Wer nicht kämpft und sich nicht wehrt, hat schon verloren! Von Evelyn Hecht-Galinski

 

Kommentar vom Hochblauen

 

 

Wer nicht kämpft und sich nicht wehrt, hat schon verloren!

Von Evelyn Hecht-Galinski

Lassen sie mich zum Jahreswechsel meine ernüchternde Bilanz ziehen. So muss ich leider feststellen, dass alle meine schlimmsten Befürchtungen und Prognosen eintrafen. Wie in meinem 2012 gewählten Buchtitel „Das elfte Gebot – Israel darf alles“. Konnte es in den Jahren 2012 bis 2018 eigentlich noch eine Steigerung geben? Tatsächlich, es gab und es gibt sie. Gerade das Jahr, das so bombastische und unerträgliche „runde Festtage“ feierte, wie die Erinnerung an 70 Jahre Gründung des „Jüdischen Staates“, aufgebaut auf der Vertreibung von hunderttausenden von Palästinensern aus ihrer Heimat Palästina. Daher sollte es uns Deutschen ein besonderes Bedürfnis sein, sich für diese Vertriebenen der Nakba einzusetzen. Schließlich wissen gerade wir Deutschen, was Diktatur, Unterdrückung, Mauern und Besatzung bedeuten. Gerade 2018 war so ein furchtbares Jahr, wie es das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) für die palästinensischen Gebiete so unfassbar beschreibt.

 

2018 gab es eine Rekordzahl an palästinensischen Todesfällen (Morden!) und Verletzten. Es wurden etwa 295 Palästinenser ermordet und über 29.000 von den „moralischsten“ aller „Verteidigungssoldaten“ verletzt. Das ist die höchste(!) Zahl von Todesopfern in einem Jahr, nämlich dem vorigen. Seit es die Gaza-Blockade und die Aufzeichnungen der OCHA Dokumentationen seit 2005 gibt. Mehr als 60 Prozent der Todesopfer (Märtyrer!), 180 Palästinenser und etwa 79 Prozent der Verletzten – das sind mehr als 23.000 Opfer – sind im Zusammenhang mit den Protesten gegen die illegale Abrieglung des Gazastreifens im „Great March of Return“, also dem „Rückkehrmarsch“ zu sehen. Diese Menschen nehmen nur ihr legales Widerstandsrecht in Anspruch, was sie in tödliche Gefahr seitens der zionistischen Besatzer bringt.

 

Immer mehr Macht für das rechtsextreme Bündnis

 

Seit das Netanjahu Regime an der Macht ist, haben auch die Angriffe der judaistischen Siedler zugenommen, die sich bestärkt fühlen durch die massive Unterstützung der Regierung. Schließlich werden sie es ihnen bei den kommenden Neuwahlen danken. Durch neue Parteigründungen wie die „Neue Rechte“ von „Erziehungs-Siedlerminister“ Bennett und Justizministerin Schaked gewinnt das rechtsextreme Bündnis immer mehr an Macht. Durch das geschickte Hantieren von Netanjahu, der plant, auch noch die 3,25-Prozent-Hürde zu senken, kann er so kleinen Rechtsparteien den Einzug ins Parlament erleichtern. Ebenso meint er, damit Korruptionsprozesse vom Hals zu bekommen und das Wort „Frieden“ für immer ad acta zu legen und Jerusalem als „ewig“ ungeteilte Hauptstadt eines „Jüdischen Staates“ zu etablieren. Dank der Zersetzung einer funktionierenden Linken scheinen diese Ziele immer näher zu rücken in dem Land, wo der Rassismus blüht. So haben die „Auserwählten“ ein selbst gewähltes Regime nach ihrem Geschmack. Migration nur für Juden, während Palästinenser und asylsuchende Flüchtlinge, vornehmlich schwarze, als kriminelle Eindringlinge und Infiltranten dämonisiert werden.

 

Während sich Bibi Netanjahu und Frau Sara am Strand von Rio verwöhnen lassen und ihre schmutzige Wäsche gewaschen wird und ganz nach Wunsch blitzsauber nach den Wahlen aus der politischen Waschmaschine kommt, und deshalb der Dreck der Prozessgefahren und Anklagen in immer weitere Ferne rückt, scheint alles für die Netanjahus so gut zu laufen wie nie zuvor.

 

Das Netanjahu-Regime schafft es immer wieder unter dem Verweis auf „Sicherheit für das jüdische Volk“, die völkerrechtswidrige Besatzung und die Land-, See- und Luftblockade fortzusetzen, und behandelt die Palästinenser wie Geiseln und Gefangene im eigenen Land und lässt sie nur in Ausnahmefällen ausreisen. So gab es 35 Prozent weniger Ausreisegenehmigungen als schon im restriktiven Jahr 2017. Während also das zionistische Besatzungsregime das Konzentrationslager Gaza immer brutaler führt, sowie die illegale Besatzung der Palästinensergebiete weiter vorantreibt, in einer Brutalität, die uns endlich wachrütteln sollte, denn sie erinnert an Nazi-Methoden.

 

Vergleich mit Nazi-Methoden wird immer notwendiger

 

Schon der von mir geschätzte Dichter Erich Fried beschrieb treffend diese Vergleiche in vielen seiner politischen Gedichte. So traurig es auch ist, aber dieser Vergleich wird immer notwendiger und entspricht den traurigen Tatsachen, die sich im illegal besetzten Palästina abspielen. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass diese Vergleiche unangebracht sind und nicht gemacht werden dürfen, schon wegen unserer Vergangenheit. Ich finde das falsch, denn ein „Vergleich“ bedeutet ja keine „Gleichsetzung“, ist aber nötig, um auf die katastrophalen Zustände im illegal besetzten Palästina eindringlich hinzuweisen. Gerade aus unserer Vergangenheit heraus haben wir diese Verantwortung. Wenn der Spruch „nie wieder“ je eine Berechtigung hat, sind Vergleiche – wohlgemerkt: keine Gleichsetzung – absolut notwendig. Einem Volk, dass durch ein zionistisches Regime so brutal unterdrückt, besetzt, vertrieben und gedemütigt wird, mit Häuserzerstörungen, Sippenhaft und Entrechtung betraft wird, müssen wir endlich zur Hilfe eilen. Ein Regime, das in seiner Skrupel- und Rücksichtslosigkeit auch nicht vor Alten, Frauen, Kindern und Behinderten Halt macht und, mit lügnerischer Hasbara-Propaganda davon abzulenken und sich mit Lobby-Kampagnen davon zu befreien versucht, hat längst jede Unterstützung verspielt.

 

Freie Diskussion ist inzwischen kriminalisiert

 

Dank BDS wird die Unterstützung immer geringer, und die Menschen werden wach gerüttelt. Dank ausgeklügelter wissenschaftlich begleiteter Arbeit der Israel-Lobby, gezielt bei Regierungen und Parteien sowie Medien, wird diese immer stärker.  Beispielhaft war die journalistische ZDF „Mainzelmännchenleistung“ Weihnachtssendung mit Markus Lanz über Bethlehem, wo weder die trennende  Apartheidmauer, noch das Wort Besatzung eine Rolle spielte oder ein Wort darüber verloren wurde. Ein Fall für den Presserat!.  Ein trauriges Beispiel von so vielen und dagegen müssen wir uns wehren. Wie ist das möglich? Weil immer noch die gezielte Propaganda wirkt, die jede Diskussion, die das Wort Jude, Israel oder Holocaust betrifft, zu einem Tabu gemacht hat. Jegliche freie Diskussion ist inzwischen kriminalisiert und wird als Antisemitismus abgeblockt. Alles zum Schaden der Meinungsfreiheit. Ich schrieb schon einmal, wenn nur noch die Gedanken frei sind, dann rücken wir einem Tiefpunkt der Demokratie immer näher. Dieses Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt. Auch wenn man die vorgeschriebene offizielle Linie der Israel-Lobby nicht teilt und das aus gutem Grund. Warum verhindert es diese Lobby immer wieder, dass es zu einer Diskussion kommt? Weil die Zionisten und ihre Unterstützer nichts mehr fürchten als die Wahrheit. Da die Fakten für uns sprechen und Wahrheit mit uns ist, haben wir nichts zu befürchten.

 

Schweigen gefährdet die Demokratie

 

Die Gefahr des angstvollen Schweigens ist mehr als Demokratie gefährdend und hat schon gefährliche Ausmaße angenommen. Gleich geschaltete Staatsmedien, wie wir sie eigentlich nur aus Diktaturen kennen, werden in Deutschland immer normaler. Politiker, die nur von Lobbyisten gelenkt werden, sind die Normalität, in einem Bundestag der mehr die Interessen der Wirtschaft und Waffenindustrie vertritt, als man sich das jemals vorstellen konnte. Inzwischen scheint es, dass die Politiker ihr Augenmerk mehr darauf richten, ob sie nach ihrem Ausscheiden in der Wirtschaft unterkommen bzw. von ihren Parteien auf lukrative Posten untergebracht werden. Während bei ihnen das Versorgungsdenken im Vordergrund steht, kämpfen im vermeintlich reichen Deutschland große Teile der Bevölkerung mit niedrigem Mindestlohn und niedrigen Renten sowie Wohnungsnot ums nackte Überleben. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals auf eines der für mich wichtigsten Bücher des Jahres, “ Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts“ von Werner Rügemer, hinweisen.

 

Muslime sind die Juden von heute

 

Da konnte es ja nicht ausbleiben, dass wir den USA immer ähnlicher werden und Menschen sich immer mehr von der Politik abwenden und dann in den Fängen rechtsextremer Rattenfänger oder verrückter Dealer landen. Alles erinnert an vergangene Zeiten, allerdings unter anderen Vorzeichen. Erneut wird versucht, Menschen, diesmal Muslime und den Islam mit Hass und Vorurteilen zu überschütten. Es scheint, als ob sich ein Ventil gefunden hat, um wieder einen Schuldigen zu haben, auf den man eigene Probleme und Versagen abladen kann. Was früher einmal die Juden waren, sind heute die Muslime. Dass sich gerade so viele Juden, angespornt von der Israel-Lobby, an diesem Treiben beteiligen, ist besonders verwerflich. Es scheint wirklich, dass diese Kreise es geschafft haben, alle Völker- und Besatzungsverbrechen des „Jüdischen Staats“ mit den Diffamierungskampagnen gegen BDS und gegen Israel-Kritiker zu kompensieren und so versuchen, alles zu vertuschen.

 

Gezielter Holocaust- Missbrauch

 

So möchte ich nochmals als langjährige engagierte Kämpferin für die Freiheit Palästinas darauf hinweisen, dass es immer wichtiger wird, diesen „Jüdischen Staat“, der sich so von allen demokratischen Werten und Menschenrechten verabschiedet hat, zu kritisieren, mit allen legitimen Mitteln. Und das auch mit schärfsten Formulierungen. Ein Staat und seine jüdischen Politiker, die sich so vehement auf die Religion berufen, das Judentum und den Holocaust so gezielt missbrauchen und eine zionistische Staatsräson der Judaisierung aufgebaut haben, dürfen nicht länger unterstützt werden. Wenn das nicht auch endlich die deutsche Politik quer durch alle Parteien begreift und nicht endlich beginnt umzudenken, dann macht sie sich erneut schuldig. Man kann es nicht oft genug wiederholen.

 

Mit der Davidsterndrohne „jüdisch-christliche“ mörderische Kooperation

 

Deutschland hat nur 73 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz und nach mehr als 27 Millionen getöteten Bürgern aus der Sowjetunion die Verpflichtung, sich einzumischen, aber nicht so, wie es immer wieder von „unseren“ Politikern gewollt wird. Sie meinen nämlich, dass wir endlich wieder mitmischen können und müssen, wenn es um die angebliche Wahrung der Menschenrechte und um Terrorbekämpfung geht. Was sind das für Unwahrheiten! Deutschland tut inzwischen alles dafür, um in der Liga der Kriegsmächte und Rüstungsindustrie mit an der Spitze zu sein. Es gelingt uns immer besser, uns von der früher hochgehaltenen Maxime „von deutschem Boden darf niemals wieder ein Krieg ausgehen“ zu verabschieden. Wohin uns das bringt, sehen wir in Afghanistan, Mali und vielen anderen Kriegsschauplätzen, wo wir tatkräftig mitmischen und auch nicht davor zurückschrecken, mit Awacs-Aufklärung für die richtigen „Mord-Ziele“, vor allem Zivilisten, zu sorgen. Während es die Bundeswehr immer mehr mit psychisch kaputten Kriegsteilnehmern und Heimkehrern zu tun hat, die mit der nicht heilbaren PTBS traumatisiert heimkehren, weil sie es nicht aushalten können, was sie gesehen haben und sich mitschuldig machten, versucht die „Bundes-Ursel“ von der Leyen alles, um diese Zustände mit allen Mitteln und gekauften „Beratern“ zu vertuschen, was ihr hoffentlich demnächst einen Untersuchungsausschuss und Rücktritt bescheren wird. In der Tat hat gerade die Bundeswehr eine so enge Zusammenarbeit mit der „moralischsten aller Verteidigungsarmeen“, sowie mit der Davidsterndrohne eine „jüdisch-christliche“ mörderische Kooperation gestartet, die die schlimmsten Befürchtungen wach werden lässt.

 

Trotz allem wünsche ich allen Lesern, Unterstützern und Freunden für die Freiheit Palästinas ein gutes, gesundes, erfolgreiches und friedliches Jahr 2019. Mögen wir unseren Wünschen und Forderungen wieder ein Stück näher rücken auf dem Weg für die Freiheit Palästinas.

 

Auf ein kämpferisches neues Jahr – gemäß unserem Wahlspruch: „Wer nicht kämpft und sich nicht wehrt, hat schon verloren“. TO EXIST TO RESIST

 

Was geschieht

 

Es ist geschehen

und es geschieht nach wie vor

und wird weiter geschehen

wenn nichts dagegen geschieht.

 

Die Unschuldigen wissen von nichts,

weil sie zu unschuldig sind

und die Schuldigen wissen von nichts,

weil sie zu schuldig sind.

 

Die Armen merken es nicht,

weil sie zu arm sind

und die Reichen merken es nicht,

weil sie zu reich sind.

 

Die Dummen zucken die Achseln,

weil sie zu dumm sind

und die Klugen zucken die Achseln,

weil sie zu klug sind.

 

Die Jungen kümmert es nicht,

weil sie zu jung sind,

und die Alten kümmert es nicht,

weil sie zu alt sind.

 

Darum geschieht nichts dagegen

und darum ist nichts geschehen

und geschieht nach wie vor

und wird weiter geschehen.

 

Erich Fried

 

In der Neuen Rheinischen Zeitung (NRhZ) veröffentlicht in Ausgabe 689 vom 02.01.2019 unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25539 

 

Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom „Hochblauen“, dem 1165 m hohen „Hausberg“ im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (https://www.sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch „Das elfte Gebot: Israel darf alles“ heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten „Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik“ ausgezeichnet.

 

 

 

 

 

3 Kommentare zu Wer nicht kämpft und sich nicht wehrt, hat schon verloren! Von Evelyn Hecht-Galinski

  1. Liebe Frau Hecht Galinski.
    Einen ganz grossen Dank für Ihre klare Meinung zur Situation in Israel/Palästina und der beschämenden Haltung der deutschen Eliten und der von ihnen gesteuerten Medien.
    Auch für das Jahr 2019 wünsche ich Ihnen die Kraft, der zunehmenden Israelisierung Deutschlands zu widerstehen und weiterhin die Grundsätze von Völker- und Menschenrecht zur Basis Ihrer wertvollen Arbeit zu machen.
    Gern möchte ich Ihr – wenn auch bescheidener – Leser und Mitstreiter bleiben.
    Herzliche Grüsse Wolfgang Behr 88634 Herdwangen-Schönach

  2. von Herrn Lanz darf man doch keine kritische Berichterstattung erhoffen. Er hatte Glück, ein Pöstchen im zwwangsfinanzierten Fernsehen zu erhalten und singt jetzt eben das Lied, welches man von ihm erwartet. Wie andere dieser Günstlinge auch. Wenn man die Situation in Nahost, Palästina, Gazastreifen schildern möchte käme man nicht umhin auf die völkerrechtswidrigen Umtriebe Israels seit Jahren hinzuweisen und sie auch anzuprangern, Würde Herr Lanz dies tun, wäre er seinen gut dotierten Job los. Das wäre wohl das Letzte was er sich selbst zumuten würde. Dann schon lieber ein bisschen mit den Wölfen heulen. Wenn auch schon die Wahrheit dabei auf der Strecke bleibt. Sind ja letztlich immer nur die Anderen die davon betroffen sind, nie man selbst. Sicher bekommt er in nächster Zeit einen in diesen Kreisen inflationär gewordenen Preis dafür. Die Putzfrau wird es freuen.

  3. Wieder einmal sehe ich, wie wichtig Evelyn Hechts aufklärende Artikel sind: Obwohl ich die Nachrichten im Fernsehen verfolge, hätte ich die Zahl der im vergangenen Jahr 2018 von israelischen Soldaten (ohne Krieg) getöteten palästinensischen Menschen auf etwa 15 geschätzt. Stattdessen waren es 295! Dazu mehr als 29.000 Verletzte, die meisten davon bei waffenlosen Demonstrationen an der Mauer für das Ende der israelischen Besatzung. Erschütternd.

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