Notizen vom Ende der unipolaren Welt -26 Von Mathias Bröckers

Notizen vom Ende der unipolaren Welt -26

Ich bin ja hier schon seit Monaten „on the record“, dass nicht die Russen, sondern die EU-Länder den Preis für den Sanktionsirrsinn bezahlen, den ihre Regierungen veranstalten. Mit verdoppelten Kosten für Heizung und Benzin innerhalb eines halben Jahres sind die Verbraucher jetzt schon die Dummen – nicht wegen des Kriegs, oder wegen „Putin“, sondern wegen…

 

Notizen vom Ende der unipolaren Welt -26

25. Mai 2022

Ich bin ja hier schon seit Monaten “on the record”, dass nicht die Russen, sondern die EU-Länder den Preis für den Sanktionsirrsinn bezahlen, den ihre Regierungen veranstalten. Mit verdoppelten Kosten für Heizung und Benzin innerhalb eines halben Jahres sind die Verbraucher jetzt schon die Dummen  – nicht wegen des Kriegs, oder wegen “Putin”, sondern wegen der Sanktionen. Wenn aber Olaf “Russland darf nicht gewinnen” Scholz und Robert “In dienender Führungsrolle” Habeck an ihrem aberwitzigen Embargo-Plan festhalten, in sechs Monaten komplett auf russisches Öl zu verzichten, kommt es richtig dicke. Willkommen in der Raffinerie Schwedt nahe der polnischen Grenze, die Berlin samt Flughafen und das Bundesland Brandenburg mit Kraftstoff versorgt – und seit den 1950er Jahren über die Pipeline “Druschba”(Freundschaft) mit “Ural Blend” beliefert wird. Dieser Zufluss, der seit Jahrzehnten täglich 24 Stunden läuft, soll über eine stillgelegte und renovierungsbedürftige DDR-Pipeline aus Rostock ersetzt werden, wo die Entladungs, -und Lagermöglichkeiten für Tanker aber noch ausgebaut werden müssen. Weil auch dann die Kapazität nicht ausreicht, soll der Rest über die Häfen von Wilhelmshaven und Danzig nach Schwedt gekarrt werden. So weit haben unsere Embargoisten offenbar gedacht und stolz ihren Sanktionsplan verkündeten, nur scheinen sie völlig vergessen zu haben, dass Öl nicht gleich Öl ist und eine Raffinerie kein Bollerofen, in den man einfach irgendwas reinwerfen kann. Vielmehr muss die Anlage a) exakt auf die Zusammensetzung und den Gehalt des angelieferten Rohstoffs eingestellt sein, der b) dauerhaft und in homogener Qualität  fliessen muss. In Schwedt sind das 250.000 Barrel (á 159 Liter) – pro Tag – die auf Umwegen dann teuer herangeschafft werden müssten und von denen zudem noch völlig unklar ist, wo sie in diesen Mengen und gleichbleibender Qualität  genau herkommen sollen. Zwar ist “Ural Blend” nicht einzigartig und kann theoretisch ersetzt werden,  aber fast alle europäischen Raffinerien laufen damit und können nur mit großem technischen Aufwand auf andere oder gar ständig wechselnde Ölsorten umgestellt werden – was jedenVerzicht auf russisches Öl kurzfristig  praktisch unmöglich macht. Und mittelfristig nichts anders bedeutet als ökonomischen Selbstmord.  Und was geschieht, wenn Russland auf ein Öl-Embargo im Gegenzug die Gaslieferungen stoppt ? Dann kommt die Perle der deutschen Industrie, die Autoproduktion, abrupt zum  zum Stillstand ,  gut  20 % des BIP gehen den Bach runter. OK, wer braucht schon noch Autos wenn der Liter Sprit 5 Euro kostet. Aber gibts schon einen Morgenthau-Plan 2.0, wie man Deutschland in einen Agrarstaat umwandelt ? Wenn nicht, sollte die Regierung ihn bei ihren Overlords in Washington dringend anfordern, denn mit Auto, -Maschinen, – Chemie-Industrie etc. geht dann bald nichts mehr.

Weil Russland ukrainische Häfen blockiert steuert die Welt auf eine Hungerkrise zu, da Mais und Weizen – die wichtigsten Exportgüter der Ukraine – nicht verschifft werden können, tönt es in den letzten Tagen aus den Medien. Tatsächlich hat die Ukraine 75 ausländische Frachtschiffe in Odessa und anderen Städten  seit Wochen festgesetzt und die Häfen  mit 400 Minen blockiert, die sich bei einem Sturm vor zwei Wochen zum Teil losgerissen haben und nun frei herum schwimmen. Es sind also nicht, wie der Guardian meldet, “russische Kriegsschiffe” die Frachttranssporte behindern und das  Schwarze Meer verunsichern, sondern die Marinexperten und ihre NATO-Berater in Kiew. Nachdem die im Hafen von Mariupol festgehaltenen Schiffe befreit wurden, hat Russland nach Angaben der Internationalen Meeresorganisation (IMO) im Asowschen Meer mittlerweile einen drei Seemeilen breiten minenfreien Korridor geschaffen, der wieder sichere Passagen ermöglicht.  Und während eine drohende globale Lebensmittelknappheit von den Medien in das Narrativ vom ultrabösen Russen gepresst wird, meldet Reuters, dass die ukrainischen Weizenexporte im Mai zwar etwas gesunken sind, aber 2022 bisher höher waren als im Vergleichszeitraum ein Jahr zuvor. Ja wie denn das, wenn die herzlosen Russkies die Welt verhungern lassen weil sie Häfen blockieren ? Es ist nur ein  Beispiel mehr, wie FakeNews mit  einem kleinen Spin in die passende Propagandaerzählung verwurstet und massenhaft verfüttert werden.

Dass die Siegesmeldungen des ukrainischen Komikers Zelenski mittlerweile  den phantastischen Ansagen des irakischen Informationsministers “Comical Ali” entsprechen, hatten wir in der letzten Folge bereits angemerkt.  Auch seine jüngste Verkündigung, dass die ukrainische Armee auf 700.000 Mann gewachsen sei, scheint aus dieser realitätsfernen Richtung zu kommen, die mit einer Zelenski nachgesagten Leidenschaft zu tun haben könnte: seinem Hang zu kolumbianischem Marschierpulver. Einem Stoff, der nicht nur die physische Ausdauer steigern, sondern auch zu mentalem Größenwahn führen kann und bekanntlich auch in den “Vitaminspritzen” enthalten war, mit denen einst Dr. Morell den Führer zum “Endsieg” pushte. Aber gesetzt den Fall, es gelingt ihm wirklich, auch 12-13-jährige und Frührentner zu rekrutieren – sein Minister spricht sogar von einer Million Soldaten  –  ist solch ein untrainierter “Volkssturm”  nicht viel mehr als Kanonefutter für die professionelle russische Armee. Und auch die 30 Milliarden Dollar, die Joe Biden jetzt den Rüstungsfirmen in den Rachen schmeißen und “moderne” Waffen an die Ukraine (bzw. bis nach Polen) liefern will, können daran nichts ändern. “Money may make the world go around”, schreibt der Ex-Anti-Terrorism-Deputy des US-Statedepartement Larry Johnson, “aber es bringt nicht auf magische Weise ausgebildete, begeisterte Truppen hervor, die bereit und fähig sind, solche Waffen einzusetzen.” Wenn sie denn überhaupt jemals an die Front gelangen und nicht schon in Depots und Lagern von russischen Präzisionsraketen massenhaft in die Luft gejagt werden.

Unterdessen dürfte Präsident Zelenski ziemlich ins Schwitzen gekommen sein, als er am 19. Mai His Masters Voice, den Leitartikel der “New York Times” zur Kenntnis nahm, in dem das Editorial Board die Absetzung seiner Propagandashow androhte und “harte Entdscheidungen” forderte:

“Im März argumentierte dieses Board, dass die Botschaft der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten an die Ukrainer und Russen gleichermaßen lauten muss: Egal, wie lange es dauert, die Ukraine wird frei sein. … (…) Dieses Ziel kann sich nicht verschieben, aber letztendlich ist es immer noch nicht in Amerikas bestem Interesse, sich in einen totalen Krieg mit Russland zu stürzen, auch wenn ein Verhandlungsfrieden der Ukraine einige harte Entscheidungen abverlangen könnte .”

“Ein entscheidender militärischer Sieg der Ukraine über Russland, bei dem die Ukraine das gesamte Territorium, das Russland seit 2014 erobert hat, zurückerhält, ist kein realistisches Ziel. … Russland bleibt zu stark…”

“… Herr Biden sollte Präsident Wolodymyr Zelenskij und seinen Leuten auch klar machen, dass es eine Grenze dafür gibt, wie weit die Vereinigten Staaten und die NATO gehen werden, um Russland zu konfrontieren, und Grenzen für die Waffen, das Geld und die politische Unterstützung, die sie aufbringen können. Die Entscheidungen der ukrainischen Regierung müssen unbedingt auf einer realistischen Einschätzung ihrer Mittel und der Frage beruhen, wie viel Zerstörung die Ukraine noch verkraften kann.”

So ähnlich wie mit dem alten sowjetischen Witz – “Hätte Napoleon nur die Pravda gelesen, hätte er nie von Waterloo erfahren” – erging es ja dem westlichen Medienpublikum mit der pravadesken Mainstream-Berichterstattung, dem zuletzt die Gefangennahme der 2000-köpfigen  ukrainischen Asow-Eliteeinheit als erfolgreiche “Evakuierung” und Nazis als Randerscheinung verkauft wurden. Die Herausgebergeschaft des US-Leitmeidums hat aber nach zwei Monaten offenbar verstanden, dass der Krieg nicht zu gewinnen sein wird, weil “Russland zu stark” ist – und fordert die Politik zurück an den Verhandlungstisch:

“Die Vereinigten Staaten und die NATO sind bereits militärisch und wirtschaftlich stark involviert. Unrealistische Erwartungen könnten sie immer tiefer in einen kostspieligen, langwierigen Krieg hineinziehen…Die jüngsten kriegerischen Äußerungen aus Washington – Präsident Bidens Behauptung, dass Putin “nicht an der Macht bleiben kann”, die Bemerkung von Verteidigungsminister Lloyd Austin, dass Russland “geschwächt” werden müsse, und die Zusage der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, dass die Vereinigten Staaten die Ukraine unterstützen würden, “bis der Sieg errungen ist” – mögen mitreißende Unterstützungsbekundungen sein, aber sie bringen die Verhandlungen nicht weiter.”

Ganz ähnlich klingt jetzt US-Verteidigungsminister Austin, der gemerkt hat, dass das “Russland schwächen” an allen Fronten nach hinten los geht, und antwortet auf die Frage, ob er das von der britischen Aussenministerin genannte Ziel verfolge, Russland aus dem Donbass und der Krim zu vertreiben, dass es allein in der Hand der ukrainischen Regierung liege,  die Grenzen zu definieren und den Krieg zu beenden.  Und auch “Bloody Henry” Kissinger sieht keinen anderen Ausweg für die Ukraine,  als Gebiete abzutreten und den Krieg zu beenden. Olaf “Russland darf nicht gewinnen” Scholz hatte zwar unlängst einen “Diktatfrieden” noch kategorisch ausgeschlossen, kann sich unter Berufung auf die NYT derlei bellizistische Textbausteine jetzt aber wieder sparen – aus Washington wird aktuell Zurückrudern angesagt…

(wird fortgesetzt)

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