Bundesrat nickt Maulkorbgesetz ab Von Kristian Stemmler

Aus: Ausgabe vom 26.11.2022, Seite 4 / Inland
Grundrecht auf Meinungsfreiheit

Bundesrat nickt Maulkorbgesetz ab

Verschärfung von Volksverhetzungsparagraphen. Kritiker warnen vor Gesinnungsjustiz
Von Kristian Stemmler
Wer NATO-Kriegspropaganda in Frage stellt, kann sich demnächst mit dem Volksverhetzungsparagraphen konfrontiert sehen (Köln, 4.9.2022)

Trotz starker Kritik von Juristen und Politikern hat der Bundesrat am Freitag unter der Versammlungsleitung des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) eine Erweiterung des Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches über Volksverhetzung durchgewinkt. Mit dem neu geschaffenen Absatz 5 steht jetzt das »öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen« unter Strafe bis zu drei Jahren Haft – vorausgesetzt, die Tat wurde in einer Weise begangen, die »geeignet ist, zu Hass oder Gewalt aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören«.

In einem von der Gelsenkirchener Rechtsanwaltskanzlei Meister & Partner initierten offenen Brief mit dem letztlich vergeblichen Appell an die Länderkammer, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern, hatten eine Gruppe von Juristen, Historikern und Politikern, darunter der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke), die Kritik an der Strafrechtsverschärfung zusammengefasst. Beklagt wird, dass die Gesetzesänderung der »Gesinnungsjustiz Tor und Tür« öffne, Polizei und Justiz erhielten »deutlich erweiterte Möglichkeiten zur Kriminalisierung missliebiger politischer Ansichten und politischer Gegner«. Die Unterzeichner des Briefes fragen: »Macht sich etwa zukünftig wegen ›Verharmlosung russischer Kriegsverbrechen‹ strafbar, wer sich kritisch mit der Rolle der psychologischen Kriegführung der NATO auseinandersetzt?« Oder wer eine wissenschaftliche Diskussion über den sozialistischen Aufbau in der früheren Sowjetunion, in China oder der DDR führe? Weiterlesen in jungewelt.de

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