Zu Ehren von Heimatminister a.D. Horst Seehofer Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Kultur und Wissen
Dr. Yavuz Özoguz: Der Islam gehört zu Deutschland
Zu Ehren von Heimatminister a.D. Horst Seehofer
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Der kürzlich erschienene Bildband „Der Islam gehört zu Deutschland“ ist ausgerechnet zu Ehren desjenigen erschienen, der gesagt hat: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Das Buch ist bezeichnet als „Gedenkband zu Ehren von Heimatminister a. D. Horst Seehofer“ – wohl in der Absicht, ihn und alle anderen, die dieser Auffassung anhängen, deutlich zu machen, welchen – geringen – Wahrheitsgehalt diese Äußerung hat. Yavuz Özoguz dazu: „Die Debatte um die Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland oder Österreich entbehrt jeder historischen Grundlage, verteilen sich doch zahlreiche jahrhundertealte Spuren der Muslime über die Staatsgebiete beider Bundesrepubliken. Der Islam gehört nicht bloß zu beiden Ländern, sondern ist fester Bestandteil ihrer Geschichte. Muslime der letzten Jahrhunderte prägten Wissenschaft und Philosophie, Literatur und Lyrik, Kunst und Kultur, Kirchen und Grabstätten, begründeten gar deutsche bis dato fortbestehende Adelsgeschlechter. Dutzende Museen und Andachtsorte in etlichen Städten und Orten beider Länder zeugen von dieser islamischen Prägung.“

Und im Vorwort des Buches schreibt Yavuz Özoguz: „Die Spuren einer Kultur lassen sich auch in anderen Kulturen wiederfinden, mit denen sie in Kontakt getreten ist. Entsprechend gibt es in Deutschland und Österreich sehr viele historische Spuren der islamischen Kultur. Teilweise sind sie direkt zu erkennen, wie das einsame Grab eines muslimischen Soldaten, der Deutschland im Kampf gegen Napoleon zur Hilfe geeilt war und hier verstarb. Teilweise sind sie aber sehr kurios, wie das Kirchengewand aus mamlukischer Seide auf dem ‚Ruhm unserem Herrn, dem Sultan‘ eingestickt steht. Im Rahmen meiner vielen Dienstreisen habe ich es mir nicht nehmen lassen, auf den Rückfahrten potentielle Fundorte aufzusuchen, um diese Sammlung zusammenzustellen. Einige der dargestellten Fundstücke lassen sich auch in anderen Sammlungen finden. Ich hoffe aber, manche jenen Sammlungen hinzufügen zu können. Die Fotos stammen nicht von Profis, sondern wurden während der Reisen aufgenommen als Anregung für den Leser, die Qualität zu übertreffen. Ziel der Darstellung ist es, die Nähe der Völker und Kulturen nicht nur zu dokumentieren, sondern auch zu fördern, um dem Zeitgeist des ‚teile und herrsche‘ entgegenzutreten. Ich hoffe damit zu einer lehrreichen Unterhaltung beizutragen und auch Anregungen zu eigenen Besuchen der Fundorte zu geben.“

Es folgen zwei dem Buch entnommene Beispiele islamischer Kultur aus Dresden.


Türckische Cammer ohne Rechtschreibfehler
Staatliche Kunstsammlung in Dresden

Türckische Cammer
Residenzschloss
Taschenberg 2
01067 Dresden

Die sogenannte Türckische Cammer wird tatsächlich so geschrieben mit Verweis auf die Geschichte. Sie ist ein Bestandteil der Staatlichen Kunstsammlung in Dresden und zählt zu den ältesten und weltweit bedeutendsten Sammlungen der Kunst der Osmanen außerhalb der Türkei.


Sattel und Reitzeug der Osmanen. Von Johann Georg Spiegel im 18. Jh. erworben.

Sie beruht auf Sammlungen sächsischer Kurfürsten vom 16. bis zum 19. Jh., die unter anderem Schätze der sogenannten Türkenmode zusammengetragen haben. Die Ausstellung befindet sich im Residenzschloss in Dresden. Zu den Ausstellungsstücken zählen Sammlungen von Waffen, Kleidung, osmanisches Reitzeug und weitere Objekte. Aufgrund des hohen Alters der Sammlung und Ausstellung wurde die alte Schreibweise der Türckischen Cammer beibehalten.

Als weltweit einmalig gilt eine Gruppe osmanischer Reflexbögen mit Originalbespannung, deren ältestes Exemplar aus dem Jahr 1586 stammt. Insgesamt werden mehr als 600 Objekte auf 750 Quadratmetern ausgestellt. Zu den wertvollsten Ausstellungsstücken gehört außerdem ein 20 Meter langes, 8 Meter breites und 6 Meter hohes osmanisches Dreimastzelt.


Eingang zur Türckischen Cammer


Residenzschloss

Moschee-Wahrzeichen der sächsischen Hauptstadt
Zigarettenfabrik Yenidze in Dresden

Yenidze
Weißeritzstraße 3
01067 Dresden

Hat die sächsische Hauptstadt Dresden eine Moschee als Wahrzeichen? Ganz so kurios ist es nicht. Yenidze (türk. Yenice, dt. „ziemlich neu“) ist ein ehemaliges Fabrikgebäude der gleichnamigen Zigarettenfabrik in Dresden, nahe der Marienbrücke. Das Gebäude gehört zweifelsohne zu den architektonischen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Es sieht aus wie eine Moschee, hat Kuppel und Minarette und ist doch keine Moschee. Das von 1908 bis 1912 im Stil einer Moschee errichtete Bauwerk hat eine Gesamthöhe von 62 Metern und überragt damit alle Moscheen in Deutschland. Es verfügt über 600 Fenster und wird heute als Bürogebäude genutzt.

Der Unternehmer Hugo Zietz importierte den Tabak für seine Zigaretten aus dem Anbaugebiet von Yenidze, einem Ort im heutigen Griechenland, bei dem es sich entweder um Giannitsa in der Provinz Makedonien oder um Genisea bei Xanthi in Thrakien handelt, die beide zur damaligen Zeit noch unter osmanischer Herrschaft standen. Anfang des 20. Jhs. bestand in Dresden die bauliche Vorschrift, im Zentrum kein Gebäude zu errichten, das als Fabrik erkennbar war. Deswegen errichtete Zietz unweit der Dresdener Innenstadt ein Gebäude, das einerseits der Forderung entsprach und andererseits einen einprägsamen Werbeeffekt hatte. So entstand die Orientalische Tabak- und Zigarettenfabrik mit dem Namen „Yenidze“.


Bei Nacht beleuchtete Kuppel von Yenidze

Das Gebäude besitzt eine farbig verglaste 20 Meter hohe Kuppel mit einem Durchmesser von 17 Metern, womit sie zu den prächtigsten Moscheen in Europa gehören könnte. Der Clou des Bauwerks ist ein als Minarett getarnter Schornstein, so dass das Gebäude von außen wie eine Moschee wirkt. Dieses Erscheinungsbild prägte den umgangssprachlichen Namen Tabakmoschee. Im für seine historischen, vor allem barocken Bauten berühmten Dresden traf der Neubau im Stil einer völlig fremden Kultur zunächst auf heftige Ablehnung, aber gleichzeitig erfüllte das Gebäude seinen Werbezweck.

Die Tabakfabrik Yenidze gehörte nur bis 1924 Hugo Zietz, danach wurde sie an das Unternehmen Reemtsma verkauft. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude stark beschädigt. Nach Gründung der DDR wurde die Fabrik enteignet. Ab 1953 war im Gebäude das VEB Tabakkontor untergebracht, das die Zigarettenfabriken der DDR mit Rohmaterial versorgte. Als außergewöhnliches Baudenkmal wurde es 1996 nach der Wiedervereinigung für etwa 75 Millionen DM umfassend saniert und wird seitdem als Bürogebäude genutzt. Unter der Kuppel ist ein Veranstaltungssaal, der oft für Lesungen genutzt wird. Unmittelbar darunter gibt es ein Kuppelrestaurant.

Dr. Yavuz Özoguz: „Der Islam gehört zu Deutschland – Historische Spuren der Muslime in Deutschland und Österreich“

Hardcover mit Farbbildern, 141 Seiten, 17 x 24 cm, Bremen 2019, ISBN 978-3-946179-15-3, für 19 Euro inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten zu bestellen bei eslamica.de

Online-Flyer Nr. 689  vom 02.01.2019
     

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