Kölner Karlspreis für Engagierte Literatur und Publizistik verliehen

Was für eine Preisverleihung! Ich freue mich ganz besonders über die diesjährige Karlspreis-Verleihung an Sabiene Jahn und Julian Assange. Was für würdige und mutige Preisträger. An Anneliese Fickentscher und Andreas Neumann geht mein persönlicher Dank für diese gelungene Veranstaltung, an der ich leider, was ich auch sehr bedauere, nicht persönlich teilnehmen konnte. Aber wir bleiben in Freundschaft, Solidarität und im Kampf für die Meinungsfreiheit verbunden. Schade, dass, „Neu-Gründer“ und Macher der NRhZ seit 2005, unser gemeinsamer Freund,  2016  verstorbener Freund, Peter Kleinert dieses Ereignis nicht mehr miterleben kann. Er wäre sicher stolz auf seine Nachfolger.

Evelyn Hecht-Galinski

 

Pressemitteilung vom 20. Oktober 2020

Kölner Karlspreis für Engagierte Literatur und Publizistik verliehen
an Eventmanagerin und Künstlerin Sabiene Jahn und WikiLeaks-Gründer Julian Assange

Die Herausgeber der Neuen Rheinischen Zeitung zu Köln würdigen die Preisträgerin Sabiene Jahn und den Preisträger Julian Assange für herausragende Leistungen zur gelebten Demokratie, deren Voraussetzungen Informations- und Meinungsfreiheit sind. Der Zeitpunkt ist bewusst in die kritische Phase des Auslieferungsverfahrens von Julian Assange an die USA gewählt, wo ihm 175 Jahre Haft oder gar die Todesstrafe drohen, während er in London seit über 555 Tagen unter Folterbedingungen im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh „Ihrer Majästat“ der Königin von England bis zur Urteilsverkündung am 4. Januar 2021 gefangen gehalten wird.

Die Verleihung des Kölner Karlspreises für Engagierte Literatur und Publizistik am 16. Oktober 2020 war – erstmals unter freiem Himmel – eingebunden in die dreitägige Präsentation des Kunstwerkes „ANYTHINGTOSAY?“ des italienischen Bildhauers Davide Dormino, das die Leistung der Whistleblower Edward Snowden, Chelsea (Bradley) Manning und des Journalisten und WikiLeaks-Gründers Julian Assange zum Thema hat. Der Ort auf dem Kölner Domvorplatz konnte prominenter nicht sein. Dormino: „Wer, so wie ich, das Glück hatte, Julian persönlich zu begegnen und einige Stunden mit ihm zu verbringen, muss davon überzeugt sein, dass Julian Assange unser Held der Stunde ist. Er ist wie Prometheus, ein Titan, ein Held unserer Kultur, der den Göttern trotzt, indem er ihnen das Feuer stiehlt und es der Menschheit reicht.“ Handelt es sich um politische Kunst? „Kunst kann politisch sein. Ich glaube an Aktionen. Öffentliche Kunst hat die Macht, Menschen wachsen zu lassen und ihren Standpunkt zu ändern. …“

Assanges einziges Verbrechen heißt Journalismus

Ist Julian Assange ein politischer Gefangener? Gnadengesuche auch von deutschen Unterstützern an die Queen von England wurden mit der Antwort beschieden, die Königin greife „nicht in politische Verfahren“ ein. Was hat Julian Assange getan, dass er wie ein Schwerstverbrecher behandelt wird? Laudatorin Annette Groth (2009-2017 menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DieLinke im Bundestag): „…er hat die Wahrheit über die US-Kriegsverbrechen im Afghanistan- und im Irakkrieg gesagt und dafür Beweise geliefert, das ist sein Verbrechen! Sein einziges Verbrechen heißt Journalismus. Will sich die Bundesregierung durch Schweigen nicht an Folter beteiligen und mitschuldig sein, muss sie alles tun, um Julian Assange freizukriegen und ihm Asyl anbieten… Wir dürfen Verletzungen und die Außerkraftsetzung der europäischen Menschenrechtskonvention und der Antifolterkonvention nicht zulassen, Menschenrechte sind unteilbar, sie gelten auch und insbesondere für Whistleblower wie Assange.“

Der Kölner Karlspreis wird erstmalig an zwei Preisträger verliehen, wobei der Preis nicht geteilt sondern verdoppelt wird. Das Aktionsfeld der Laureaten ist in der Sache verwandt, der Wirkungskreis ist global im Falle Julian Assange und lokal im Falle der Kommunikationswirtin und Künstlerin Sabiene Jahn. In ihrer Vortragsreihe „Koblenz:im Dialog“ bringt sie seit März 2018 Menschen zu einem parteiübergreifenden Austausch zusammen. Hochspezialisierte Referenten, Politologen, Sozialwissenschaftler, Wirtschaftsexperten, Buchautoren berichten zu brisanten Fragestellungen gesellschaftlicher Vorgänge und Entwicklungen rund um die Themen Frieden, Gerechtigkeit, gesellschaftliches Miteinander und Perspektiven. Ein großes Zeitfenster ist jeweils für anschließende Diskussion und Fragen vorgesehen. Dafür wurde Sabiene Jahn im Koblenzer Umfeld von politischen Gruppen und Einzelpersonen persönlich angegriffen, diffamiert und gestalkt. Der Mut, diesen Aggressionen mit Geduld, Gesprächsbereitschaft – wenn unvermeidlich aber mit juristischen Konsequenzen – zu begegnen, betrachten die NRhZ-Herausgeber ebenfalls als außergewöhnlich und daher preiswürdig. Am 30. September 2020 erwirkte sie einen Gerichtsentscheid, der einem Angeklagten unter Androhung von bis zu 250.000 Euro Strafe oder alternativ bis zu sechs Monaten Haft untersagt, seine diffamierenden Unterstellungen zu verbreiten.

Sabiene Jahn: Hoffnung fühlt sich kraftvoll an

Über die Veranstaltungsreihe „Koblenz: im Dialog“ hinaus ist die Geehrte aktive Teilnehmerin von Friedens- und Bürgerrechtsbewegungen, ist aktiv in der Unterstützung für die Freiheit von Julian Assange. „Ich habe an der Seite von John Shipton, dem Vater von Journalist und Wikileaks-Gründer Julian Assange gespürt, wie kraftvoll sich Hoffnung anfühlt. Rasch verblassen kleinere eigene Sorgen im Wissen darum, dass (s)ein Sohn in unserem Europa gefoltert wird.“

„Wenn wir uns zusammenschließen, werden wir gewinnen“, bedankte sich John Shipton, der eigens aus London angereiste Vater von Julian Assange, bei der Entgegennahme der Auszeichnung vor der Kölner Kathedrale und vor dem machtvollen Kunstwerk „ANYTHINGTOSAY?“. Im Interview mit Felicitas Rabe sagt er: „Julian hat sich sehr über die Auszeichnung gefreut. Er weiß, dass ich gerade in Köln bin und den Preis an seiner Stelle entgegennehme. Für ihn zählt jeder einzelne Mensch, der sich für einen aufrechten und wahrheitsgemäßen Journalismus einsetzt. Und für ihn zählt jede Stimme, die Öffentlichkeit für seine Situation herstellt und sich für ihn einsetzt. “

Genau der Typ Mensch, den wir brauchen

Mut machte den anwesenden TeilnehmerInnen der Laudator, Politikwissenschaftler, Journalist und Verleger Hermann Ploppa aus Marburg und sprach’s in die auf ihn gerichteten Kameras: „Ein Beweis, dass eine Solidaritätsbewegung, wie wir sie haben, zum Erfolg führen kann, ist Angela Davis. Sie wurde 1970 aus rassistisch niedrigsten Motiven ins Gefängnis gebracht und war massiv bedroht, auf dem elektrischen Stuhl zu enden. Und die internationale Solidaritätsbewegung hat das verhindert… Ein Zeichen, dass so etwas auch gut gehen kann.“ Ploppa würdigte beide Preisträger als „so tapfere Leute wie Julian Assange und Sabiene Jahn, das ist genau der Typ Mensch, den wir brauchen“. Und ans Publikum gerichtet: „Wenn ich mich hier umsehe, gibt es viele davon“. Die aus Aachen gekommenen über 80jährigen Friedensaktivisten Helene und Dr. Ansgar Klein trugen ein Schild mit der Aufschrift „Wir sind das Immunsystem der Demokratie“.

Als vorangegangene Kölner Karlspreisträger meldeten sich der Schriftsteller und Jurist Dr. Wolfgang Bittner sowie die Publizistin und Tochter des ersten Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Evelyn Hecht-Galinski, zu Wort.

Wolfgang Bittner, Karlspreisträger von 2010: „Was mit Julian Assange geschieht, ist eine Tragödie und ein schwerwiegender, dreister Angriff auf die Freiheit der Berichterstattung. Wollen wir hoffen, dass sein Martyrium bald ein Ende findet und er aus der Haft entlassen wird. Gut dass die Neue Rheinische Zeitung und auch Sabiene Jahn immer wieder auf dieses Verbrechen aufmerksam machen, das unter den Augen der dazu schweigenden westlichen so genannten Wertegemeinschaft geschieht.“

Evelyn Hecht-Galinski, Karlspreisträgerin von 2014: „Wir brauchen Menschen, die zu ihren Überzeugungen stehen, die kein Unrecht geschehen lassen wollen, erst recht, wenn’s schwierig wird. Mutige Menschen wie Sabiene Jahn und Julian Assange sind heute und in der Geschichte selten anzutreffen. Im deutschen Faschismus gab es WiderstandskämpferInnen. Hätte es mehr gegeben, wäre uns allen viel erspart geblieben. Ich freue mich über die Wahl der Karlspreisträger.

 

Die seit 2005 online erscheinende Neue Rheinische Zeitung versteht sich in der Tradition der von Karl Marx 1848 /49 geleiteten Neuen Rheinischen Zeitung mit Erscheinungsort Köln. Das symbolische Preisgeld beträgt pro Jahr 1 Euro seit 1818, dem Geburtsjahr von Karl Marx, 2020 somit 202 Euro.

Zur weiteren Unterstützung von Julian Assange in finanzieller und publizistischer Hinsicht findet am Samstag, dem 14. November 2020, ab 19 Uhr die Benefiz-Versteigerung IMAGINE:artists4assange mit Auktionator Gérard Goodrow in den Kunsträumen der Michael Horbach Stiftung, Wormser Str. 23, 50677 Köln (Südstadt Nähe Luther Kirche) statt. Am 13. und 14. November bietet sich die Möglichkeit zur Vorbesichtigung. Der Erlös geht an Julians Vater John Shipton.

 

Neue Rheinische Zeitung (www.nrhz.de)
DAS KROKODIL (www.das-krokodil.com)
Arbeiterfotografie – Forum für Engagierte Fotografie (www.arbeiterfotografie.com)
Anneliese Fikentscher
Andreas Neumann
Merheimer Str. 107
D-50733 Köln
Tel: 0221/727 999
Fax: 0221/732 55 88
eMail: arbeiterfotografie@t-online.de

 

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