72% der Palästinahilfe landet am Ende bei Israel

Von Kit O’Connell, MintPress News, 14. März 2016, deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V.

Dem Verfasser des Berichtes zufolge wirft dieser gewaltige „moralische Fragen“ auf, die darauf hinweisen, dass die Menschen, die für Palästina spenden, unwissentlich zu Komplizen der israelischen Verbrechen werden.

RAMALLAH — Die finanzielle Unterstützung für Palästina kommt am Ende der israelischen Wirtschaft zugute und könnte sogar die Verewigung der Besatzung fördern, diese die Schlussfolgerung einer im letzten Jahr veröffentlichten Studie.

Die im September 2015 veröffentlichte Studie von Shir Hever von Aid Watch Palestine, einer palästinensischen NRO, die die ausländischen Spenden untersucht, weist darauf hin, dass mindestens 72 Prozent der ausländischen Spenden schließlich in israelische Hände gelangen.

Die palästinensische Wirtschaft ist von der ausländischen Entwicklungshilfe abhängig, obwohl ausländische Länder oft mehr versprechen als sie dann auch wirklich geben. Die Weltbank berichtete, dass von den $3,5 Milliarden, die 2015 Palästina versprochen wurden, im September nur „35 Prozent tatsächlich geschickt wurden, somit $881 Millionen weniger als vorausgesehen“.

Trotz der nachhaltigen Unterstützung über zwei Jahrzehnte wurde der Besatzung kein Ende bereitet. Und die Palästinenser sind in ihrem Land immer noch nicht souverän“, bemerkte Hever im Bericht. „Hier stellt sich vor allem die Frage, ob die Hilfe wirklich was bringt oder nicht eher schadet.“

Mehr als eine langfristige Unterstützung zu bieten, weist der Bericht darauf hin, dass der Großteil der Spenden „umgeleitet“ und somit wegen der „Steuern, Transportkosten, usw.“ nie ans Ziel kommt oder „subvertiert“ wird. Dies heißt wiederum, dass, obwohl die Mittel in die Hände der Palästinensischen Autonomiebehörde gelangen, dann so ausgegeben werden, dass sie letzten Endes Israel zugutekommen, beispielsweise durch den Erwerb israelischer Güter, um Reparaturarbeiten zu finanzieren und die Infrastruktur wieder aufzubauen.

In einer E-Mail teilte Hever am letzten Dienstag MintPress News mit, dass er nicht das Ziel verfolgte, Spenderländer dazu aufzurufen, ihre Unterstützung an Palästina einzustellen. Der Bericht verfolgte wohl eher das Ziel, die Leser „darauf aufmerksam zu machen, die Hilfe von der Politik zu trennen“. Die Spender müssen „Verantwortung für ihre Projekte“ übernehmen und über wie das Geld ausgegeben wird.

Ich glaube, wir sollten alle auf die Bewegung der Freedom Flotilla sehen, die Hilfe nach Gaza schickt und sich dabei an die Anforderungen der Bevölkerung vor Ort richtet, ohne über den israelischen Zoll zu gehen, ohne israelische Währung zu verwenden und, was noch wichtiger ist, indem sie eine starke und klare politische Botschaft sendet“, meinte er. „Die großen Hilfsorganisationen können natürlich nicht dieselben Methoden der Freedom Flotilla anwenden, aber sie können von dieser Bewegung sehr viel lernen.“

Im Bericht gab Hever zu, dass es keine Zahlen über die Menge der umgeleiteten oder subvertierten Hilfsmittel gibt. So erarbeitete der Verfasser seine eigene Schätzung, indem er die israelische und palästinensische Wirtschaft miteinander verglich.

Das anhaltende Handelsungleichgewicht zwischen Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten ist ein Beweis für die wirtschaftliche Abhängigkeit der Palästinenser von der israelischen Wirtschaft und stellt vor ein wirtschaftliches Rätsel“, schrieb er. Nach der Beseitigung der typischen Ursachen des Handelsungleichgewichtes, wie Schulden oder ausländisches Investment, kommt Hever zum folgenden Schluss:

Die hier geäußerte Argumentation sagt aus, dass die internationale Hilfe zu Beginn der Finanzierung des Handels- und Zahlungsbilanzendefizits darstellt. Somit ermöglich die Hilfe ein wesentliches Handelsungleichgewicht, das sei es die palästinensische als auch die israelische Wirtschaft wesentlich beeinflusst.“

Infolge der jahrelangen Angriffe gegen die palästinensische Infrastruktur und der andauernden Blockade wesentlicher Werkzeuge und Materialien, so Hever, „sind zahlreiche Güter und Dienstleistungen, die für die Hilfsprojekte erforderlich sind, auf dem palästinensischen Markt einfach nicht auffindbar, was wiederum bedeutet, dass man sich diese von den israelischen Unternehmen beschaffen muss“, was zur Subversion wesentlicher Mengen von Spendengeldern führt.

Da die ausländische Hilfe Palästina in einen „effizienten Exportbereich für die israelische Wirtschaft verwandelt“, geht Hever davon aus, dass die finanzielle Unterstützung am Ende die Besatzung Palästinas verlängern könnte. „Die internationalen Hilfsbemühungen verstärken somit die israelische Wirtschaft und subventionieren die israelische Regierung, um wiederum die Besatzung zu finanzieren.“

In einer Antwort vom Oktober 2015 auf den Bericht von Hever, der auch von Aid Watch Palestine, veröffentlicht wurde, riet Peter Falk, ein Experte für internationales Recht, der auch sehr viel über Palästina geschrieben hat, an: „Die Spender sollten dazu aufgefordert werden, aufmerksamer zu arbeiten und sich dieser Umstände bewusster zu werden.“

Die Vorteile der Hilfe an eine bedürftige Bevölkerung muss aufmerksam gegen die Art und Weise abgewogen werden, auf die sie im Endeffekt auch Israel unterstützt, meinte er und fügte hinzu, dass der „Druck, der in den Medien gegen die israelischen Handlungsweisen ausgeübt wird“, auch den Palästinensern zugutekommen könnte.

Hever stellt in seinem Bericht dennoch die Frage: „Würde die israelische Regierung bei fehlenden Spenden die Besatzung beenden? Oder würde sie gleichgültig auf eine humanitäre Massenkatastrophe blicken, die Tausenden von Palästinensern das Leben kosten würde?“

Und er betonte, wie seine Analyse den Spendern eine große moralische Verantwortung auferlegt:

Sie sind nicht selbst die Besatzer Palästinas… Aber das jahrzehntelange Hinnehmen israelischer Forderungen und Bedingungen über die Auszahlung der Hilfen haben sie zu Mittätern der israelischen Verbrechen gemacht.“

Um den vollständigen englischen Bericht zu lesen, klicken Sie auf diesen Link: How Much International Aid to Palestinians Ends Up in the Israeli Economy


Photo by 401(K) 2013

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