Was wird aus meinem Frankreich? Von Alfred Grosser

Bei uns sagt niemand von einem Politiker, er habe Migrationshintergrund von Alfred Grosser
Anmerkung: Ich hätte mir nur gewünscht, mein hochverehrter Freund Alfred Grosser hätte zuerst einmal die englischen vor den russischen Hooligans erwähnt….

Wer ist denn Franzose? Es gibt eine schöne und eine unschöne Antwort. Die schöne: Bei uns sagt niemand von einem Politiker, er habe Migrationshintergrund. Unser Premier Minister Manuel Valls ist Franzose seit 1982 und hat zugleich die spanische Nationalität. Die Erziehungsministerin Najat Vallaud-Belkacem, Französin seit 1985, ist zugleich Marokkanerin, wie die Arbeitsministerin Myriam El Khomri. Die Bürgermeisterin von Paris ist Französin seit 1973, und Nicolas Sarkozy erwähnt manchmal, trotz seines Nationalismus, dass er Sohn eines ungarischen Flüchtlings ist. (Ich bin übrigens Sohn eines 1933 geflohenen Frankfurter Kinderarztes, aber voller Franzose „par naturalisation“ seit 1937). Die unschöne Antwort: Tausende junge Leute in den sogenannten Banlieues sind auch Franzosen, im allgemeinen ohne zweite Staatsbürgerschaft. Leider sind sie völlig diskriminiert durch das Schulsystem, in den Berufsaussichten, durch die Behandlung der Polizei. Da sie in ihrer französischen Identität diskriminiert werden, suchen sie eine andere. Das mag der Islam sein, der für manche die Versuchung bereithält, sich dem „Islamischen Staat“ zu unterwerfen. Dagegen anzugehen, sollte zunächst zur (kostspieligen) Verwandlung ihrer gesellschaftlichen Lage führen.

Was wird aus meinem Frankreich ?

Ein entsetzliches Attentat in Nizza. Neben der Tragik stellen sich viele Fragen. Zunächst nach einer doppelten Vergangenheit. Wie war die Stimmung kurz davor? Wie waren die Reaktionen nach den vorigen Attentaten, bei „Charlie Hebdo“ und beim Bataclan? Noch am gleichen Abend, ein großer Seufzer der Erleichterung. Frankreich war noch im Fußball vertieft.

1 Kommentar zu Was wird aus meinem Frankreich? Von Alfred Grosser

  1. Dank, liebe Evelyn, für die Zweitveröffentlichung von Professor Grossers „Innen-Einsichten“ Könnte es sein, dass es im Bildungssystem ein Irrtum ist, die säkulare (religiös unparteiische!) Natur des Staates durch das Fehlen eines religionskundlichen Unterrichts beweisen zu wollen? Wären die, wie Professor Grosser richtig sagt, die ohnehin benachteiligten Töchter und Söhne von Einwanderern aus moslemischen Ländern nicht besser gegen jede Art von Rattenfängern gewappnet, wenn Sie mehr über Religion, auch über den Islam, lernten (mit Betonung auf „lernen“, nicht eintrichtern)? Vielleicht kann Professor Grosser seine Meinung dazu sagen?

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