Ganser, Netrebko, Waters: Säubert die Bühnen! Ein Artikel von: Tobias Riegel  

 

Eine Schande, was sich mittlerweile dank einer Zensurbehörde in Deutschland abspielt. Evelyn Hecht-Galinski
 
Ganser, Netrebko, Waters: Säubert die Bühnen!
 
Ein Artikel von: Tobias Riegel
 
 

Mit großer Doppelmoral sollen Auftritte von „umstrittenen“ Künstlern verhindert werden – teils mit offen politischer oder gar rassistischer Argumentation. Diese Versuche der Zensur sind auch deswegen so erfolgreich, weil viele Veranstalter schnell einknicken. Darum ist die aktuelle Reaktion eines Festivals, das die Versuche der politischen Einmischung auch endlich mal zurückweist, sehr erfreulich. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Einmal mehr soll zwei „problematischen“ Künstlern die Bühne verwehrt werden. Wie etwa der Deutschlandfunk (DLF) berichtet, gibt es Widerstand von städtischer Seite gegen den Auftritt der russischen Opernsängerin Anna Netrebko bei den „Maifestspielen“ in Wiesbaden. Und: Der Rockmusiker Roger Waters (Pink Floyd) plant, in einer städtischen Halle in Frankfurt/Main zu spielen. Die Frankfurter Stadtpolitik will das verhindern, wegen der Unterstützung von Waters für die israelkritische Boykottbewegung BDS und (mutmaßlich vor allem) wegen seinen, laut DLF, „fragwürdigen Positionen“ zum Ukrainekrieg. Weitere Infos zu den beiden Fällen hier. Diese beiden Vorgänge stehen in einer Reihe mit anderen – etwa mit den aktuellen Versuchen, Auftritte von Daniele Ganser zu verhindern, und sie stehen für eine sehr bedenkliche Entwicklung.

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber…

Die Doppelmoral ist offensichtlich: Wann wurden je US-Künstler oder -Sportler in Deutschland derart moralisch festgenagelt, wie dies nun mit Netrebko geschieht? Hier soll aber nicht gefordert werden, dass nun US-Künstler für die US-Kriege büßen sollen oder erst wieder hier auftreten dürfen, wenn sie sich öffentlich gegen ihre Regierungen und die „eigenen Truppen“ gestellt haben. Mir ist kein vergleichbarer Fall bekannt, wenn doch, wäre ich für einen Hinweis dankbar. Zu beobachten ist eher das Gegenteil – nämlich, dass sogar direkt verantwortliche US-Politiker und mutmaßliche US-Kriegsverbrecher von Teilen der deutschen Kulturlandschaft gefeiert werden wie Rockstars, etwa Hillary Clinton bei der Berlinale 2020.

Ich könnte ja auch mal ein Verbot eines Waters-Konzertes fordern – weil Waters beim Thema Corona nach meinem Empfinden fragwürdige Positionen vertritt – aber persönliches Empfinden ist bei der Frage, ob eine Meinung geäußert werden darf, irrelevant. Darum ist es auch sehr fragwürdig, wenn Bijan Kaffenberger (SPD) laut DLF zu Netrebko und Waters sagt: „Grundsätzlich ist die Kunst frei – und das ist auch, glaube ich, wichtig. Man muss persönlich abwägen, an welcher Stelle man die Kunst beschränkt.“ Nein: Hier geht es nicht um ein persönliches Abwägen der aktuell politisch Verantwortlichen, sondern um das Prinzip der Kunstfreiheit, dass generell verteidigt werden muss, solange dadurch keine geltenden Gesetze verletzt werden. Dieses Prinzip wird zerstört, wenn es selektiv nur auf eine Seite von politischen Konflikten angelegt wird.

An anderer Stelle kann die politische Positionierung und die Sprache auf großen Bühnen und in großen Medien momentan gar nicht hart genug sein, wie wir im Artikel Die Hasssprache im Mainstream: Menschen sind „Ratten“, „Dünger“, „Schweine“ beschrieben haben. Es ist eine zunehmende Verrohung bei vielen Politikern und Journalisten (und auch bei manchen Künstlern) festzustellen – bei gleichzeitiger Überempfindlichkeit gegenüber „abweichenden“ Meinungen. Aber auch diese harten Äußerungen sollen meiner Meinung nach nicht zensiert werden, solange sie keine strafrechtlichen Kriterien verletzen: Ich kritisiere auf den NachDenkSeiten viele Meinungsäußerungen – aber ich würde niemals verhindern wollen, dass diese Meinungen überhaupt veröffentlicht werden können.

Bei den Versuchen, Roger Waters die Bühne zu verwehren, wird vor allem mit dessen angeblichem „Antisemitismus“ argumentiert – mutmaßlich soll aber aktuell vor allem seine scharfe Kritik an den NATO-Positionen im Ukrainekrieg unterdrückt werden. Viele der jetzt wegen des Waters-Konzertes alarmierten Antisemitismusbesorgten haben außerdem offenbar kein Problem, wenn offen faschistische Bataillone der Ukraine seit 2014 den Donbas angreifen. Oder wenn der ehemalige ukrainische Botschafter sich wiederholt auf den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera berufen hatte. Oder wenn in der Tagesschau ein ukrainischer Soldatensarg mit dem faschistischen Symbol „Wolfsangel“ gezeigt wird (Foto mittlerweile ausgetauscht). Weiterlesen in den nachdenkseiten. de

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