Betreuter Anschlag Von Nick Brauns

 

Aus: Ausgabe vom 27.05.2023, Seite 15 / Geschichte
Staat und Faschisten

Betreuter Anschlag

Vor 30 Jahren ermordeten Neonazis in Solingen fünf Angehörige einer türkischen Familie. Die Rolle des Inlandsgeheimdienstes wirft Fragen auf
Von Nick Brauns
15.jpg
Proteste vor dem Haus in Solingen zwei Tage nach der Mordtat

»Die Mörder sitzen in Bonn«

Am 29. Mai 1993 ereignete sich im nordrhein-westfälischen Solingen der bis dahin folgenschwerste rassistische Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik. Beim Brand ihres Wohnhauses starben die vierjährige Saime Genc und ihre neunjährige Schwester Hülya, die 18jährige Hatice Genc und ihre 27jährige Schwester Gürsün Ince sowie ihre zwölfjährige Cousine Gülüstan Öztürk. Weitere 14 Familienmitglieder erlitten schwere Verletzungen. Die Täter waren junge Neonazis. Sie seien durch die öffentlichen Debatten – insbesondere im Bundestag – in ihrer Auffassung bestärkt worden, dass in Deutschland zu viele »Ausländer«, vor allem zu viele Türken, lebten, hieß es in der Begründung des Urteils gegen sie durch das Düsseldorfer Oberlandesgericht 1995.

Erst drei Tage vor dem Anschlag, am 26. Mai 1993, hatte der Bundestag mit den Stimmen der Koalition aus CDU/CSU und FDP sowie einer Mehrheit der SPD die weitgehende Einschränkung des Grundrechts auf Asyl beschlossen. Vorangegangen war eine jahrelange »Das Boot ist voll«-Kampagne gegen »Überfremdung« und »Asylbetrug«. Unionspolitiker und einzelne prominente Sozialdemokraten, Medien von Bild bis Spiegel und der Nazimob auf der Straße schaukelten sich dabei gegenseitig hoch. Bei einer landesweiten Welle von mehr als 4.700 rechten und rassistischen Übergriffen und Anschlägen zwischen 1991 und 1993 starben 26 Menschen, fast 1.800 wurden verletzt. Im sächsischen Hoyerswerda und in Rostock kam es 1991 bzw. 1992 jeweils zu mehrtägigen Pogromen von Neonazis, die unter dem Applaus von Anwohnern die Wohnungen von Flüchtlingen und ausländischen Vertragsarbeitern angriffen. Bei Brandanschlägen auf zwei von türkeistämmigen Familien bewohnte Häuser starben in der Nacht zum 23. November 1992 im schleswig-holsteinischen Mölln Yeliz Arslan, Bahide Arslan und Ayse Yilmaz, neun weitere Bewohner wurden schwer verletzt. Weiterlesen in jungewelt.de

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

Entdecke mehr von Sicht vom Hochblauen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen