Kampf gegen Russland auf Kosten Europas … und auch gegen Europa? (Teil 1) Von Alexander Männer

Kampf gegen Russland auf Kosten Europas … und auch gegen Europa? (Teil 1)

Nach mehr als einem halben Jahr steht fest, dass die antirussischen Sanktionen enorme Probleme für die EU und für Deutschland mit sich bringen. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob die USA als treibende Kraft hinter den Sanktionen diese auch gegen die Europäer richten wollen.

Kampf gegen Russland auf Kosten Europas … und auch gegen

Europa? (Teil 1)

Von Alexander Männer

Nach mehr als einem halben Jahr steht fest, dass die antirussischen Sanktionen enorme Probleme für die EU und für Deutschland mit sich bringen. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob die USA als treibende Kraft hinter den Sanktionen diese auch gegen die Europäer richten wollen.
Kampf gegen Russland auf Kosten Europas … und auch gegen Europa? (Teil 1)Quelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de

 

Der vom kollektiven Westen unter Führung der USA aufgrund des russischen Einmarsches in die Ukraine begonnene Sanktionskrieg gegen Russland geht munter weiter. Die Europäische Union hat inzwischen das achte Sanktionspaket verabschiedet, und bald soll ein weiteres vorbereitet werden. Die Strategie Washingtons und seiner Partner besteht darin, die russische Wirtschaft durch Beschränkungen zu isolieren und in den Ruin zu treiben.

Dies scheint allerdings auch nach mehr als einem halben Jahr nicht aufzugehen. Im Gegenteil: Die Sanktionen bringen enorme Probleme – wie den Anstieg der Energiepreise und der Inflation infolge der reduzierten Gaseinfuhren aus Russland – für diejenigen, die sie erlassen haben. Vor allem Deutschland und die anderen EU-Mitglieder haben sich deswegen bislang selbst wirtschaftlich enorm geschadet.

Dass die Sanktionen ein zweischneidiges Schwert sind, haben die Europäer allerdings sehr schnell erkannt und sofort alles darangesetzt, die wirtschaftliche Stabilität der EU zu stärken. Trotzdem verzeichnen die meisten europäischen Volkswirtschaften einen Negativrekord nach dem anderen und steuern geradewegs auf eine wirtschaftliche Katastrophe zu, während die russische Wirtschaft relativ stabil bleibt.

Hervorzuheben ist die schwierige Lage in Deutschland, von dem die wirtschaftliche Entwicklung in der EU abhängt, weil gerade die Deutschen die Hauptlast der Ausgaben innerhalb der Staatengemeinschaft tragen. Wegen der Energiekrise und der damit verbundenen ökonomischen Schwierigkeiten in der Bundesrepublik sowie in anderen EU-Ländern droht Europa der Verlust von Produktionsstandorten und damit ein schmerzhafter Prozess der Deindustrialisierung. Die Folgen davon wären eine dramatische Verschlechterung des Lebensstandards der Bevölkerung und höchst instabile soziale Verhältnisse, die einen enormen innenpolitischen Druck auf die jeweiligen europäischen Regierungen erzeugen würden.

Angesichts dessen stellt sich die Frage: Richten die USA, die eindeutig die treibende Kraft hinter der antirussischen Sanktionspolitik des kollektiven Westens sind, ihren Kampf gegen Russland womöglich auch gegen die Europäer selbst?

Viele Beobachter hatten den möglichen Effekt der Russland-Sanktionen bereits vor ihrer Einführung erkannt. Inzwischen werden immer mehr Stimmen laut, dass die aktuelle Tendenz nicht nur zu erwarten war, sondern dass die aktuelle Entwicklung in Deutschland und anderen Ländern von der Führung in Washington von Anfang an sogar mit eingeplant gewesen sei. Demnach nutzten die USA den „Kampf gegen Russland“ dazu, die Wirtschaftskraft Deutschlands und damit auch Europas erheblich zu schwächen.

Dem kann man durchaus beipflichten und sagen, dass die US-Amerikaner einen Wirtschaftskrieg gegen die EU respektive Deutschland führen, um einen Konkurrenten auf der globalen Bühne auszuschalten und daraus ökonomische Vorteile zu ziehen.

Ressourcenfluss von Europa in die USA

Auch Michail Chasin, einer der bekanntesten russischen Finanzexperten, ist der Ansicht, dass die Vereinigten Staaten vor einer schwerwiegenden Krise stehen und darum die eigene Wirtschaft auf die kommenden Herausforderungen vorbereiten wollen.

Chasin geht davon aus, dass die US-Wirtschaft an einem Punkt angelangt sei, an dem sie ohne finanzielle Unterstützung von außen nicht mehr funktionieren könne. Dazu geführt haben vor allem die Finanzpolitik der US-Regierung sowie das Vorgehen der Federal Reserve Bank, der Zentralbank der USA. Diese hätten während der Corona-Krise 2020 und 2021, so der Experte, enorme Geldmengen – damals auch als „helicopter money“ bezeichnet und von vielen Analysten als die „Rettung in der Not“ für die angeschlagenen Unternehmen angepriesen – der Wirtschaft zugeführt und damit zugleich die Inflation im Land befeuert. (Die Auslandsverschuldung der USA hat laut Angaben des Magazins Stern Anfang Oktober einen neuen Rekordwert erreicht und beträgt heute mehr als 31 Billionen Dollar.)

Daher sei es für die USA dringend notwendig, meint Chasin, dass zusätzliche Ressourcen in ihre Wirtschaft fließen, insbesondere in den Bankensektor. Und da das Kapital von irgendwoher kommen muss, sei ein zunehmender Ressourcenfluss von Europa in die USA angesichts einer schwerwiegenden wirtschaftlichen Krise auf dem alten Kontinent zu erwarten. Denn die europäischen Länder verfügen noch über genügend Ressourcen, im Gegensatz zu Entwicklungsländern oder Ländern der „Dritten Welt“, die aufgrund der Corona-Krise finanzielle Schwierigkeiten erlitten und für Washington daher nicht mehr in Frage kämen.

Wer laut dem russischen Experten aber definitiv in Frage kommt, ist Deutschland, das in eine Krise gerät und dessen Produzenten derzeit viele ihrer Vorteilen einbüßen. Damit hat er nicht Unrecht, denn die rasante Inflation und die hohen Produktionskosten zwingen Unternehmen zur Schließung ihrer Betriebe, und das schwächt letzten Endes den Produktionsstandort Deutschland gegenüber der Konkurrenz.

Viele deutsche Unternehmen haben bereits Insolvenzverfahren beantragt, und ihre Zahl wird voraussichtlich weiter zunehmen. Führende Konzerne des Landes wie zum Beispiel Volkswagen und Daimler denken darüber nach oder haben bereits die Entscheidung getroffen, ihre Produktion teilweise in die USA zu verlagern. Diese aus Sicht der deutschen Belegschaft schmerzvolle Entwicklung nimmt gerade Fahrt auf und ist noch relativ langsam. Sollten aber die wirtschaftlichen Probleme in den USA eskalieren, könnte sich das Tempo erheblich beschleunigen.

Inwiefern diese Tendenz bestehen bleibt und Deutschland daran kaputtgehen kann, ist fraglich. Man muss aber konstatieren, dass die Krise, in der sich das Land unlängst befindet, erst nach der drastischen Reduzierung der Energieimporte aus Russland entstand.

Denn das deutsche Wirtschaftsmodell stützt sich im Grunde auf die billigen Energieträger aus Russland und den Strom, der aus französischen Atomkraftwerken stammt. Die Bedeutung der russischen Öl- und insbesondere Gaslieferungen, die nach dem „Ausschalten“ der beiden Nord-Stream-Pipelines voraussichtlich für eine lange Zeit enorm eingeschränkt werden, ist jedoch viel größer. Deren langfristiger Ausfall kann eine Systemkrise auslösen, die für die deutsche Wirtschaft und indirekt auch für die EU-Wirtschaft verheerend wäre.

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