Borrell fordert Abschaffung von Vetorecht bei der Außenpolitik der EU von Thomas Röper

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EU vs. Ungarn

Borrell fordert Abschaffung von Vetorecht bei der Außenpolitik der EU

von Thomas Röper

6. Mai 2023

Der Machtkampf der ungarischen Regierung gegen die Kriegshetze aus Brüssel und Washington weitet sich aus. Nun will Brüssel die Außenpolitik für alle EU-Staaten bestimmen.

Die EU hat ihren Mitgliedstaaten schon viele Rechte genommen, was von Medien und Politikern in Deutschland gerne als „europäische Einigung“ gefeiert wird. Da die Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden, jedoch nicht demokratisch legitimiert oder gar kontrolliert sind, bedeutet das einen zunehmenden Abbau der Demokratie in den Mitgliedsländern der EU.

Nach dem Willen von EU-Chefdiplomat Borrell soll das bald auch für die Außenpolitik gelten, was vor allem als Attacke gegen Ungarn zu werten ist. Bevor wir zu der aktuellen Meldung kommen, muss ich jedoch noch einmal erklären, warum ich die EU für undemokratisch halte.

Die EU und die Demokratie

Demokratie bedeutet, dass das Volk über den Kurs und die Ziele der Politik entscheidet. In westlichen Demokratien werden dazu Repräsentanten gewählt, die dann die Entscheidungen treffen. Volksentscheide sind hingegen in den meisten westlichen Staaten nicht vorgesehen, weshalb man bei der westlichen Demokratieform einschränkend von „repräsentativer Demokratie“ spricht. Im westlichen System ist „echte“ Demokratie nicht vorgesehen, denn die Bevölkerungen dürfen nur Leute wählen, die für sie dann die Entscheidungen treffen. An den Entscheidungsprozessen oder gar den Entscheidungen selbst dürfen die Bevölkerungen hingegen nicht teilnehmen.

In der EU selbst gibt es faktisch gar keine Demokratie, denn das EU-Parlament hat kaum Vollmachten. Es hat sogar weniger Rechte und Vollmachten als der Reichstag unter den deutschen Kaisern. Das EU-Parlament muss man daher korrekterweise als „Scheinparlament“ bezeichnen.

Die Zusammensetzung der Regierung der EU, also die EU-Kommission, wird von den Staatschefs der EU-Staaten vollkommen undemokratisch hinter verschlossenen Türen ausgeküngelt, zur Wahl stehen die EU-Kommissare für die Menschen in Europa nicht. Das EU-Parlament muss diese Kommissare dann zwar bestätigen, aber das ist in der Regel eine reine Formsache und hat mit dem parlamentarischen Prozess einer Regierungsbildung nichts zu tun, weil weder das Parlament noch die darin vertretenen Fraktionen in das Auswahlverfahren der Kandidaten eingebunden sind, sonders das EU-Parlament nur die ausgesuchten Kommissare absegnen soll.

Meist „entsorgen“ die EU-Staaten Politiker, die zu Hause nicht mehr gebraucht werden (oder dort wegen Skandalen diskreditiert sind), nach Brüssel in die EU-Kommission. Nur wenn ein Staat einen allzu skandalösen Kandidaten als EU-Kommissar nach Brüssel wegloben will, gibt es ab und zu mal Widerstand im EU-Parlament. Aber das kommt fast nie vor, meist winkt das EU-Parlament die vorgeschlagenen Kandidaten einfach durch.

Daher frage ich: Was soll an der EU demokratisch sein, wenn ihr Parlament fast keine Rechte hat und die „Regierung“ der EU nicht von den Menschen in Europa gewählt wurde, ja nicht einmal zur Wahl steht?

Ein Staat, der so aufgebaut wäre, wie die EU, dürfte der EU wegen des undemokratischen Staatsaufbaus nicht beitreten.

Die Macht der EU

Die EU in den letzten Jahrzehnten immer mehr Macht an sich gerissen. In Fragen des internationalen Handels dürfen die Mitgliedsstaaten fast nichts mehr entscheiden, denn die Regeln und Normen werden in Brüssel festgelegt. Die EU-Kommission kann den Mitgliedsstaaten der EU bei so vielen Themen Vorschriften machen, dass wahrscheinlich kaum jemand auch nur eine ansatzweise vollständige Zusammenstellung erstellen könnte.

Das geht, wir erinnern uns an Griechenland, so weit, dass die Demokratie sogar offen abgeschafft wurde. Griechenland wurde jahrelang von der sogenannten Troika regiert, die der griechischen Regierung vorgeschrieben hat, welche Gesetze sie zu erlassen hat, welche Betriebe privatisiert werden müssen, wie die Renten- und Sozialpolitik Griechenlands aussehen muss und so weiter. Die griechischen Wähler (und auch die Wähler anderer EU-Staaten) wurden dazu nicht gefragt.

Das betraf besonders das wichtigste demokratische Recht von Parlamenten, die Entscheidung über den Staatshaushalt. Wer über den Staatshaushalt entscheidet, hat die Macht, denn am Ende dreht sich alles ums Geld, schließlich wird für jedes Projekt Geld gebraucht. Griechenland musste dieses Recht an die Troika abgeben.

Weil die Entscheidung über den Staatshaushalt das Kernstück der Demokratie ist, ist das EU-Parlament ein „Scheinparlament“, denn über den Haushalt der EU entscheidet es nicht. Sogar der Reichstag unter Kaiser Wilhelm hatte das Recht, über den Haushalt zu entscheiden, weshalb sogar das deutsche Kaiserreich demokratischer war als die EU.

Die Außenpolitik

Eines der wenigen Themen, bei denen die EU-Staaten noch eine zumindest theoretische Autonomie haben (von Souveränität kann keine Rede sein), ist die Außenpolitik. Zwar hat sich die EU bereits einen „Chefdiplomaten“, den sogenannten „Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik“, geschaffen, aber das Amt war lange eher das eines „Grüßaugust“.

Inzwischen reißt die EU aber auch die Außenpolitik ihrer Mitglieder mehr und mehr an sich. Dabei helfen die aktuellen Ereignisse in der Ukraine und der massive Druck aus den USA.

Nun will Josep Borrell, der aktuelle EU-Chefdiplomat, die Situation nutzen und den Mitgliedsstaaten der EU auch das Recht nehmen, über die eigene Außenpolitik zu entscheiden und auch die Außenpolitik der EU-Staaten jeglicher demokratischen Kontrolle entziehen. Abgesehen von dem generellen Machthunger Brüssels dürfte der wichtigste Grund dafür Ungarn sein.

Die ungarische Regierung trägt die bisherigen Russland-Sanktionen zwar zähneknirschend mit, macht aber ständig klar, dass ihre politische Position zu Russland und dem Ukraine-Konflikt eine andere ist, als im restlichen Westen. Außerdem hat Ungarn mit seinem Veto einige Sanktionen der EU verhindert, die Ungarn allzu sehr geschadet hätten. Ungarn bezieht daher weiterhin günstiges russisches Gas über einen langfristigen Vertrag und arbeitet auch im Bereich der Atomenergie weiterhin mit Russland zusammen.

Borrells Ambitionen

Anfang dieser Woche unterzeichneten neun der 27 EU-Länder, darunter Deutschland, Frankreich und Italien, ein Schreiben an die EU-Institutionen, in dem sie eine Abkehr von der Beschlussfassung durch Kompromisse und eine Hinwendung zu einem System der qualifizierten Mehrheit ohne Vetorecht fordern. Dieser Position hat sich Borrell unverzüglich angeschlossen und erklärt:

„Ich unterstütze die Entscheidungsfindung in der EU-Außenpolitik durch eine qualifizierte Mehrheit. Aber um die einstimmige Beschlussfassung aufzuheben, braucht man einen einstimmigen Beschluss. Ich weiß, dass das schwierig ist, weil jeder das Vetorecht behalten will. Einstimmige Beschlussfassung bedeutet Vetorecht. Einstimmige Beschlussfassung bedeutet, dass wir, wenn uns etwas nicht gefällt, es blockieren, bis es etwas anderes gibt. Die europäischen Länder sind zu klein, um in einer Welt der großen Staaten zu überleben. China ist ein Staat, die USA sind ein Staat, Indien ist ein Staat, aber wir sind kein Staat, wir sind ein Club von Staaten. Wir brauchen also Regeln, die es uns ermöglichen, schneller zu handeln.“

Das klingt gut, bedeutet in der Praxis aber, dass der Wille einiger Regierungen von Brüssel ignoriert werden kann und dass Staaten dazu gezwungen werden können, sich einer Außenpolitik anzuschließen, die ihre Regierungen und Völker nicht wollen.

Ungarns Reaktion

Der ungarische Ministerpräsidenten Viktor Orban hat darauf geantwortet und erklärt, die EU stehe vor ihrer „größten Schlacht“ um die EU-Außenpolitik, da Brüssel „den Mitgliedsstaaten die unabhängige Außenpolitik nehmen will“. Weiter sagte Orban:

„Uns geht es bei den Rohstoffen, der Energie und der Demografie nicht besonders gut. Der Westen steht nur in Bezug auf die militärische Macht an erster Stelle, aber das ist nur vordergründig eine gute Nachricht, weil es die Ereignisse in Richtung eines militärischen Konflikts lenken wird. (…) Wenn jemand sagt, dass sein Land nicht an einem Krieg interessiert ist, wird er beschuldigt, Putins Position zu unterstützen.“

Orban und sein Außenminister unterstreichen dabei, sie seien – im Gegensatz zum restlichen Westen – für Verhandlungen und Frieden in der Ukraine und gegen eine Verlängerung des Krieges durch Waffenlieferungen. Der US-Botschafter in Ungarn hatte gerade wieder geäußert, eine Friedenslösung hänge nur von Putin ab, worauf der ungarische Außenminister Szijjártó öffentlich antwortete:

„Botschafter Pressman glaubt, dass wir über den Krieg besorgt sein sollten. Deshalb beteiligt er sich aktiv an der Kriegspropaganda. (…) Er ist ein Experte für Kriegspropaganda, aber wir wollen so etwas nicht, denn wir wollen keinen Krieg, sondern wir wollen Frieden. Wir wollen keinen Krieg, wir wollen Frieden. (…) Wir verstehen, dass die Amerikaner versuchen, uns in die Kriegspropaganda zu treiben. Wir verstehen, dass sie versuchen, uns in das Kriegslager zu drängen, aber wir gehören zum Friedenslager. Wir gehören zu der weltweiten Mehrheit, die Frieden will.“

Und zu den Wünschen aus Brüssel (und auch zum Beispiel Deutschland), die Entscheidungen in der Außenpolitik an Brüssel abzugeben, sagte der ungarische Außenminister Szijjártó:

„Die ungarische Außenpolitik wird souverän bleiben und nur auf der Grundlage der nationalen Interessen entwickelt werden.“

Aus diesem Grund – und nicht wegen all der in Brüssel vorgeschobenen Gründe – wird die ungarische Regierung von Brüssel so sehr kritisiert und mit der Sperrung von EU-Geldern bedroht: Die ungarische Regierung will sich partout nicht den Diktaten aus Brüssel unterwerfen. Weiterleswn im anti-spiegel.ru

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