„Offener Brief an eine linke Bundestagsabgeordnete“ Von Knut Mellenthin

Ich danke Knut Mellenthin sehr für diesen Brief an Heike Hänsel von der Linken Partei, den ich meinen Lesern und Unterstützern nicht vorenthalten möchte und der eine weite Verbreitung verdient.

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„Offener Brief an eine linke Bundestagsabgeordnete“

Von Knut Mellenthin

 

Liebe Heike Hänsel,

 

Zuerst herzlichen Dank, dass du überhaupt versucht hast, zugunsten der palästinensischen Menschen und ihrer Nation Stellung zu nehmen. Das ist in der Linkspartei leider nicht Standard.

 

Aber zur Sache muss ich dennoch sagen: Warum habt ihr gegenüber den Palästinensern nicht so viel Respekt, dass ihr euch der relativ geringen Mühe unterzieht, die Dokumente zu lesen, um die es geht? In deiner Pressemitteilung vom 29. Januar ist die Rede von der „vorgeschlagenen Anerkennung zahlreicher Siedlungen im Westjordanland und der israelischen Präsenz im gesamten Jordantal“. Das ergibt im Deutschen keinen eindeutigen Sinn und zeigt, dass ihr selbst nichts verstanden habt, aber euch darüber wegzumogeln versucht, statt nachzuschauen.

 

In dem Papier der Trump-Administration steht es klar und deutlich: „Approximately 97% of Israelis in the West Bank will be incorporated into contiguous Israeli territory“ und „The Jordan Valley… will be under Israeli sovereignity.  Das bedeutet hinsichtlich der Siedlungen, dass die USA nicht nur die Anwendung israelischen Rechts auf diese unterstützen, sondern auch deren Einbeziehung in das israelische Territorium. Und zwar durch Einschluss von Gebieten um die Siedlungen und zwischen ihnen so, dass eine geschlossene Landfläche entsteht. Und „Souveränität“ ist mehr als „Präsenz“, das muss man wohl nicht erklären.

 

In deiner Schlussfolgerung lässt du wieder einmal die „Diplomatie“ und die „Zweistaatenlösung“ hochleben. Danke schön im Namen der Palästinenser! Die „verhandeln“ mit Israel seit Madrid 1991, also – wenn ich jetzt richtig gerechnet habe – seit 28 Jahren. Das einzige praktische Ergebnis ist die Vervierfachung der Siedlerzahl auf der Westbank, wenn man Ostjerusalem mal beiseite lässt. Keine israelische Regierung, auch nicht die des trotzdem ermordeten Jitzchak Rabin, hat einen palästinensischen Staat zulassen wollen. Jede israelische Regierung hat selbst das bisschen Autonomie, dass sie den Palästinensern in Aussicht stellte, von unannehmbaren, zum Teil sogar unerfüllbaren Forderungen abhängig gemacht. Israel hat weder irgendeine Notwendigkeit noch vorstellbare Anreize, an dieser Haltung etwas zu ändern.

 

Wenn Israel die Behandlung der Palästinenser als Untertanen verewigen will, liegt unsere Pflicht darin, sie beim Kampf um staatsbürgerliche Gleichberechtigung zu unterstützen. Vom Zeitgewinn durch eine weitere Runde von Pseudo-Verhandlungen würde nur die schleichende zionistische Annektion profitieren. Die Folgen wären noch mehr Frustation, noch mehr Resignation, aber auch noch mehr kontraproduktive Wut.

 

Mit freundlichen Grüßen

Knut Mellenthin

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Pressemitteilung von Heike Hänsel, 29.1.2020

„Der von US-Präsident Donald Trump unilateral entwickelte sogenannte Friedensplan für den Nahen Osten wird keinen Frieden bringen. Ein Friedensplan in Absprache mit dem israelischen Präsidenten Benjamin Netanyahu, aber ohne die Palästinenser gleichermaßen einzubeziehen, ist zum Scheitern verurteilt“, erklärt Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. Die Außenpolitikerin weiter:

„Nach dem Willen Trumps soll Israel die Kontrolle über ganz Jerusalem behalten. Die vorgeschlagene Anerkennung zahlreicher Siedlungen im Westjordanland und der israelischen Präsenz im gesamten Jordantal ist völkerrechtswidrig und legitimiert den Landraub durch Israel. Das ist ein Annexionsplan und darf von der Bundesregierung nicht unterstützt werden.

Jetzt gilt es mehr denn je, den Ausbruch neuer Gewalt zu verhindern und auf eine völkerrechtskonforme und von beiden Seiten akzeptierte Zweistaatenlösung zu drängen und dafür konkrete diplomatische Schritte zu unternehmen.“ —

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