Wenn mörderische zionistische Träume wahr werden Evelyn Hecht-Galinski

Kommentar vom Hochblauen – Hoffnungsloser Ausblick auf die Wahlen am 9. April im „Jüdischen Staat“ – ein Albtraum

 

Wenn mörderische zionistische Träume wahr werden

Von Evelyn Hecht-Galinski

 

Wenn am 9. April 2019 ein neues Parlament im „Jüdischen Staat“ gewählt wird, dann steht Palästina ein neuer Albtraum unbekannten Ausmaßes bevor. Rechts, rechter, am rechtesten – ist die Devise, denn im Bunde mit europäischen Rechtspopulisten sowie rechtsextremen Bündnispartnern hielt Netanjahu seinen Wahlkampf zum weiteren Machterhalt am Laufen und hat gute Chancen auf eine fünfte Amtsperiode – seit 2009 als Regierungschef im Amt. Es ist ein Wahlkampf der Angst – gegen Iran, Palästinenser, islamistischen Terror, Hamas, Hisbollah, so genannte „Infiltranten“, linke Medien. Das alles schafft Quote. Schlimm genug, dass sich die Mehrheit der jüdischen Bürger von Bibis Parolen und den völkerrechtswidrigen Handlungen angezogen fühlt, die ganz offensichtlich deren Weltbild entsprechen. Frieden war und ist nicht ihr Ziel und passt nicht in die erfundene Bedrohungslage, die nur mit der Parole „Sicherheit“ gekrönt wird. Dies bedeutet: Ewige Besatzung und Besiedlung, sowie Vertreibung und Transfer.

 

Erschreckende Rechtslastigkeit

 

Inzwischen hält sogar die Awoda, die Arbeitspartei unter Avi Gabbay, die Räumung von jüdischen Siedlungen im besetzten Palästina nicht mehr für notwendig und unterscheidet sich damit von keiner anderen rechten Partei. (1) Eine erschreckende Rechtslastigkeit zwischen Moshe Feiglins Zehut-Partei, der Marihuana legalisieren will und sich für den Bau des „dritten jüdischen Tempels“ auf dem Haram al-Sharif einsetzen will und den Transfer der Palästinenser befürwortet. (2)

 

Diese „Neue Rechte“, die sich nicht scheute, auch Kandidaten aufzustellen, die sich offen als Anhänger des rassistischen Rabbiners Kahane bekannten. Dessen Partei wurde nach mörderischen Terrorakten verboten. Und nur durch den Obersten Gerichtshof wurde ein Kandidat verhindert, der mit offen rassistischen Parolen hetzte und sich eigentlich nicht wirklich absetzte von anderen „Neuen Rechten“. Alles in allem eine illustre Gesellschaft zwischen ultraorthodoxer Shas-Partei, dem Vereinigten Torah-Judentum, Kulanu und Yisrael Beitenu von Ex-Kriegsminister Avigdor Lieberman.

 

Existenzrecht auf geraubtem Land hinterfragen

 

Wann also wird endlich das so genannte Existenzrecht des „Jüdischen Staates“ auf geraubtem und besetzten palästinensischen Land hinterfragt? Schließlich sind sich doch die EU und auch die deutsche Bundesregierung genau der völkerrechtswidrigen Politik bewusst, die zwar zaghaft kritisiert wurde, jedoch ohne nötige Konsequenzen daraus zu ziehen und daher folgenlos bleibt. Da kann man nicht oft genug und immer wieder die eine Frage stellen: Warum?

 

Der „Jüdische Staat“ und seine weltweit agierenden Sayanim (Israel-Lobbyisten) haben es geschafft, einen ewigen Opferstatus aufzubauen, von dem jede andere Opfergruppe nur träumen kann. Nein, auch wenn der Holocaust ein unvorstellbares deutsches Nazi-Hassverbrechen war, heiligt er nicht alle Mittel. Kein Staat hat das Recht, auch kein „jüdischer“, ein Land und ein Volk zu besetzen, als Reaktion auf ein von anderen verursachtes erlittenes Unrecht. Daher sollte sich Deutschland nach der Wahl die Frage stellen, ob es – und immer wieder mit dem Hinweis auf das „besondere“ Verhältnis – noch vertretbar ist, einen rechtsradikalen „Jüdischen Staat“ zu unterstützen. Die „deutsche Wertepolitik“ muss endlich umgesetzt werden, auch und gerade zum „Jüdischen Staat“ und unseren „besonderen“ Beziehungen. Wenn immer wieder von „christlich-jüdischen Werten“ die Rede ist, dann beruhen diese doch nur noch auf Unterstützung eines Staates, der weder das Völkerrecht noch die Menschenrechte einhält, sondern diese schamlos bricht, in der Gewissheit mit Straflosigkeit belohnt zu werden. Hier ist ein Umdenken erforderlich, egal welches Bündnis letztendlich gewinnen wird, denn für das seit Jahrzehnten besetzte Palästina kann sich nur etwas ändern, wenn man den Besatzern nachdrücklich mit Konsequenzen droht und diese dann auch zügig umgesetzt werden. Sanktionen wären ein hilfreicher und längst überfälliger Schritt.

 

Wahlprognosen sind wie Wetterprognosen, mehr als unkalkulierbar. Allerdings können wir davon ausgehen, dass es nach den Wahlen, so oder so, noch schlimmer wird als zuvor.

 

Aufstacheln als Wahlstrategie

 

Der Albtraum der Politik des Netanjahu-Regimes hat es geschafft, palästinensisch-israelische Bürger so zu frustrieren, dass wahrscheinlich deren Wahlbeteiligung 2019, im Gegensatz zu 2015, sinken wird. Er macht sich seine Medien-Politik selbst. Die Korruptionsvorwürfe gegen ihn stellt er als Verschwörung dar, wirft Teilen der Presse vor, sich an einer Hexenjagd gegen ihn zu beteiligen, sendet aus eigenem Likud TV-Studio und benutzt Social-Bots als Wahlhelfer. Aufstacheln als Wahlstrategie. (3)(4)

 

Dank der rechtsextremen Polemik des Netanjahu-Regimes, die palästinensisch-arabischen Parteien zu einer gefährlichen, die Sicherheit des „Jüdischen Staates“ gefährdenden Größe aufzubauschen, hat es die wissenschaftlich begleitete Hasbara geschafft, dass sich die so genannte „Vereinte Liste“, der Zusammenschluss von vier unterschiedlichen Parteien, von säkular nationalistisch bis zu streng religiös, vor einigen Wochen nach Streitigkeiten über Machtansprüche auseinander brach. Was konnte Israel Besseres passieren, schrieb Haaretz, als nach der Feindschaft zwischen der kollaborierenden Abbas-Palästinenserbehörde und der in Gaza regierenden Hamas eine tödliche Feindschaft aufzubauen. Diese Art der keiltreibenden Spaltpolitik ist eine der Hauptaktivitäten des Netanjahu-Regimes – meisterhaft betrieben. Nur durch die vermeintliche Schwächung der Gegner gewinnt man selbst an Stärke, so das zionistische Kalkül.

 

Wenn also 15 Prozent der palästinensischen Bürger des „Jüdischen Staates“, Muslime und Christen als Nachkommen der durch die Nakba Vertriebenen, den Wahlen fernbleiben, dann sind die rechtsextremen Parteien wieder einem Ziel näher, nämlich der Alleinherrschaft durch Ausschaltung der palästinensischen Wähler. Waren es in den vergangenen Jahren bei Wahlen noch eine große Zahl von palästinensisch-israelischen Wählern, die für die palästinensischen Parteien stimmten, immerhin konnte die „Vereinte Liste“ 2015 noch zur drittstärksten Fraktion werden – eine grandiose Leistung. Wenn diese Fraktion allerdings diesmal in zwei getrennten Gruppen antritt, also geschwächt dank geteilter Wählerstimmen, dann ist die Intrige geglückt. Bibi Netanjahu hat es geschafft, mit dem Slogan „Bibi or Tibi“ ein Feindbild gegen Ahmad Tibi, den bekanntesten palästinensischen Knesset-Abgeordneten aufzubauen, das jeder Grundlage entbehrt.

 

Wahlkampf mit ideologischen Lügen

 

Bibi wirft seinem Kontrahenten Gantz vor, ein Bündnis mit palästinensischen Parteien anzustreben, was von Benny Gantz kategorisch ausgeschlossen wurde. Schließlich ist Gantz, der frühere israelische Generalstabschef, ein „Bibi light“. Alle Warnungen von Netanjahu gegen das Gantz „Blau-Weiß“-Bündnis (hebräisch „Kachol Lavan“) und gegen Linke, die er als staatsfeindlich verunglimpft, die die Interessen der Nation verraten, sind ideologische Lügen, die er verbreitet. Nicht nur, dass Gantz und sein Bündnis jegliche Koalition mit palästinensischen Parteien ablehnt, auch eine so genannte „Zwei-Staatenlösung“ wird im Wahlprogramm nicht erwähnt, dafür will er aber den Ausbau des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus und den Anspruch auf die ewig ungeteilte Hauptstadt des „Jüdischen Staates“ tatkräftig fördern. Ganz auf der rechten patriotisch-zionistischen Welle, die allein ein Garant für jüdische Wählerstimmen ist. Schließlich würden 62,5 Prozent der jüdischen Bürger Israels ein härteres Vorgehen von Netanjahu gegen das schon seit Jahren am Boden liegende Gaza befürworten. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich dieser mörderische Ministerpräsident Netanjahu in einem Interview mit dem rechtsextremen Kampfblatt „Israel Hayom“ des US-jüdischen Zockerkönigs Adelson rühmt, eine „weise Entscheidung“ mit der Ermordung von 300 Palästinensern getroffen zu haben. (5)

 

Diese wurden ermordet durch die „moralischsten“ jüdischen „Verteidigungssoldaten“ und Scharfschützen der IDF am Zaun zum besetzten Konzentrationslager Gaza. Sein Regime hat nur ein Ziel: Abschreckung; durch Abschneiden der Verbindung zwischen dem völkerrechtswidrig blockierten Gaza und dem besetzten Westjordanland ist es dem „Jüdischen Staat“ gelungen, jegliche Einheit zu zerstören und die jüdischen Siedlungen nochmals zu stärken. So ist auch sein Wahlkampfversprechen zu verstehen, dass er keinen Siedler aus den illegal besetzten Siedlungen entfernen würde, „keinen Juden zu entwurzeln“. Nein, das Entwurzeln praktiziert das zionistische Regime seit Staatsgründung nur gegenüber den Palästinensern. Ebenso werde Netanjahu dafür sorgen, dass „wir das Gebiet westlich des Jordans kontrollieren“. Auch die endgültige Annexion der syrischen Golanhöhen, der Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem, alles ein Bruch des internationalen Völkerrechts. Allerdings scheint es, als ob das alles abgesprochen und im Einklang mit Trumps und Kushners „ultimativen“ Friedensplan zu sehen ist, den er provokant, ausgerechnet am 71. Jahrestag der Nakba, der Katastrophe des palästinensischen Volkes, vorstellen will und damit die „nächste Phase“ der palästinensischen Rechtlosigkeit ankündigt. Trump, der „beste Freund“, den Netanjahu und die Zionisten je hatten, wird sich nicht lumpen lassen und sicher einen Albtraum von weiteren unausgegorenen Überraschungen parat haben.

 

Apartheidstaat der schlimmsten Art

 

Ich frage mich allerdings, warum Russlands Präsident Putin Bibi auch noch ein Wahlkampfgeschenk machte und ihm die sterblichen Überreste eines seit 37 Jahren vermissten IDF-Soldaten übergab. So konnte sich Netanjahu noch seiner Kontakte zu wichtigen Staatsführern rühmen. Da liegt der Verdacht nahe, dass sich Trump an Netanjahu bediente, als Bote von Geheimnachrichten zwischen ihm und Putin.

 

Netanjahu hat es geschafft, trotz 18 Prozent höherer Armutsrate als in anderen Industrieländern, trotz großer Verarmung alter Rentner und Holocaustüberlebenden und trotz großer Unbeliebtheit in großen Teilen der Bevölkerung, eine erfolgreiche Wirtschaftsbilanz vorzuweisen und mit faschistoiden rechtsextremen Parolen und Bündnispartnern zu punkten, ganz im Sinne der zionistischen Staatsräson der Endlösung der Judaisierung Palästinas.

 

Der „Jüdische Staat“ ist ein undemokratischer Staat mit seinem Nationalgesetz „nur für Juden“ – ein Apartheidstaat der schlimmsten Art. (6) In diesem Sinn, mein hoffnungsloser Ausblick auf die Wahlen am 9. April im „Jüdischen Staat“, mein Albtraum – wenn mörderische zionistische Träume wahr werden. Bis nach den Wahlen, gleich vor den Wahlen.

 

 

Fußnoten:

 

(1) https://www.jungewelt.de/artikel/352426.wahlen-in-israel-die-rechte-hegemonie.html

(2) http://www.spiegel.de/politik/ausland/israel-zehut-partei-vor-der-knesset-wahl-kiffer-als-koenigsmacher-a-1261463.html

(3) https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/direkte-ansprache-israels-wahlkampf-in-den-medien,RMm32Xr

(4) https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/israel-benjamin-netanjahu-fuehrt-einen-populistischen-wahlkampf-16129540.html

(5) https://www.middleeastmonitor.com/20190406-netanyahu-killing-300-gaza-protesters-was-wise-decision/

(6) https://desertpeace.wordpress.com/2019/04/08/the-silence-of-the-lambs-assures-a-victory-for-apartheid-in-isreal/

 

 

In der Neuen Rheinischen Zeitung (NRhZ) veröffentlicht in Ausgabe 700 vom 10.04.2019 unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25795

 

 

Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom „Hochblauen“, dem 1165 m hohen „Hausberg“ im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (https://www.sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch „Das elfte Gebot: Israel darf alles“ heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten „Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik“ ausgezeichnet.

2 Kommentare zu Wenn mörderische zionistische Träume wahr werden Evelyn Hecht-Galinski

  1. Immer noch aktuell:
    Die Biographie des Viktor Klemperer von Peter Jakobs mit dem Buchtitel „Im Kern ein deutsches Gewächs“ basiert vor allem auf Klemperers umfangreichen Aufzeichnungen. Der im Jahre 1881 geborene Viktor Klemperer war ein Sproß einer wartheländischen Rabbinerfamilie, hatte sich aber vollständig vom Judentum abgekoppelt. Im ersten Weltkrieg hatte er als Kanonier mitgekämpft. Er fühlte sich als Deutscher und dem deutschen Volk zugehörig, wie wohl die Mehrzahl der deutschen Juden zu dieser Zeit. Erst durch den Nationalsozialismus wurde er ausgegrenzt und zum Juden erklärt. So schrieb er am 30. März 1933: „Phantastisches Mittelalter: Wir – die bedrohte Judenheit. Ich habe mich wahrhaftig immer als Deutscher gefühlt. Und ich habe mir eingebildet: „20. Jahrhundert und Mitteleuropa sei etwas anderes als 14. Jahrhundert und Rumänien. Irrtum.“

    Anläßlich der zunehmenden Bedrohung wurden unter den deutschen Juden die Auswanderungsinitiativen diskutiert. So heißt es auf Seite 213: „Palästina, das Land der Sehnsüchte der zionistischen Bewegung, kommt für Klemperer unter gar keinen Umständen in Betracht. Dies nicht nur, weil er die von Herzl gepflegte These, die Juden blieben ein nicht integrierbares Fremdvolk in Europa, als Zoologie ablehnt und mit Hitlers Rassenwahn vergleicht. „Mir sind die Zionisten, die an den jüdischen Staat von 70 p. C. (Zerstörung Jerusalems durch Titus) anknüpfen, genauso ekelhaft wie die Nazis.“…
    In der arabischen Oberschicht wächst der Widerstand gegen die jüdischen Einwanderer, deren zionistische Wortführer nicht Integration, sondern Vertreibung predigen.1936 wird der Norden Palästinas zum Zentrum des arabischen Aufstands. Klemperer glaubt: Wer dort hingeht, tauscht Nationalismus und Enge gegen Nationalismus und Enge aus. “Die Einengung der arabischen Lebensräume in Palästina durch die zionistische Bewegung, die um einen eigenen Staat kämpft, erscheint ihm als Kolonialisierungsakt. „Ich kann mir nicht helfen, ich sympathisiere mit den aufständischen Arabern.“
    Auf Seite 363 ist zu lesen: „Als peinlich empfindet er im Februar 1947 eine Rede des jüdischen Vorstandmitglieds Julius Myer, der vom „jüdischen Volk“ gesprochen habe,“wie man von Polen und Russen spricht.“ Damit, so meint Klemperer, isloliere man „feindselig nicht von den Nazis, sondern von Deutschland überhaupt.“
    Auch der Philosemitismus ist nicht Klemperers Sache. Davon befürchtet er nur eine Belebung des Antisemitismus. Als ihm Rita Schober den Entwurf der Laudatio schickt, worin „viel vom Sohn des Rabbiners, Judenleid etc.“ die Rede ist, reagiert er schroff: „ihm sei Philosemitismus genauso peinlich wie Antisemitismus“.

  2. Hier werden die Realitäten dokumentiert. Der überbordende Philosemitismus in den deutschen Medien, auch den sogenannten alternativen Medien ist unübersehbar. Ob er dem Land gut tut ist eine andere Frage. Meinungsfreiheit gibt es nur in sehr eingeschränktem Umfang. Es wird zensiert und unterdrückt. Wie Herr Klemperer schon ausführte, beides – Philosemitismus wie auch Antisemitismus sind nur noch peinlich. Die Ablehnung wie auch die Anbiederung ist abzulehnen. Beide zerstören Identität.

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