Eine „spezielle“ Sicht auf das Pessach-Fest Von Evelyn Hecht-Galinski

Zur Erinnerung. Diesen Kommentar schrieb ich 2015 zum Pessachfest. Heute am 27. März 2021 beginnt das Pessachfest im diesen Jahr. Was hat sich geändert? Nichts zum Guten! So halte ich diesen Kommentar für so aktuell, wie im Jahr 2015. Lassen sie mich trotzdem allen jüdischen Freunden ein nachdenkliches Pessachfest wünschen . „Nicht das jüdische Haus muss von Brotresten befreit werden, sondern die Palästinenser  und Palästina  von der Unterdrückung durch ein Apartheidregime. So wünsche ich in Anlehnung an gute, alte Tradition: Nächstes Jahr in einem freien Palästina, in einem ungeteilten Jerusalem und einem freien Staat für alle seine Bürger, Ethnien und Religionen.

From the River to the Sea Palestine has to be Free

 

 

Kommentar vom Hochblauen

01.04.2015


Eine „spezielle“ Sicht auf das Pessach-Fest 2015!


Von Evelyn Hecht-Galinski

Nicht das „jüdische Haus“ muss von Brotresten befreit werden, sondern die Palästinenser von der Besatzung! Aus diesem Grund habe ich die Geschichte des Pessach Festes, passend zum heutigen Palästina unter „jüdischer Besatzung“ etwas „umgeschrieben“!


Bild zum Pessach-Fest

Quelle: http://www.judentum-projekt.de

Wenn am 4. April das jüdische Pessach Fest beginnt, dann werden vorher traditionsgemäß bei gläubigen Juden das Haus, Küche und die Schränke nach Brotresten durch- sucht und gereinigt werden. Die Reste werden anschließend verbrannt. Auch alle Küchenutensilien werden von allen Brot (Chamez) Resten befreit. (1)

Aus diesem Anlass möchte ich dieses Pessach/jüdische „Osterfest“ allen Palästinensern widmen, die immer noch in Unfreiheit, als auch unter Besatzung leben müssen und auf eine Rückgabe ihres gestohlenen Eigentums so wie die Diaspora-Palästinenser auf eine legitime Rückkehr in ihr Heimatland warten.
Passt doch schließlich der Sinn dieses Festes genau auf den heutigen traurigen Zustand, in dem das palästinensische Volk auf seine Befreiung hofft und dafür kämpft.Kurz gefasst hier die Hintergründe der Seder-Abende, die dieses Jahr am 3. und 4. April gefeiert werden. Ich habe dazu nur jüdisch in palästinensisch „umfunktioniert“, so wie ich mir die Gestaltung aktuell denke!
Die Juden erinnern an den Auszug aus Ägypten, der wahrscheinlich nie stattgefunden hat, und beten für das Kommen des Messias, ganz im Geist der Vorväter, der  genauso auf diesen Mythen beruht, auf welche sich der Ministerpräsident des „Jüdischen Staates“ Netanjahu immer beruft, wenn er die von keiner historischen Forschung bestätigte Behauptung aufstellt, dass „Juden“ seit 4.000 Jahren in Israel lebten, um damit den Anspruch für ewig für das „jüdische Volk“  (Schlomo Sand: „es gibt kein jüdisches Volk“) einzufordern und damit nationalreligiöse, rassistische Apartheidpolitik und Besatzung/Besiedlung zu betreiben!

Das schreit in meinen Augen förmlich nach einer „Umschreibung“ in „unsere heutigen Tage“, wo sich die Geschehnisse völlig umgekehrt haben, in der jüdischen Geschichte im „Jüdischen Staat“!

Schrieb ich doch schon einmal zu diesem Thema im August 2013 einen Kommentar, allerdings mit Bezug auf den Umgang im „Jüdischen Staat“ mit Flüchtlingen und Asylsuchendenden. So möchte ich das Thema diesmal nochmals, aber eben wieder ganz anders betrachten (2)

1. Mit „meinen“ Festlichkeiten soll der Leidensgeschichte des palästinensischen Volkes gedacht werden.
2. Drei Mazzot, ungesäuertes Brot, als Symbol der Eile, in der Juden/Palästineser flohen! Die Mazzot, die aber auch für das Brot der Armen stehen, ich denke da speziell natürlich an die Abgeriegelten und Flüchtenden im Gaza Ghetto!
3. Bitterkraut (Maror), heute meistens Meerrettich in Erinnerung daran, wie die „ethnischen Säuberer Palästinas, die jüdischen Besatzer“, das Leiden der palästinensischen Besetzten verbitterten. Manchmal werden auch noch Erdfrüchte (Karpas) dazu genommen, dazu schlage ich dann als ein Symbol der Besatzung die „Stacheldraht“ Gemüse und Erdfrüchte aus den jüdischen Siedlungen, des illegal besetzten Westjordanlandes vor, die schmecken genauso bitter wie die Besatzung! (3)
4. Ein Gefäß mit Salzwasser, das an die vergossenen Tränen wegen der Zerstörung des palästinensischen Eigentums erinnern soll.
5. Charosset, ein Mus, aus geraspelten Äpfeln, Mandeln, Zitrone, Zucker und Zimt, soll an den Lehm/Mörtel erinnern, aus dem die Häuser der Vertriebenen Palästinenser bestanden!
6. Seroa, ein gebratener Hühner-, oder Lammknochen, oder ein Stück Schulter bzw. Beinfleisch vom Lamm oder Kalb zur Erinnerung an das Pessach-Opfer-Lamm/Nakba-Opfer!
7. Beitzah, hartgekochte Eier, auch symbolisch als Erinnerung an die Fruchtbarkeit und ein Zeichen der Trauer wegen der Zerstörung der Moscheen, werden in das Salzwasser (Tränen) eingetaucht.
8. Vier Gläser Wein (Fruchtsaft), die man zur linken Seite angelehnt trinkt, wie die Könige sie getrunken haben, um zu betonen, dass man frei ist, da sich in alten Zeiten nur freie Menschen während des Essens zurücklehnen durften. Wann werden sich, symbolisch gesprochen, alle Palästinenser zurückgelehnt am Essen und Trinken erfreuen können?

Am Beginn des Sederabends fragt der jüngste Teilnehmer, das jüngste Kind traditionell nach der Bedeutung verschiedener Aspekte des Rituals.
Hier mein persönlicher Vorschlag für das fragende Kind, für diese Fragestunde.


Wie die Besatzer mit den Palästinensern in Gaza umgehen.
NRhZ-Archiv

1. Frage: Warum werden wir im eigenen Land von jüdischen Besatzern völkerrechtswidrig und illegal besetzt und besiedelt?
2. Frage: Warum werden wir im eigenen Land mit 8 Meter hohen Mauern, die sich durch unser Land ziehen, von unseren Familien und Besitz getrennt und ferngehalten?
3. Frage: Warum wollen die jüdischen Besatzer immer mehr von unserem Eigentum und Land, wo sie uns doch schon über 80% gestohlen haben?
4.: Warum sitzen so viele meiner palästinensischen Brüder und Schwestern in jüdischer Willkürhaft, ohne Anklage und Gerichtsbeschluss?
5.: Warum werden so viele meiner Altersgenossen/innen verhaftet, gefoltert, oder nachts aus ihren Betten gerissen von der „Jüdischen Verteidigungsarmee“, gegen alle Kinderrechtskonventionen?
6: Warum lässt man uns nicht frei in unseren heiligen Städten beten, sondern nur nach Gutdünken der jüdischen Besatzungsmacht? Warum werden wir immer noch stärker abgeriegelt, wenn die jüdischen Besatzer ihre Feiertage begehen?
7: Warum schweigt die Weltgemeinschaft zu diesem Unrecht und lässt es geschehen?
8: Warum werden wir als Terroristen bezeichnet, wenn wir doch nur Widerstand gegen die widerrechtliche Besatzung leisten, während der „Jüdische Staat“ aber immer unterstützt wird, wenn er Staatsterrorismus als „jüdische Selbstverteidigung“ darstellt?
9: Warum sprechen so viele  westliche Politiker von Obama bis Gauck immer von Freiheit und Menschenwürde, ignorieren dabei aber unser palästinensisches Streben nach Freiheit und Menschenrechten im eigenen illegal besetzten Land?

Allerdings erscheint mir das Ende des Sederabend der wichtigste Aspekt, denn am Schluss des Abends wünschen sich alle Teilnehmer:“ Nächstes Jahr in Jerusalem“!
Ja, dazu möchte ich mir nur wünschen, nächstes Jahr in einem ungeteilten Jerusalem, ohne Besatzung und Annektion, in einem freien, säkularen Palästina für alle seine Bürger, Ethnien und Religionen zu sein.P.S. Zweimal im Jahr wird „Gottes-Postkasten“ geleert, werden die Zettel aus der Klagemauer entfernt. Dies geschieht zu Rosh-Haschanah, dem jüdischen Neujahrsfest und zu Pessach, dem jüdischen Osterfest.  (4)
Dann werden alles Zettel mit den Wünschen beerdigt, wie der angebliche „Nahost-Friedensprozess“!
Zu gern würde ich vor der Bestattung, die Zettel lesen und veröffenlichen, auf denen Netanjahu so Medienwirksam den Zettel mit seinen Wünschen, vor und nach der Wahl in  die Klagemauer steckte! (5)

(PK)
(5)
http://www.fr-online.de/politik/wahl-in-israel-der-sieger-wirbt-um-ultrarechte,1472596,30159742.html 

Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom „Hochblauen“, dem 1165 m hohen „Hausberg“ im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt: www.sicht-vom-hochblauen.de.
2012 kam ihr Buch „Das elfte Gebot: Israel darf alles“ heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro.
Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten „Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik“ ausgezeichnet.

Online-Flyer Nr. 504  vom 01.04.2015

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