China ignoriert die USA, weil sich Diplomatie mit Washington als nutzlos erwiesen hat Von Timur Fomenko

China ignoriert die USA, weil sich Diplomatie mit Washington als nutzlos erwiesen hat

Peking möchte eindeutig keine Zeit und Ressourcen mehr verwenden, um mit Regierungen zu sprechen, von denen es auf Schritt und Tritt untergraben und verunglimpft wird. Warum sich überhaupt die Mühe machen? Die USA sind eindeutig kein zuverlässiger Akteur oder Partner.

China ignoriert die USA, weil sich Diplomatie mit Washington als nutzlos erwiesen hat

Von Timur Fomenko

Peking möchte eindeutig keine Zeit und Ressourcen mehr verwenden, um mit Regierungen zu sprechen, von denen es auf Schritt und Tritt untergraben und verunglimpft wird. Warum sich überhaupt die Mühe machen? Die USA sind eindeutig kein zuverlässiger Akteur oder Partner.
China ignoriert die USA, weil sich Diplomatie mit Washington als nutzlos erwiesen hatQuelle: AP © AP Photo / Alex Brandon

 

In einem kürzlich erschienenen Artikel in der Politico, in dem nicht näher benannte US-Beamte zitiert wurden, wird behauptet, dass China die USA „ghostet“ und amerikanische Versuche ignoriert, die diplomatische Kommunikation wiederherzustellen, nachdem diese im Februar zusammengebrochen war.

Falls man mit dem Begriff „Ghosting“ nicht vertraut ist: „To ghost somebody“ (jemanden zum Geist machen), ist aus dem Slang der Sozialen Medien und bedeutet, ein Gespräch hängenzulassen, indem man plötzlich aufhört zu antworten. Laut den von der Politico zitierten Beamten ist dies der Fall zwischen den USA und China, wobei Außenminister Antony Blinken versucht, seinen Besuch in Peking neu anzusetzen, nachdem er diesen wegen des Vorfalles mit dem „Spionageballon“ abgesagt hatte. Seitdem zeigen ihm die Chinesen die diplomatische kalte Schulter.

So wie der Artikel es darstellt, unternimmt Washington Versuche, „eine zunehmend volatile Beziehung zu stabilisieren“, aber das „dünnhäutige“ Peking vermeidet eine Verbindlichkeit, weil es unter anderem US-Waffenverkäufe an Taiwan und die Kontakte von US-Offiziellen mit Taipeh ablehnt.

„Dünnhäutig“ ist eine verblüffende Beschreibung für Chinas Umgang mit den USA, wenn man die Entwicklung nüchtern betrachtet. Peking ist wahrscheinlich zu dem Schluss gekommen, dass es Zeitverschwendung ist, den Dialog mit Washington fortzusetzen, das bisher keinerlei guten Willen gezeigt hat. Stattdessen hat sich die Regierung von Präsident Joe Biden als leicht anfällig für Ausbrüche von Anti-China-Hysterie auf der innenpolitischen Arena erwiesen, was normale diplomatische Beziehungen unmöglich macht. Trotz der Tatsache, dass US-Offizielle wie Blinken ständig von der Notwendigkeit sogenannter „Leitplanken“ in den Beziehungen zu Peking sprechen, ist es ziemlich klar, dass die USA wenig Interesse an einer reifen Zusammenarbeit mit China haben und von einem solchen Kontakt aus Pekings Perspektive nichts zu gewinnen ist.

China hat in den vergangenen Jahren immense diplomatische Geduld gegenüber den USA bewiesen, auch wenn Washington unerbittliche Feindseligkeiten gegenüber Peking zum Ausdruck gebracht hat, einschließlich aber nicht beschränkt auf:

  • Vorwürfe des Völkermords;
  • Schwarze Liste zahlreicher chinesische Technologieunternehmen;
  • Versuche, Chinas technologische Entwicklung zu unterdrücken;
  • Rückzieher bei Washingtons Verbindlichkeit bei der Ein-China-Politik;
  • Verbreitung von Verschwörungstheorien über die Ursprünge der Covid-19-Pandemie;
  • Aufbau neuer Militärbündnisse wie AUKUS mit der Absicht, China einzudämmen;
  • Drittländer zu zwingen, wichtige chinesische Investitionen zu blockieren oder abzulehnen;
  • Zwingen anderer Länder, Partei zu ergreifen, um ein Klima wie im Kalten Krieg zu schaffen;
  • Aufpeitschen von antichinesischer Paranoia und Verunglimpfung Chinas in der US-Innenpolitik.

Die Liste ist nicht vollständig, doch China war einmal wirklich davon überzeugt, dass diese feindselige Politik ein „Fehler“ der Regierung von Trump gewesen sei, und versuchte, Biden positiv entgegenzutreten, um in Washington eine Kurskorrektur herbeizuführen. Peking lag falsch, sehr falsch. Die Administration von Joe Biden hat den außenpolitischen Konsens, den der frühere Präsident Donald Trump etabliert hatte, nicht nur übernommen, sondern unkritisch verschärft und die Dinge nur noch schlimmer gemacht. Dies hat die Falken in Peking, darunter Präsident Xi Jinping selbst, der die USA nun direkt angerufen hat, dazu gebracht, zu dem Schluss zu kommen, dass die Beziehung zu den USA nicht mehr zu retten ist.

Das innenpolitische Klima in den USA ist so giftig, dass es fraglich ist, ob die Regierung von Joe Biden überhaupt eine Kontrolle über ihre Außenpolitik hat. Wenn eine große antichinesische „Idee“ in den USA politische Zugkraft gewinnt, verhält sich die Biden-Administration – ungeachtet der Folgen auf die nationalen Interessen der USA oder auf die Beziehungen zu China – geradezu als „Mitläufer“, statt sich dagegen zu wehren oder einen vernünftigen Kurs einzuschlagen. Dies hat es den Falken ermöglicht, die außenpolitische Agenda vor sich hinzutreiben.

Man nehme etwa das Thema TikTok, das die Biden-Administration lange Zeit zu ignorieren versuchte. Aber als ein von den Republikanern angeführter Vorstoß, die Social-Media-Plattform in den USA zu verbieten und die Angelegenheit selbst an Fahrt gewann, sprang das Weiße Haus auf den anfahrenden Zug auf. Auch wollte Biden den angeblichen „Spionageballon“ ursprünglich nicht abschießen lassen, tat dies aber, nachdem die Paranoia um ihn herum außer Kontrolle geraten war.

In ähnlicher Weise hat die US-Regierung gelernt, dass die Verwendung Chinas als politischer Sündenbock es ihr ermöglicht, die Angriffe des rechten Flügels bis zu einem gewissen Grad „abzuwehren“, wie es am deutlichsten wurde, als sie die Verschwörungstheorie der „Covid-19-Laborlecks“ wieder aufnahm. Diese spaltenden und polarisierten politischen Umstände innerhalb der USA machen Diplomatie letztlich unmöglich, und es soll sehr darauf hingewiesen sein, dass China, selbst als es noch Diplomatie mit den USA gepflegt hat, stets Ankündigungen in herablassender Weise aus Washington erdulden musste, in denen neue Sanktionen gegen China bekannt gegeben wurden –  entweder vor oder nach einem diplomatischen Treffen –, um innenpolitisch „hart“ zu erscheinen.

Abschließend die Frage: Warum soll sich Peking überhaupt die Mühe machen? Die USA sind eindeutig kein zuverlässiger Akteur oder Partner. China wird die USA so lange weiterhin „ghosten“, bis es überzeugt ist, dass einige akzeptable Zugeständnisse erreicht werden können, und wird somit den Dialogfluss diktieren, um ein gleichberechtigtes Mitspracherecht in den Beziehungen zu wahren. Bis zu diesem Zeitpunkt sind diplomatische Bemühungen und Ressourcen anderswo eindeutig besser angelegt. Warum so viel Verbindlichkeiten darauf verwenden, mit jemandem zu sprechen, von dem man auf irrationale Weise gehasst wird, von dem man als größten Feind und größte Bedrohung gebrandmarkt wird und der eindeutig nichts als feindselige Absichten hegt?

Aus dem Englischen

Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.

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