„Wir reden Tacheles“ Leserbrief von Gerd Ullmann

Ich danke Gerd Ullmann für diesen engagierten Leserbrief, zum 70jährigen Bestehen des Zentralrat, unter seinem Präsidenten Josef Schuster der mich, wie  andere kritische Juden, die für ein Ende der illegalen jüdischen Besatzung und die Freiheit Palästinas eintreten,  nicht vertritt! Was Herr Schuster alles erzählt, entspricht nicht der Wirklichkeit bei Zentralratsgründung! Als mein Vater 1954 den  Vorsitz des Zentralrat übernahm und über viele Jahre den Vorsitz führte, sowie von 1949 an, bis zu seinem Tod 1992 die Berliner Jüdische Gemeinde leitete, wollte er immer ein aktives  jüdisches Leben gestalten, was ihm auch gelang. Ihm war es nach der Auschwitz Befreiung, als deutscher Jude ein Bedürfnis gewesen, dieses Ziel zu erreichen, auch gegen den Widerstand Israels. Mit seinem Lebensmotto, „ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen“, schwieg er nicht und blieb ein Leben lang ein Unbequemer.  Wenn also Josef Schuster meinen Vater mit keinem Wort erwähnt, weil es inzwischen eine Sippenhaft gibt, die auf mich zielt und versucht Heinz Galinski totzuschweigen, so zeigt das nur Präsident Schusters Armseligkeit! War es doch mein Vater, der 1990 zusammen mit Kanzler Kohl ein Abkommen unterzeichnete, dass es tausenden von russischen Juden ermöglichte nach Berlin und Deutschland zu kommen. auch das, gegen israelischen widerstand und aus den „eigenen Reihen“.  Auch erwähnte Schuster bei seiner angeblichen Antisemitismus-Aufzählung mit keinen Wort die Brandanschläge gegen die Grabplatte des Ehrengrab meines Vaters, als Ehrenbürger der Stadt Berlin, auf dem jüdischen Friedhof in Berlin, bis heute unaufgeklärt.  Mit seiner Art der Zentralratsführung, die Kritik an den Völkerrechts und Besatzungs-Verbrechen des „jüdischen Apartheidstaats“ unterlässt, macht er sich mitschuldig. Kritik am „jüdischen Staat“ ist wichtig und nicht automatisch antisemitisch, genauso wie Antizionismus kein Antisemitismus ist. So nimmt er deutsche Juden in Mithaftung und darf sich nicht wundern, wen jüdische Bürger, die sich von dieser Art der Politik  nicht distanzieren mit Vorurteilen und kritischer Distanz begegnet wird. Mit dieser Art der Politik tut er sich und keinem nachdenkenden jüdischen Bürger einen Gefallen.  Mein Vater, Heinz Galinski bleibt unvergessen in Berlin und Deutschland, trotz des Zentralrats der Juden, an den man heute besser nicht viele Gedanken verschwendet!

Evelyn Hecht-Galinski

Gerade auf LeMO gesehen: LeMO Biografie: Heinz Galinski

Heinz Galinski war zweimal Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (1954-1963 und 1988-1992). Er überlebte die Deportation in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Nach Kriegsende bleibt Galinski in Berlin und setzt sich für den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde in Deutschland ein. Als unbequemer Mahner fordert er die Aufarbeitung von Nationalsozialismus und Judenverfolgung.

Kritik an Israel ist nicht automatisch antisemitisch

Es ist peinlich. Der Begriff Antisemitismus wurde ausgerechnet von einem Mitglied der Hamburger Bürgerschaft geprägt – dem selbst glühend antisemitischen Journalisten Wilhelm Marr (1819-1904). Dass Antisemitismus als grundlegende, hasserfüllte Ablehnung des Judentums unglaublich dumm ist, braucht wohl nicht weiter betont zu werden. Und bemüht man sich um ein wenig Tiefenschärfe, ist der Begriff selbst schon töricht.

– Heinz Galinski – mehr als ein Repräsentant der Juden in Deutschland

Mit Heinz Galinski erhielt die jüdische Präsenz im westlichen Nachkriegsdeutschland einen besonderen Vertreter. Für ihn gab es keine Kollektivschuld, keine Verantwortung der jungen Generation für das Geschehene. Aber er erwartete, dass sich auch die Nachgeborenen mit der Geschichte ihres Landes auseinandersetzten.

Einwanderer So leise wie möglich

Wolfgang Schäuble sprach von einer „schwierigen Geschichte“, die „so leise wie möglich“ zu handhaben sei. „Das hätte uns gerade noch gefehlt“, warnte der Unionsfraktionschef seine Parteifreunde: nach „der Debatte über Asylbewerber, Aussiedler, Ausländer“ eine über „die Juden“. Die Situation ist da.

Das jüdische Gewissen der Nation

Heute vor 20 Jahren starb Heinz Galinski. Als Leiter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und des Zentralrats der Juden in Deutschland gab er den deutschen Juden ein Gesicht. Mit seiner Haltung zu Israel und Rechtsextremismus machte er sich nicht nur Freunde. Seine Nachfolger müssen nun hohen Erwartungen gerecht werden.

 

Leserbrief zu „Wir reden Tacheles“ im GA vom 14. September 2020

Der Zentralratsvorsitzende der Juden  in Deutschland, Josef Schuster, sagte anläßlich des 70-jähren Bestehens des Zentralrats der Juden in Deutschland, daß die in Deutschland lebenden Juden ein Teil Deutschlands seien. Aber warum heißt es dann nicht „Zentralrat der deutschen Juden“ statt „Zentralrat der Juden in Deutschland“? Liberale Juden haben schon vor etlichen Jahren eine Umbenennung gefordert. Zu den schärfsten Kritikern des Zentralrats gehört die Tochter des früheren Zentralrats-Vorsitzenden Heinz Galinski, Evelyn Hecht-Galinski. Sie redet und schreibt wirklich Tacheles.

 

Nicht alle Juden werden vom Zentralrat vertreten. Bei dem erwähnten Streit mit der Union progressiver Juden ging es im Jahre 2013 um die Verteilung der deutschen Fördermittel, die der Zentralrat nur für sich beanspruchte.

 

Herr Schuster erwähnte auch die Rabbiner als Militärseelsorger für jüdische Bundeswehrsoldaten. Allerdings wird nicht bekannt gegeben, wie viele jüdische Bundeswehrsoldaten es gibt und wie viele davon religiös sind. Ich kann mir nicht vorstellen, daß orthodox-gläubige Juden gemeinsam mit Frauen in einer Bundeswehreinheit leben und aktiv sein könnten.

Gerd S. Ullmann

 

 

 

2 Kommentare zu „Wir reden Tacheles“ Leserbrief von Gerd Ullmann

  1. Der israelische Friedensaktivist Uri Avnery bezeichnete im Jahre 2003 in seinem Buch „Ein Leben für den Frieden – Klartexte über Israel und Palästina“: den Zentralrat der Juden als eine Filiale der israelischen Botschaft in Berlin. Und zur Kritik an Israel schrieb er: „Dürfen Deutsche Israel kritisieren? Um Himmels willen, warum denn nicht? Das Schreckliche, was Deutsche den Juden vor 60 Jahren angetan haben, hat mit der heutigen israelischen Politik nichts zu tun. Daraus den Schluß zu ziehen, Deutsche müßten schweigen, wenn sie glauben, daß wir Unrecht begehen, ist unmoralisch. Das Vermächtnis des Holocaust sollte doch sein, daß gerade Deutsche mehr als andere gegen Unrecht auftreten, ganz egal, wo es passiert. …. Deutsche, die für die Existenz Israels sind, sollten die Ersten sein, diejenigen Israelis zu unterstützen, die in Israel für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen. ….

    Stets schweigen die organisierten jüdischen Gemeinden zu der Politik der israelischen Regierung, was de facto einer Zustimmung gleichkommt. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die israelischen Botschaften wirken bei den Wahlen stark in die Gemeinden hinein. ….
    Der Zentralrat der Juden ist leider eine Filiale der israelischen Botschaft in Berlin.

    Kein Mensch auf der Welt braucht zwischen Israel und Palästina zu wählen. Die wahren Interessen Israels und Palästinas stehen nicht im Widerspruch, denn beide Völker brauchen Frieden. …. Wer Israel in diesem Sinne, aus dieser Gesinnung heraus, kritisiert, tut eine gute Tat.“ (Seiten 232 – 235)

  2. Schusters selektive Erinnerung an ehemalige Vorsitzende des ZdJiD spricht Bände, aber jenen, der jüdisches Leben in der Nachkriegs-Bundesrepublik und in Berlin überhaupt ermöglichte, Heinz Galinsksi, zeigt die ganze Erbärmlichkeit des Rettungsarztes aus Würzburg.

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