Wir „warten“ nicht auf die Welle! Rote Fahne News

 

 

Wir „warten“ nicht auf die Welle!

Die Bereitschaft, sich neuen Herausforderungen zu stellen und höhere Verantwortung zu übernehmen, ist unter unseren Kolleginnen und Kollegen riesengroß. Allein auf den Aufruf einer Klinik meldeten sich innerhalb weniger Tage über 100 ehemalige Mitarbeiter, um zu helfen. Kolleginnen in der „Peripherie“ werden gefragt, ob sie bereit wären, im Intensivbereich oder anderen Bereichen zu arbeiten.

 

 

Intensivmedizin

Wir „warten“ nicht auf die Welle!

Zu Recht sind viele Kliniken gerade dabei, zusätzliche Kapazitäten für die intensivmedizinische und nicht-intensivmedizinische Betreuung von Covid-19-Kranken zu schaffen. So werden in unseren Kliniken Gebäudeteile freigeräumt und zu Pandemie-Arealen gemacht.

Von Korrespondentinnen (Ruhrgebiet, Norddeutschland)
Wir „warten" nicht auf die Welle!
Patient(inn)en, die Beatmung benötigen. Foto: Chaikom – shutterstock_342951872

Die Bereitschaft, sich neuen Herausforderungen zu stellen und höhere Verantwortung zu übernehmen, ist unter unseren Kolleginnen und Kollegen riesengroß. Allein auf den Aufruf einer Klinik meldeten sich innerhalb weniger Tage über 100 ehemalige Mitarbeiter, um zu helfen. Kolleginnen in der „Peripherie“ werden gefragt, ob sie bereit wären, im Intensivbereich oder anderen Bereichen zu arbeiten. OP-Personal wird durch Reduzierung des OP-Programms frei und auf Stationen eingesetzt.

Schon vorher fehlten 3.000 Spezialpflegekräfte

Leider trifft diese Bereitschaft zur Hilfe und Solidarität auf ein Gesundheitssystem im Krisenzustand. Auf deutschen Intensivstationen fehlten bereits vor der Corona-Krise mehr als 3.000 Spezialpflegekräfte, mit der Verdoppelung der Betten auf 56.000 werden es also 6000. Natürlich kann man beatmete Patienten, die nicht wegen Corona auf der Intensivstation liegen, jetzt nicht entlassen. Sie müssen also weiter behandelt werden. Statt in enger Verbindung mit allen Kliniken und besonders mit dem Fachpersonal das Krisenmanagement nun zu koordinieren, wird fast überall die bisherige Unterversorgung der Patienten mit Hilfe ehemaliger Fachkräfte kompensiert.

 

Eine Intensivstation mit Beatmung und komplexer Behandlung gleicht einer hoch entwickelten Fabrik. Alles ist digitalisiert, alles ändert sich rasant. Hier kann niemand einfach einsteigen, der dazu nicht ausgebildet ist. Innerhalb einer Woche wird auch aus der motiviertesten Krankenschwester keine Intensivschwester.

Deshalb sind unsere Forderungen:

Die ohnehin wenigen Intensiv-Pfleger und -Pflegerinnen müssen sich konzentrieren auf die komplexe Anforderung der Beatmung von Patienten. Alle anderen Maßnahmen müssen generalstabsmäßig verteilt werden. Zum Beispiel sollten gut ausgebildete Krankenpfleger die ganze Infusionstherapie übernehmen; Ärzte die aufwändige und zeitintensive Dokumentation, Praktikanten aus dem Rettungsdienst und Rettungssanitäter könnten „fließbandmäßig“ Laboruntersuchungen und Botengänge machen. Teams von Physiotherapeuten oder aus geriatrischen Bereichen die Lagerung der Nicht-Corona Patienten übernehmen.

  • Lückenlose Information und ständige Weiterbildung in den besonderen Anforderungen der Pflege der an Corona erkrankten Patienten.
  • Bessere Koordination der Aufgabenbereiche der verschiedenen Berufsgruppen (Ärzte, Pflege, Reinigungspersonal), um das Betreten der Isolierzimmer und den Kontakt zu Corona-Patienten auf das Notwendige zu minimieren und Ressourcen zu schonen.
  • Sofortige Umstellung der Arbeitszeit, vorrangig des Intensiv-Pflegepersonals. Keine Schichten länger als vier Stunden bei Corona-Intensivpatienten und sechs Stunden auf der Intensivstation.
  • Kein Schichtturn länger als fünf Tage, bei Nachtschicht drei Tage. Einführung einer vierten und fünften Schicht.
  • Vermeiden von häufigem Wechsel des Einsatzortes des ärztlichen und Pflegepersonals (z.B. von Corona-Stationen zurück in den OP), um die Verbreitung des Virus einzudämmen.
  • Besonderer Schutz der Jugend! Verschiebung des Ausbildungsbeginns vom 1. April auf 1. August. Kein Einsatz von Unter-Kursschülern in den Praktikantenstatus.
  • Corona-Test für medizinisches Personal, mindestens nach Kontakt mit Infizierten, statt weiterarbeiten, bis Symptome auftreten (und dann ohne Test nachhause zur Familie geschickt zu werden)!

Wenn die Bedingungen stimmten, kämen viele in den Pflegeberuf zurück

Wir wollen, dass sich Jugendliche eine Ausbildung und ihr weiteres Berufsleben in diesem schönen Beruf zutrauen und nicht schon am Anfang „verheizt“ und abgeschreckt werden. Laut Untersuchungen von unserer Gewerkschaft ver.di sagt fast die Hälfte der ausgebildeten Pflegekräfte, dass sie wieder in ihren Beruf zurückkehren würden, wenn die Bedingungen stimmen! Das wären hochgerechnet in Deutschland zwischen 100.000 und 120.000 ausgebildete Pflegekräfte.

Unzählige Fragen aufgeworfen

In täglichen Diskussionen auf den Stationen werden unzählige Fragen aufgeworfen: Wer von den Maßnahmen von Gesundheitsminister Spahn, für jedes nicht belegte Krankenhausbett eine Pauschale von 560 € pro Tag und Patient profitiert; über das Sofortprogramm der MLPD, das die Kolleginnen und Kollegen hinterm Scheibenwischer am Auto fanden, bis hin zur gesellschaftlichen Alternative im Sozialismus, wo nicht der Profit, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht!

 

Mehr Kolleginnen organisieren sich in der Gewerkschaft, und wir überlegen und kämpfen gemeinsam auf den Stationen um genügend Schutzkleidung und gegen die Abwälzung des Krisen-Chaos auf unsere Rücken! All das sind Forderungen, die gestellt und gemeinsam durchgekämpft werden müssen. Deshalb kritisieren wir auch die voreilige und ersatzlose Streichung des 1. Mai durch den DGB.

 

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