sind eingebunden in diese Politik und versuchen Israel mit aller Gewalt zu schmeicheln, wie momentan die österreichische Außenministerin Kneissl, die der FPÖ nahe steht. Allerdings erleben wir dieses schreckliche Phänomen auch bei der Linken. Wenn es um die Palästinenser geht, vergessen sie alle ihre Menschlichkeit, und das ist erschreckend.

 

Weiter kämpfen auf Seiten des Rechts!

 

Solange nicht alle Waffenlieferungen und Assoziierungsverträge mit dem Netanjahu-Regime gestoppt werden, und die „Sicherheitszusammenarbeit“ beendet wird, müssen wir weiter kämpfen, denn wir sind auf Seiten des Rechts!

 

Lassen wir uns nicht in den Schmutz ziehen, der gegen uns geworfen wird, denn nicht wir haben den Schmutz erzeugt, sondern es ist die schmutzige und gewissenlose Politik.

 

Was werden Neuwahlen in Israel bringen und sollten sie trotz Netanjahus Ablehnung stattfinden? Da es keine Opposition gibt, die diesen Begriff verdient, wird das letzte bisschen an Demokratie-Gefüge noch mehr eingeschränkt werden. Ebenso werden Freiheit und Menschenrechte, und der letzte Rest an Meinungsfreiheit immer mehr auf der Strecke bleiben und der Kampf gegen „Infiltranten“ noch stärker werden. Kritik an den „moralischsten“ aller Verteidigungssoldaten wird zum Hochverrat, und Nichtregierungsorganisationen werden immer mehr geächtet werden. Immer neue Apartheidgesetze – nach dem Nationalgesetz und dem Todesstrafengesetz für Palästinenser – werden beschlossen, ebenso die Kneblung nicht genehmer Künstler.

 

Den Palästinensern werden immer weiter ihr Land und Eigentum genommen, ganz zu schweigen von letzten Rechten, alles soll sie dazu bewegen, das Land freiwillig zu verlassen, als Vorstufe vom immer schon geplanten so genannten Transfer. Wie also können Wahlen in Israel demokratisch sein, wo das Land längst keine echte Demokratie mehr ist?

 

Die Beihilfe zur Endlösung der Palästinafrage beenden!

 

Gaza wird demnächst noch brutaler angegriffen werden. Solange die Staatengemeinschaft diese ständigen Verbrechen zulässt und sich nicht in „interne“ Angelegenheiten einmischen will, solange wird dieser Prozess zur Endlösung der Palästinafrage führen. Kein Politiker und keine Regierung können sich freisprechen von ihrer Beihilfe zur ethnischen Säuberung, wenn sie nicht endlich dagegen opponieren und Konsequenzen ziehen.

 

Genug des scheinheiligen Gedenkens über den Gräbern, denn zur gleichen Zeit werden täglich von denselben Scheinheiligen neue Tote erzeugt – die meisten wie gehabt Zivilisten.

 

So viele Bundeswehreinsätze und als „Anti-Terror“-Einsätze getarnte Kriegshandlungen gab es noch nie, wie momentan. Die Bundeswehr hat sich nur 73 Jahre nach Kriegsende von allen Skrupeln befreit und führt schon wieder Nato-Einsätze durch, die alles andere als demokratisch und „Frieden sichernd“ sind. Nicht „der Russe“ steht vor der Tür und gefährdet unsere Sicherheit, sondern es sind unsere angeblichen Sicherheitsexperten und Politiker in der Hand der Millionen scheffelnden Rüstungsindustrie, die uns gefährden. Vergessen wir nicht die US-Atombomben auf deutschem Boden, die unser Todesurteil bedeuten!

 

Nicht die vielen Muslime und türkischen Bürger in Deutschland sind eine Terrorgefahr, sondern es sind die vielen rechten und rechtsradikalen „Biodeutschen“.

 

Zionismus: schreckliches koloniales Unterdrückungsinstrument

 

Ich kann es nur immer wiederholen: Wir brauchen keinen Antisemitismusbeauftragten, sondern einen Rassismusbeauftragten, der uns vor den rassistischen Menschenfeinden beschützt, aber auch vor den Philosemiten, die uns den Mund und die Meinungsfreiheit verbieten wollen, wenn um Israel-Kritik geht. Nochmals: Antisemitismus und Antizionismus sind zwei verschiedene Paar Stiefel und es ist völlig falsch, beide Begriffe synonym zu verwenden. Antizionismus hat rein nichts mit Judenfeindlichkeit zu tun, sondern ist gegen die Ideologie des politischen nationalistischen und rassistischen Zionismus und die Taten des zionistischen Staates, und ein wichtiges Instrument, um den Zionismus als das zu entlarven was er ist, ein schreckliches koloniales Unterdrückungsinstrument der judaistischen Staatsräson über ganz Palästina.

 

Wann werden endlich aufrechte israelische Journalisten regelmäßige Kolumnen in deutschen Medien bekommen, wie es für türkische Journalisten gehandhabt wird? Warum werden jüdische und israelische Dissidenten und Regierungsgegner in Deutschland geächtet, während türkische und russische mit Preisen, Einladungen und Ehrungen überhäuft werden? Diese unerträglichen Doppelstandards sind der Tod jeder Demokratie.

 

 

In der Neuen Rheinischen Zeitung (NRhZ) veröffentlicht in Ausgabe 683 vom 21.11.2018 unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25398

 

 

Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom „Hochblauen“, dem 1165 m hohen „Hausberg“ im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (https://www.sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch „Das elfte Gebot: Israel darf alles“ heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten „Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik“ ausgezeichnet.

2 Kommentare zu Der Tod jeder Demokratie Von Evelyn Hecht-Galinski

  1. Ja Frau Hecht-Galinski, Sie sprechen die Wahrheit aus. Sie können sich dies erlauben. Als Nichtjude bei diesen Äußerungen würde man sofort in die rechte Ecke gestellt, Als Nazi diffamiert oder als Ewiggestriger bezeichnet werden. Die Fakten sind so wie sie sind. Man kann sie entweder negieren, nicht beachten oder verzerrt wieder geben um von den zionisitschen Verbrechen in Nahost abzulenken. All dies wird der Sache nicht gerecht. Das Verhalten der Zionisten erinnert fatal an Verhaltensweisen von Zeitgenossen zu Zeiten an die wir uns nicht allzu gerne erinnern. Da gibt es nichts zu relativieren, dass ist menschenunwürdig.

  2. Liebe Frau Hecht-Galinski.
    Die vom Le Monde-Chefredaktor Ayad beschriebene „Israelisierung der Welt“ schreitet wuchtig voran. Die heutigen Verlautbarungen von Trump und Romeo
    zum Mord an Chashoggi, in denen geostrategische Interessen ganz offen und ungeniert über das universale Menschenrecht gestellt wurden, zeigen die sich steigernde moralisch-ethische Verkommenheit der „Westlichen Wertegemeinschaft“. Ich habe zwei „Ansagen“ von Hitler und Netanjahu entdeckt, passend zum Thema, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:
    Adolf Hitler im April 1923:
    „Stets hat vor Gott und der Welt der Stärkere das Recht, seinen Willen durchzusetzen. Die Geschichte beweist: Wer nicht die Kraft hat, dem nutzt „das Recht an sich“ gar nichts. Die ganze Natur ist ein gewaltiges Ringen zwischen Kraft und Schwäche, ein ewiger Sieg des Starken über den Schwachen.“

    Benjamin Netanjahu im August 2018:
    „Es ist eine schlichte Wahrheit der Geschichte, dass es in ihr keinen Platz für die Schwachen gibt. Die Schwachen werden zerbröckeln, werden niedergemacht und aus der Geschichte gelöscht, während die Starken überleben und respektiert werden.“

    Wenn nun, wie beim 5. Deutschen Israelkongress in Frankfurt/Main am kommenden 25.Nov. “Israel – Nation of Nations” die anwesende Politprominenz sowie Vertreter der jüdischen Gemeinschaft Israel feiern werden, steht ihnen wohl als Pate die Bewunderung des Rechts des Stärkeren zur Seite.

    W.Behr

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