Welche Chancen gibt es für einen Frieden in der Ukraine* von Michael von der Schulenburg

 

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Welche Chancen gibt es für einen Frieden in der Ukraine*

Ein Artikel von Michael von der Schulenburg

Von Michael von der Schulenburg. – Ob es eine Chance für einen Frieden in der Ukraine geben wird, hängt weitgehend von den Vereinigten Staaten ab! Für die USA geht es in diesem Krieg aber um geostrategische Ziele und es werden auch nur geostrategische Überlegungen sie dazu bewegen, einer Friedenslösung mit Russland zuzustimmen. Dazu hier einige Gedanken und am Ende eine redaktionelle Nachbemerkung.

Nicht der Krieg, sondern was zum Krieg geführt hat, muss gelöst werden

Der Krieg in der Ukraine ist das Resultat eines Versuches der USA nach dem Ende des Kalten Krieges in Europa eine Sicherheitsordnung über die von ihr dominierte NATO und unter Ausschluss Russlands aufzubauen. Dabei spielten für die USA Bedenken über die Sicherheit Europas kaum eine Rolle. Es ging und geht fast ausschließlich um das geostrategische Ziel der USA, ihre nach dem Ende des Kalten Krieges gewonnene Position der allein dominierenden globalen Großmacht zu erhalten. Die Beitritte der Ukraine wie auch Georgiens zur NATO wären die Krönung dieser seit 1994 betriebenen NATO-Erweiterung nach Osten.

Über eine solche NATO-Erweiterung würden die USA Russlands gesamte Süd-Westgrenze militärisch kontrollieren und somit Russland aus dem strategisch so wichtigen Schwarzen Meer und aus seinen traditionellen Einflussbereichen in Zentralasien verdrängen können. So wäre die Atommacht Russland als unliebsamer strategischer Mitkonkurrent weitestgehend ausgeschaltet. Die USA, ein Land, das über 8.000 km von der Ukraine entfernt auf einem anderen Kontinent liegt, könnte durch vorgeschobene Militärbasen in der Ukraine Druck auf den gesamten asiatischen Raum inklusive China ausüben und die stark an Bedeutung gewonnenen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Asien und Europa beeinflussen. Die USA verfolgen somit eigene machtpolitische und keine selbstlosen humanitären Ziele in der Ukraine. Die Ukraine ist nur durch ihre strategische Lage zwischen Europa und Asien zum Kriegsschauplatz geopolitischer Interessen geworden. Bei einer Friedenslösung dürften daher auch die eigentlichen ukrainische Interessen, trotz aller öffentlicher Solidaritätsbezeugungen, nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Einen wirklichen Frieden in der Ukraine und damit auch in Europa kann es nur geben, wenn es möglich würde, eine neue, von der NATO weitestgehend unabhängige Sicherheitsstruktur in Europa zu errichten, um so, wie in der Paris Charta der OSZE von 1990 gefordert, ein gemeinsames Haus Europa ohne Trennlinien zu schaffen. Das ginge nur mit einer europäischen Sicherheitsstruktur, die Russland einschließt. Hierfür sind aber die aktuellen Aussichten ausgesprochen schlecht. Auch die Ukraine, obwohl wiederholt vom Westen vorgeschoben, kann darüber sicherlich keine selbständigen Friedensverhandlungen mit Russland führen. Sie kontrolliert keine der in diesem Krieg ausgefochten geopolitischen Interessen der Atommächte USA und Russland (und im gewissen Sinne auch Chinas). Zudem ist die Ukraine viel zu sehr von westlicher, insbesondere von amerikanischer finanzieller und militärischer Unterstützung abhängig, um eine unabhängige Position zu vertreten.

Wer kann einen Frieden mit Russland verhandeln?

Es kämen dafür nur die USA in Frage; die Europäische Union ist zu uneinig und schwach, um einen Schritt hin zu einem Verhandlungsfrieden mit Russland zu machen. Wie sehr dieser Krieg ein Krieg der USA ist, hat kürzliche erst der Besuch des Präsidenten Zelensky in Washington gezeigt; über Europa ist Zelensky einfach hinweggeflogen.

  • Die USA and der Krieg um Macht

Das geopolitische Interesse der USA an der Ukraine geht auf die Zeit nach der Auflösung des Warschauer Paktes und des Zusammenbruchs der Sowjetunion Ende 1991 zurück. Damit endete auch jeder Versuch, in Europa eine ausgleichende Sicherheitsstruktur, die auch Russland, dem nun erheblich geschwächten Nachfolgestaat der Sowjetunion, mit einzubeziehen. Die Hoffnung der Charta von Paris auf ein gemeinsames friedliches Europa war damit gestorben. Der Zusammenbruch der Sowjetunion wurde als Sieg eines überbelegenden westlichen liberal demokratischen Systems gewertet; die Welt würde sich nun in eine liberale Demokratie unter der Führung der USA verwandeln. War die USA bis dahin „nur“ die Führungsnation westlicher Demokratien gewesen, würde sie nun zur einzigen Führungsmacht der ganzen Welt werden. Dieses Ziel schien damals realistisch, da Russland ins Chaos der Jelzin Jahre versunken war und China, wie auch Indien, wirtschaftlich und militärisch keine Bedeutung hatten. Der NATO, in der Charta von Paris wird sie mit keinem Wort erwähnt, kam nun die alleinige Aufgabe zu, der militärische Mantel einer von den USA beherrschten Welt zu werden. Dabei wurde der Ukraine schon damals eine zentrale Rolle zugedacht.Weiterlesen in den nachdenkseiten.de

E-Mail: contact@michael-von-der-schulenburg.com

* Dies ist die überarbeitete Fassung eines Redebeitrags Schulenburgs auf dem Kassler Friedensratschlag am 11.12.2022.

 

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