Cancel Culture: Verlogener Kampf um Freiheiten von Andres Eberhard / Infosperber.ch

 

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Cancel Culture: Verlogener Kampf um Freiheiten

von Andres Eberhard /

 

 Wer Cancel Culture schreit, kämpft nicht für Grundrechte, sondern gegen Vielfalt. Medien helfen mit, die Realität zu verdrehen.

psi. Dieser Essay erschien erstmals Ende September im Strassenmagazin Surprise (Ausgabe 534/22)

Haben Sie es gemerkt? Die Demokratie ist in Gefahr. Aber nicht wegen jenen AutokratInnen und FaschistInnen dieser Welt, die ihre Zeit gekommen sehen. Sondern wegen der linken Woke-Kultur. Das zumindest wollen uns ansonsten recht besonnene ZeitgenossInnen quer durch die Feuilletons der reichweitenstarken deutschsprachigen Medien glauben machen: im Spiegel, im Tages-Anzeiger, in der Bild-Zeitung, in der NZZ.

Sie führen einen Kampf zur Verteidigung der Meinungsäusserungs-, Kunst und Wissenschaftsfreiheit. Diese sei durch eine «Cancel Culture» in Gefahr – eine Kultur, die keine missliebigen Meinungen akzeptiere. Sie kämpfen für Grundrechte, hüten die aufklärerische Debatte und verteidigen damit etwas ganz Grosses – die Demokratie. Angeblich. Denn ihr Kampf ist verlogen. Es gibt zwar Gründe, die Woke-Bewegung zu kritisieren; auf diese komme ich später zurück. Ihretwegen aber eine Bedrohung für die Demokratie heraufzubeschwören, ist intellektuell fahrlässig und argumentativ abenteuerlich.

Von wem reden wir? Ein paar beliebige Beispiele (es gäbe viele mehr): René Pfister, US-Korrespondent des Spiegel, beschreibt in einem 250-seitigen Buch sowie auf 7 Seiten des Magazins, wie «IdeologInnen im Namen von Gleichberechtigung und Antirassismus Meinungsfreiheit und die offene Gesellschaft bedrohen». Der ehemals linke Politiker Rudolf Strahm forderte im Tages-Anzeiger «Zivilcourage zur Verteidigung der Denk- und Meinungsfreiheit». Die Bild-Journalistin Judith Sevinç Basad schrieb einen Anti-Woke-Artikel nach dem anderen (sowie ein Buch), ehe sie ihren 30’000 Twitter-FollowerInnen mitteilte, dass sie ihre Stelle gekündigt habe, da sie dort «nicht mehr über die Gefahren berichten» könne, «die von der totalitären, radikalen woken Bewegung ausgehen». Und NZZ-Chefredaktor Eric Gujer beklagt «Zensur», eine «Gesinnungspolizei» und einen neuen «Extremismus von links», den er sodann mit den frühen Dreissigerjahren, der Zeit vor der Machtübernahme der Nazis vergleicht. «Wiederholt sich die Geschichte?», sinniert er.

Das ist natürlich dummes Zeug. Noch nie in der Geschichte war es einfacher als heute, jede noch so krude Meinung öffentlich zu machen – zumindest in demokratischen Staaten ohne Internetzensur. Eher scheint es so, als würden zu viele Meinungen geäussert werden, da es zunehmend schwieriger wird, Werbung von Information oder Nachrichten von Fake News zu unterscheiden. Doch das ist lediglich eine weitere Meinung. weiterlesen bei infosperber. ch

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