Baerbock contra Wagenknecht & Weidel: Heißer Herbst mit Querfront in Deutschland? Von Thorsten Schulte

 

https://www.nachdenkseiten.de/?p=87700

Wie kann es „rechts“ sein, sich für den Frieden einzusetzen?

Von Jens Berger

  1. September 2022

Für die Linkspartei ist der Herbst zur Daseinsfrage geworden. Findet der „heiße Herbst“ auf den Straßen ohne sie statt, wird sie endgültig in der Bedeutungslosigkeit versinken. Man muss also mobilisieren. Andererseits ist die Straße der Partei nicht geheuer. Dort ist das Volk und das ist bekanntlich nicht so ideologisch gefestigt wie die akademischen Parteikader, die vorgeben, für das Volk zu denken und zu sprechen. Man will sich klar von allem distanzieren, das über die sozio-ökonomischen Fragen hinausgeht und die Sanktionspolitik oder gar die Unterstützung der Ukraine infrage stellt. Denn das sei, so die linke Rhetorik, ein „Kapitulationskurs gegenüber Putin“. Wer so denkt, sei rechts oder schlimmer noch ein „Wagenknecht“. Man steht im Grunde hinter der Regierung und deren Zielsetzung und grenzt sich klar ab. Wer anderer Meinung ist, ist – auch so ein schönes neues Wort – ein „Putinist“. Und die haben auf Demos der Linkspartei nichts verloren. Linke Proteste, bei denen der Wunsch nach Frieden ein Tabu ist? Dann ist die Daseinsfrage der Partei wohl beantwortet. Ein Kommentar von Jens Berger. Weiterlesen in den nachdenkseiten.de

 

Baerbock contra Wagenknecht & Weidel: Heißer Herbst mit Querfront in Deutschland?

Die Bundesregierung will mit aller Macht ihren irrationalen Kurs in Sachen Russlandsanktionen und Energiepolitik durchdrücken, wie zuletzt Außenministerin Baerbock erneut erkennen ließ. Doch die absehbaren sozialen Verwerfungen rufen Protest hervor und allerorten wird bereits von einem bevorstehenden „heißen Herbst“ gesprochen. Erleben wir gerade das Entstehen einer Querfront?

 

Baerbock contra Wagenknecht & Weidel: Heißer Herbst mit Querfront in

Deutschland?

Von Thorsten Schulte

Die Bundesregierung will mit aller Macht ihren irrationalen Kurs in Sachen Russlandsanktionen und Energiepolitik durchdrücken, wie zuletzt Außenministerin Baerbock erneut erkennen ließ. Doch die absehbaren sozialen Verwerfungen rufen Protest hervor und allerorten wird bereits von einem bevorstehenden „heißen Herbst“ gesprochen. Erleben wir gerade das Entstehen einer Querfront?
Baerbock contra Wagenknecht & Weidel: Heißer Herbst mit Querfront in Deutschland?Quelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de

 

Deutschland steht vor unruhigen Zeiten, aber dazu später mehr. Sahra Wagenknecht von der Linken twitterte klar und deutlich gegen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock:

„Eine Außenministerin, die erklärtermaßen nicht die Interessen der deutschen Wähler, sondern der Ukraine vertritt und im Interesse der US-Regierung Verhandlungen zur Kriegsbeendigung ablehnt, ist nicht nur eine eklatante Fehlbesetzung, sondern eine Gefahr für unser Land.“

Wie wahr, liebe Frau Wagenknecht. AfD-Chefin Alice Weidel äußerte in einem Tweet ihre Kritik nur mit anderen Worten:

„Der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock ist es egal, was die Bürger in Deutschland denken, die Ukraine steht bei ihr an erster Stelle. Sage nicht ich, sondern sie selbst. Und gibt damit zu, dass die Ampel ganz bewusst gegen die Menschen in unserem Land arbeitet.“

Wer will Frau Weidel da widersprechen? Kaum ein Deutscher dürfte von der verbalen Entgleisung Baerbocks noch nichts gehört haben. Wiederholen wir dennoch kurz ihre Worte:

„Aber wenn ich den Menschen in der Ukraine das Versprechen gebe: ‚Wir stehen zu euch, solange ihr uns braucht‘, dann möchte ich liefern. Ganz gleich, was meine deutschen Wähler denken, aber ich möchte dem ukrainischen Volk helfen.“

Und etwas später fügte sie hinzu:

„Wir stehen jetzt vor der Winterzeit, wo wir als demokratische Politiker gefordert sein werden. Die Menschen werden auf die Straße gehen und sagen: ‚Wir können unsere Energiepreise nicht bezahlen.‘. Und ich werde sagen: ‚Ja, ich weiß, deshalb helfen wir Ihnen mit sozialen Maßnahmen.‘. Aber ich will nicht sagen: Okay, dann stoppen wir die Sanktionen gegen Russland.“

Was Baerbocks deutsche Wähler denken, interessiert niemanden. So offen und deutlich hat bislang keiner das Ignorieren der Wählerinteressen in Deutschland durch die Regierung auf den Punkt gebracht. Im April dieses Jahres titelte die Berliner Zeitung jedoch über den Kanzler: „Olaf Scholz im Time Magazine: Man darf das Volk nicht zu ernst nehmen.“ Diese politische Führung in Berlin beschreibt wenigstens ehrlich, wem sie nicht dient: Uns.

In Prag gingen am Wochenende 100.000 Menschen auf die Straße: „Wir holen uns unser Land zurück!“ Ein Demonstrant sagte im Interview: „Tschechien kein Sklave von Brüssel, Berlin und Washington.“ In Tschechien geschieht, was in Deutschland nur noch eine Frage der Zeit ist.

In Prag gingen alle zusammen auf die Straße. Sahra Wagenknecht, die bei der Impffreiheit und jetzt bei der Kritik an der Nato-Propaganda und der Anti-Russland-Hetze die führende Rolle bei den Linken eingenommen hat, wurde für die 1. Montagsdemo der Linken in Leipzig am 5. September erst ein- und dann wieder ausgeladen. In allen Parteien herrschen Intrigen und Missgunst. Wagenknecht hat über 600.000 Follower allein auf Twitter und ist eine Ikone der Linken. Neid muss man sich bekanntlich verdienen, Mitleid bekommt man geschenkt.

Wagenknecht zitierte letztes Jahr in ihrem Spiegel-Bestseller „Die Selbstgerechten“ den Gründer des Weltwirtschaftsforums in Davos, Klaus Schwab:

„Die souveränen Staaten sind überflüssig geworden.“

Die Politikerin Wagenknecht geht auf Gegenkurs zu Schwab und kann damit Brücken bauen in unserem Land. Sie schreibt:

„Wer stattdessen daran mitwirkt, nationale Identitäten und die Sehnsucht nach Stabilität, Vertrautheit und Zusammenhalt moralisch zu diskreditieren, zerstört die gesellschaftliche Basis für eine Politik, die Märkte und Ungleichheit in Grenzen halten kann.“

(„Die Selbstgerechten“, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2021, Seite 226)

Und sie schreibt dann etwas später:

„Die Nationalstaaten sind allerdings auch die einzige Instanz, die gegenwärtig in nennenswertem Umfang Marktergebnisse korrigiert, Einkommen umverteilt und soziale Absicherungen bereitstellt.“

(Die Selbstgerechten“, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2021, Seite 230)

Will jemand widersprechen? Supranationale Organisationen sind in Verbindung mit supranationalen Konzernen der Tod für die Demokratie. In letzter Konsequenz sind sie das Grab der Bürgerrechte und unserer Freiheit, ganz im Geiste der Worte des großen Liberalen Ralf Dahrendorf:

„Wer den Nationalstaat aufgibt, verliert damit die bisher einzige effektive Garantie seiner Grundrechte. Wer heute den Nationalstaat für entbehrlich hält, erklärt damit – sei es auch noch so unabsichtlich – die Bürgerrechte für entbehrlich.“

(„Fremdbestimmt“, Fußnote 881: Ralf Dahrendorf: „Die Sache mit der Nation“ in Jeismann, Michael/Ritter, Henning (Herausgeber): „Grenzfälle“, Seite 106)

Wagenknecht spricht sich für Volksentscheide aus, „denn dass die Parteien die Fähigkeit zurückgewinnen, in ähnlicher Weise als Hebel demokratischer Willensbildung zu funktionieren, wie sie das in ihren besten Zeiten als aktive Mitgliederparteien mit Massenbasis konnten, ist aus vielen Gründen unwahrscheinlich“ („Die Selbstgerechten“, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2021, Seite 266).

Klare Worte einer klugen Frau. Viele im Land erkennen, dass Politiker wie Scholz, Habeck und Baerbock die Zukunft Deutschlands gefährden. Aber da die Berliner Regierung weiß, dass sie dem eigenen Wahlvolk nicht dient, will sie es auch nicht über Volksabstimmungen – wie Wagenknecht oder die AfD – selbst entscheiden lassen. Dabei heißt es in Artikel 20, Absatz 2 unseres Grundgesetzes:

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

Selbst das Grundgesetz spricht von Wahlen und Abstimmungen. Dennoch gab es auf nationaler Ebene seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland keine einzige Abstimmung. Die Politiker haben Angst vor dem Volk. Dabei sollten wir alle mehr Angst vor dieser Regierung haben und den Folgen ihrer Politik.

Das Vertrauen in den Staat sinkt jedenfalls nach einer aktuellen Umfrage auf ein historisches Tief. Nur noch 29 Prozent der Befragten sind der Meinung, der Staat sei handlungsfähig und könne seine Aufgaben erfüllen. Am 19. Juli meldete Bild gestützt auf eine INSA-Umfrage: Während die Hälfte (50 Prozent) der Befragten nicht an einer Demonstration gegen die hohen Energiepreise teilnehmen würden, würden 44 Prozent der Befragten hingegen an einer solchen Demonstration teilnehmen. 22 Prozent würden sicher teilnehmen und 21 Prozent wahrscheinlich. Wähler der FDP würden mit 50 Prozent, der Linken mit 60 Prozent und der AfD mit 72 Prozent mehrheitlich teilnehmen.

Ende 2020 ergaben Umfragen, dass nur zwischen 10 und 14 Prozent der Bürger sich an Demonstrationen gegen die Pandemie-Politik der deutschen Regierung beteiligen würden, und 44 Prozent heute gegen die Energiepolitik und die Russlandsanktionen der Regierung statt 10 bis 14 Prozent Ende 2020. Dieser Vergleich erklärt die Angst der Regierenden in Berlin, die jeden zukünftigen Demonstranten zum Extremisten stempeln wollen. Wagenknecht und Weidel haben Baerbock die Rote Karte gezeigt. Zeichnet sich eine Querfront ab zwischen Linken und Rechten? Weidels Co-Vorsitzender Chrupalla sagte kürzlich:

„Wir haben es nicht nötig, dass wir mit den Linken oder den Freien Sachsen auf die Straße gehen.“

Damit handelt Chrupalla jedoch im Interesse des „Establishments“. Ist ihm das bewusst? Die Menschen lechzen nach Sicherheit, aber nicht nach parteipolitischen Süppchen in dieser Krise.

An der Basis der AfD rief diese Aussage Chrupallas eher Kopfschütteln hervor. Genauso, wie viele Linke die Ausladung von Sahra Wagenknecht bei der Demo der Linken in Leipzig am 5. September sicher beklagen. Noch wird dafür gesorgt, dass kein gemeinsamer Protest wie letztes Wochenende in Tschechien auf die Straße kommt. Aber wie bei Corona dürften im Winter Demonstrationen über die Parteigrenzen hinweg stattfinden. Weder die AfD hat allein eine Chance, noch die Linken. Nur eine Querfront quer durch die Gesellschaft kann die Vernunft wieder in die politische Schaltzentrale einziehen lassen.

Bereits eine am 16. Juli veröffentlichte INSA-Umfrage für Bild ergab, dass 47 Prozent glauben, Deutschland schade sich mit den Sanktionen selbst mehr als Russland. Nur 12 Prozent glauben, dass Russland größeren Schaden nimmt. Beide gleich, sagten 36 Prozent.

Das Volk scheint mehr Vernunft zu haben als die, die uns in Berlin regieren. Es wird spannend in den kommenden Monaten, ob die 44 Prozent Protestwilligen in Deutschland sich nicht von Parteien vor ihren Karren spannen lassen, sondern nach dem Motto auf die Straße gehen: gemeinsam, friedlich, wahrhaftig.

Mehr zum ThemaDer deutsche Souverän in der Defensive – Er sollte seine Stimme erheben

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*