Rede vom 19. Januar in Aarau – Bilder und Video von der Veranstaltung

Anlässlich dieses wunderbaren Abends habe ich mein Honorar von 350,–CHF an das Caritas Baby Hospital in Bethlehem/Palästina gespendet.

Dazu möchte ich Ihnen zunächst diesen Artikel von Jürgen Barben empfehlen.

barben

 

Meinen Dank natürlich auch an Frau Gusdek-Petersen für die Einladung nach Thurgau in die Schweiz.

Hier einige Bilder von dem Abend und ein Teil meiner Rede als Video. Die gesamte Rede finden Sie am Schluss des Artikels auch als Text.

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Es muss natürlich Aarau heißen, im Video hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen, aber das lässt sich leider nicht mehr nachträglich korrigieren

Forum Zeitzeugen
Aarau 19.Januar

Seit 1948, also vor 68 Jahren wurde der „Jüdische Staat“ auf Kosten der dort lebenden Palästinenser gegründet, also ohne Rücksicht auf die Ureinwohner, die ethnisch gesäubert vertrieben wurden.

Mir selbst fiel bei touristischen Besuchen in meiner Jugendzeit unangenehm auf, wie abfällig sich jüdische Bürger gegenüber den „Arabern“, wie die Palästinenser in Israel genannt werden, äußerten. Ich fühlte mich also nie wohl in Israel und konnte auch keine solidarischen Gefühle entwickeln. Ich sah und sehe mich immer als Berlinerin, als deutsche Bürgerin, die zum „jüdischen Staat“ keine Bindung verspürt.
Glücklicherweise bin ich auch so erzogen worden, dass die Religion nicht das wichtigste Thema für mich war; im Gegenteil: der Religionsunterricht war eigentlich immer ein mehr als ungeliebtes Fach für mich. Auch ein Grund, dass es für mich unerträglich ist mit ansehen zu müssen, wie die heutige Bezogenheit auf das Judentum so politisch zur Instrumentalisierung in den Vordergrund getreten ist.

Brutal wird die Religion im „Jüdischen Staat“ missbraucht. So gesehen ist das wiederholte Beharren der israelischen Regierung auf Anerkennung als „Jüdischer Staat“ auch nur ein weiterer Versuch, jegliche Kritik an Israel als Antisemitismus, also Judenhass, zu diffamieren und daher zu einem Tabu werden zu lassen.

Tatsächlich gibt es ebenso wenig einen Friedensprozess, über den man verhandeln kann, noch gibt es die Zweistaatenlösung, die für israelische Politiker noch nie eine Option war und ist. Inzwischen sind laut einer Umfrage vom Herbst 2015 mehr als 51% der Palästinenser gegen die Zweistaatenlösung, Tendenz steigend. Seit Jahrzehnten sehen sie ihre Perspektivlosigkeit und trauen weder der Palästinenser-Behörde, noch der Internationalen Gemeinschaft und haben genug von den leeren Versprechungen. Sie fühlen sich im Stich gelassen und wollen um ihr Recht kämpfen. In der Tat, auch ich sehe nur ein demokratisches Zukunftsmodell, ein Staat für alle seine Bürger und Ethnien auf gleicher Augenhöhe mit den gleichen Rechten und Pflichten. Aber selbstverständlich liegt das in der alleinige Händen der Palästinenser.

Seit der israelischen Staatsgründung 1948 sind den Palästinensern nach der „Nakba“ (palästinensisch für „Katastrophe“) nur noch 47% ihres Landes, und 2015 nur noch 13% geblieben, von diesen stehen allerdings 60% unter israelischer Verwaltung bzw. Besatzung!

Seit Staatsgründung war das jüdische Projekt ein zionistisches Siedlungsprojekt, das nur mit Landraub und der ethnischen Säuberung Palästinas, mit Checkpoints, Mauern und Repressalien aufgebaut und durch die jüdischen Streitkräfte gesichert wird. Das zionistische Israel beansprucht das ganze Land, also „Eretz Israel“, als das von Gott an das jüdische Volk gegebene, verheißene Land. Dieser Mythos von „Groß-Israel“ als Land des jüdischen Volkes wird mit aller Gewalt verteidigt, um jegliche Kompromisse mit den Palästinensern auszuschließen. Merke: der Zionismus kennt keine Kompromisse! Besonders verwerflich in diesem Zusammenhang ist es allerdings, dass dieses Handeln nur mit der finanziellen Hilfe der USA und der Europäischen Union ermöglicht wird.

Indem z. B. die deutsche Regierung unter einer christlich-zionistischen Kanzlerin Merkel die Sicherheit Israels als „Jüdischen Staat“ zur deutschen Staatsräson erhoben hat, hat sie das Existenzrecht Israels und die Sicherheit seiner Bürger zur unverhandelbaren Position erklärt.

Dabei stellt sich die Frage: Welcher Staat Israel ist damit eigentlich gemeint?
Der in den international anerkannten Grenzen von 1967, oder der derzeitige zionistisch expandierende Staat ohne Grenzen?

Und wenn man von der Sicherheit für die Bürger spricht, vergisst man dabei nicht die palästinensischen Bürger und die Palästinenser im illegal besetzten Palästina? Gilt die deutsche Staatsräson für diese Bürger nicht?

Tatsächlich ist der „Jüdische Staat“ keine Demokratie, sondern eine Ethnokratie nur für seine jüdischen Bürger, und der sich von Anfang an die Judaisierung als Staatsräson auf seine Davidstern-Flagge geschrieben hat.

Judaisierung als Staatsräson.
Da der Zionismus ausschließlich Juden als Mitglieder des Staatsvolks ansieht und die israelische Bevölkerungspolitik sich daraus ableitet, fühlt er sich nur der Judaisierung des Landes verpflichtet.
Tatsächlich besitzen etwa 1,5 Millionen Palästinenser einen israelischen Pass, werden aber als Bürger zweiter Klasse behandelt und durch ungefähr 50 Gesetze legal diskriminiert.

Etwa 2,7 Millionen Palästinenser leben im illegal besetzten Westjordanland, einem unter jüdischen Besatzungsterror stehenden Gebiet, dass von einer mit den israelischen Besatzern kollaborierenden Palästinenser-Behörde rechtlos regiert wird.

Weitere mehr als 1,8 Millionen Palästinenser leben im Konzentrationslager Gaza unter Blockade durch die jüdischen Besatzer und ihre ägyptischen Helfer.

In diesen besetzten Gebieten können die israelischen Besatzer, ebenso wie im Kernland Israel, so gut wie alle Verbrechen gegen Palästinenser begehen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Israel ist ein Apartheidstaat“. Während die Palästinenser in ihrem eigenen Land an Checkpoints stundenlang gedemütigt warten müssen, gibt es Straßen nur für Juden, die direkt in die illegalen Siedlungen im illegal besetzten Westjordanland, oder in Siedlungen im illegal annektierten Ost-Jerusalem führen. Immer tiefer zieht sich der Besatzungsgürtel der Siedlungen durch das besetzte Land. Inzwischen ist die Zahl der Siedler in den Siedlungen auf mehr als 600.000 angewachsen.

Wenn sich jetzt junge Palästinenser, die niemals Freiheit kennenlernen durften, gegen den Terror der Besatzung und die Demütigung erheben, so ist dieser Widerstand mehr als berechtigt und legitim. Ihnen bleiben nur die Messer im Kampf gegen die waffenstrotzenden jüdischen Besatzer. Allerdings werden diese Messerstecher brutal von der „jüdischen Verteidigungsarmee“ außergerichtlich hingerichtet, indem man sie direkt erschießt. Diese Praxis wird auch von israelischen Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert.

Vergleicht man die Dimension, so stehen über 170 ermordete Palästinenser etwa 25 jüdischen Toten gegenüber. Allein im Monat Oktober des letzten Jahres wurden fünfmal soviel Palästinenser ermordet wie jüdische Israelis. Hervorzuheben ist, dass es vor allen Dingen Besatzungssoldaten oder Siedler sind, die angegriffen wurden. Deshalb sage ich immer wieder:
Widerstand wird zu Pflicht, wo Besatzung zu Recht wird.
Dieser Widerstand befindet sich übrigens in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, das Widerstand gegen Besatzung als legal definiert.

Es sind die vielen Provokationen und Nadelstiche, wie etwa die der unheilvollen Treffen jüdischer Extremisten-Siedler auf dem Haram al-Sharif, oder das illegale Eindringen dieser Extremisten in die al-Aqsa Moschee, unter dem Schutz der „jüdischen Verteidigungsarmee“, während den Palästinensern das Beten und der Besuch untersagt wurde.

Die Netanjahu Regierung tut alles dafür, um den Status Quo der Besatzung noch extremer werden zu lassen.

Gerade im illegal annektierten Ost-Jerusalem wird massiv die Judaisierung durch die jüdischen Besatzer vorangetrieben.
Die israelische Journalistin Amira Hass trifft den Punkt, wenn sie schreibt: „Palästinenser kämpfen um ihr Leben, Israel kämpft um die Besatzung.

Es ist erschreckend, wie alles, was der „Jüdische Staat“ an Menschenrechts- und Kriegsverbrechen begeht, in den meisten Medien schön geschrieben, oder gleich ganz verschwiegen wird.

Nur dem „jüdischen Staat“ ist es ganz offensichtlich erlaubt, nächtliche Razzien durchzuführen, in denen Dutzende von Palästinensern verhaftet werden, Kollektivstrafen (oder Sippenhaft!) gegen tausende von Besetzten zu verhängen, und illegale Häuserzerstörungen zu veranstalten.

Tausende palästinensische Gefangene befinden sich in sogenannter Administrativhaft, eine illegale Haft ohne Anklage! Auch da warten wir vergeblich auf Proteste deutscher Regierungsmitglieder, oder auf Besuche in der Haftanstalt. Die pilgern lieber zu ukrainischen Gasprinzessinnen, wie die ukrainische Oligarchin Julia Timoschenko, die nicht ohne Grund in Haft saß.

Auch die Empathie mit minderjährigen Gefangenen hat ein Ende, wenn es sich um Palästinenser handelt. Laut UNO-Bericht haben seit 1967 95 000 minderjährige Palästinenser in Gefängnissen im „jüdischen Staat“ gesessen. Statistisch gesehen heißt das, dass jeder Palästinenser schon einmal im Gefängnis in Israel war. Ein Fall für das Guinness-Buch der Rekorde, oder?

Auch Folterungen machen vor palästinensischen Kindern und Jugendlichen nicht halt!

Während das „jüdische Volk“ immer als Opfer des palästinensischen Terrors dargestellt wird, werden die Palästinenser immer als Terroristen der Hamas, Hisbollah, oder des sogenannten IS dargestellt.

So wird immer wieder versucht, mit der Leidensgeschichte und Verfolgung des „Jüdischen Volkes“ den Mythos von der „Sicherheit“ und „Selbstverteidigung“ aufrecht zu erhalten, um so die Besatzung und die Repressalien zu rechtfertigen.

So wie es deutsche Politiker, und ganz besonders die deutsche Kanzlerin Merkel, immer wieder machen. So geschehen auch während des verheerenden Angriffs auf Gaza mit mehr als 2200 palästinensischen Opfern; die Mehrheit waren Zivilisten und viele Kinder. Wir liefern Waffen, U-Boote, kaufen israelische Drohnen und schicken Bundeswehrsoldaten in die Tunnel und Häuserkampfausbildung in den „Jüdischen Staat“ und legalisieren so die illegale Besatzung Palästinas. Aber wozu eine Häuserkampfausbildung für deutsche Soldaten?!

Wichtig und wirkungsvoll finde ich das Engagement für Boykottmaßnahmen gegen den „jüdischen Staat“, für die ich mich auch einsetze. „Boykott, Deinvestment, Sanktionen“, solange dieser die illegale Besatzung Palästinas aufrechterhält.

„BDS“, also die Boykottbewegung, ist entstanden aus der palästinensischen Zivilgesellschaft, ein wichtiger und wirksamer Zusammenschluss von Bürgern, Universitäten, Unternehmen und Gewerkschaften, deren Strategien auch schon im Apartheidstaat Südafrika zum Erfolg und dessen Zusammenbruch führten. Natürlich haben israelische Politiker wie Netanjahu die Gefahr erkannt, die von dieser erfolgreichen Bewegung ausgeht und versuchen sie mit allen Mitteln zu bekämpfen.

Dazu gehört reine Propaganda, wenn sich israelische Politiker immer wieder mit völlig falschen Vergleichen wie „kauft nicht beim Juden“ dagegen wehren. Es geht mitnichten um einen Boykott gegen Juden, sondern um einen Boykott Israels wegen seiner Besatzungspolitik.

Es ist ein kleiner Anfang, wenn die EU jetzt eine Kennzeichnungspflicht für falsch deklarierte Produkte, die aus Siedlungen auf besetztem Land stammen und als israelische deklariert waren, eingeführt hat. Eine überfällige Maßnahme, die aber nicht ausreichend ist. Denn der Boykott sollte sich auf alle Ebenen beziehen, wirtschaftlich wie kulturell.

Schließlich scheut sich Israel nicht, Boykottmaßnahmen zu verhängen gegen unliebsame Staaten, wie Iran, oder Organisationen, oder die schwedische Außenministerin Wallström als „unerwünschte Person“ in Israel zu erklären, und noch dazu Ikea und Volvo in den Boykott einzuschließen, weil die Außenministerin zu recht die „außergerichtlichen Hinrichtungen“ von Palästinensern kritisiert hatte und eine unabhängige Untersuchung dazu gefordert hatte.

Gleichfalls beschloss das Netanjahu Kabinett ein Gesetz, das die Arbeit von NGO`S also regierungskritischen Organisationen massiv behindern wird, während privat finanzierte NGO`s nicht betroffen sind, die der Regierung nahe stehen.

50 Jahre nach Beginn der diplomatischen Beziehungen mit dem „Jüdischen Staat“ ist es an der Zeit, diese nicht mehr zu feiern, sondern kritisch zu hinterfragen.

Es ist auch ein Witz wenn der „Jüdische Staat“ als Vorbild für die Flüchtlingseingliederung genommen wird, denn der „Jüdische Staat“ gliedert nur jüdische Flüchtlinge ein, während er palästinensischen Flüchtlingen ihr legitimes, vom Völkerrecht verbrieftes Rückkehrrecht in ihre Heimat verweigert, sowie für schwarze Flüchtlinge, Asylsuchende, Gefängnisse baute, sie dort einsperrte oder wieder abschob.

Tom Segev der israelische Historiker deutscher Abstammung hat in einem FAZ Artikel geschrieben:

„Es gibt aber auch Umfragen, die die demokratische Gesinnung in verschiedenen Ländern vergleichen, zum Beispiel Israel und Deutschland. Im Vergleich zu Deutschland ist die demokratische Gesinnung der meisten Israelis viel schwächer. Damit meine ich unter Anderem auch, dass wir seit fast fünfzig Jahren die palästinensische Bevölkerung unterdrücken und die Menschenrechte in den palästinensischen Gebieten systematisch verletzen. Nicht erstaunlich, dass manches von dem, was in den besetzten Gebieten vor sich geht, sich mit den Jahren auch in der israelischen Gesellschaft festgesetzt hat“. Zitat Ende

So bleiben traurige Aussichten für die Befreiung Palästinas, da die Regierung des „Jüdischen Staates“ diese Besatzung weiter zementieren will, und sie von einer breiten Mehrheit der jüdischen Bürger gewählt und mitgetragen wird. Immer nach demselben Muster, der markigen Sprüche und Taten von Netanjahu und Co.
„Israel müsse auf Dauer mit dem Schwert leben“.

Solange sich dieses jüdische Besatzerregime sicher sein kann, als Bollwerk im Anti-Terrorkampf hofiert zu werden, solange wird sich an dieser Besatzungspolitik nichts ändern. Angesichts der vielen Krisenherde im Nahen und mittleren Osten kann sich Netanjahu sicher sein, nicht sonderlich gestört zu werden, in seiner Politik.

Solange die heuchlerische „christlich-jüdische-Wertegemeinschaft“ nicht willens ist, daran etwas zu ändern, solange wird es keinen Frieden und keine Selbstbestimmung für Palästina geben. Es ist eine hoffnungslose Lage, die sich in Zeiten von Krieg und Flüchtlingen für das besetzte Palästina darstellt.

Haben nicht gerade wir als Deutsche eine besondere Verpflichtung, diesem Treiben ein Ende zu machen? Was ist mit den Freiheitspredigern von Gauck bis Merkel?
Freiheit ist unteilbar und gilt auch und gerade für das illegal besetzte Palästina und seine Bürger. Genug des kollektiven politischen Verdrängens!

Es hat sich nichts, aber auch nichts an meiner Einschätzung geändert:
Israel will alles, nur keinen Frieden.
Alle meine Vorhersagen haben sich bis heute in trauriger Weise bestätigt, wurden sogar noch von der Wirklichkeit übertroffen.

Lassen sie mich mit George Orwell enden:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.

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