Das Institutionengeflecht von Blackrock & Co – RT DE im Interview mit Werner Rügemer

Das Institutionengeflecht von Blackrock & Co – RT DE im Interview mit Werner Rügemer

Im Interview mit RT DE klärt der Journalist und Sachbuchautor Dr. Werner Rügemer über die weltweiten Machenschaften der Investmentgesellschaft BlackRock auf, die mit einem Vermögen von mehr als zehn Billionen Dollar zu den größten Vermögensverwaltern der Welt gehört. Doch wie kam der Konzern zu seiner Macht, mit der er auch politische Entscheidungen beeinflusst?

 

Das Institutionengeflecht von Blackrock & Co – RT DE im Interview mit

Werner Rügemer

Im Interview mit RT DE klärt der Journalist und Sachbuchautor Dr. Werner Rügemer über die weltweiten Machenschaften der Investmentgesellschaft BlackRock auf, die mit einem Vermögen von mehr als zehn Billionen Dollar zu den größten Vermögensverwaltern der Welt gehört. Doch wie kam der Konzern zu seiner Macht, mit der er auch politische Entscheidungen beeinflusst?
Das Institutionengeflecht von Blackrock & Co – RT DE im Interview mit Werner RügemerQuelle: RT

Die amerikanische Investmentgesellschaft BlackRock zählt zu den mächtigsten und gleichzeitig undurchsichtigsten Kapitalorganisationen der Welt. Letzteres ist ganz im Sinne des Unternehmens, denn so erfährt die Öffentlichkeit nur wenig über den tatsächlichen Einfluss des Finanzverwalters auf Politik und Wirtschaft. Dabei sei eine öffentliche Debatte über die Machenschaften des Konzerns zwingend notwendig, meint der deutsche Journalist und Sachbuchautor Dr. Werner Rügemer im Interview mit RT DE. Der 81-Jährige gehört zu den Initiatoren der jährlich stattfindenden BlackRock Konferenz, auf der am 16. und 17. September bereits zum dritten Mal über den größten Vermögensverwalter der Welt und dessen weltweite Vernetzung informiert werden soll.

RT DE: Herr Dr. Rügemer, in diesem Jahr findet die BlackRock Konferenz schon zum dritten Mal statt, unter anderem auf Ihre Initiative. Warum ist es so wichtig, dass über die Aktivitäten neuer Kapitalorganisationen wie BlackRock und deren Auswirkungen öffentlich diskutiert wird?

Werner Rügemer: „BlackRock und Co., also etwa 50 bis 100 dieser Art neuer Kapitalsammelstellen und Kapitalorganisatoren, sind die wichtigsten führenden Eigentümer (Aktionäre) der wichtigsten Unternehmen. In den USA ist die Investmentgesellschaft als Großaktionär unter anderem Miteigentümer von Coca-Cola, Ford, Apple sowie Amazon, Microsoft und Google. Auch in Europa gehören diese Kapitalorganisationen zu den wichtigsten Aktionären, beispielsweise in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Belgien und in der Schweiz. Darüber hinaus fungiert BlackRock auch als Berater der amerikanischen Federal Reserve – der größten Zentralbank der westlichen Welt –, der Europäischen Zentralbank (EZB) und auch der Europäischen Kommission.“

RT DE: Aus dem Titel der Konferenz „Auf den Spuren einer unbekannten Weltmacht: Wie BlackRock & Co. immer mehr die Welt beherrschen“ geht schon hervor, dass die BlackRock-Organisation mit einem aktuellen Einlagevermögen von zehn Billionen Dollar in der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt ist. Noch unbekannter ist ihr Einfluss auf das Weltgeschehen. Woher stammt das Geld von BlackRock beziehungsweise warum legen Menschen ihr Geld bei BlackRock an?

Werner Rügemer: „BlackRock gilt offiziell nicht als Bank. Die G7-Staaten und die Finanzaufsichten der westlichen Welt stufen BlackRock und Co. als Schattenbanken ein, die nicht annähernd so reguliert werden, wie andere Banken nach der letzten Finanzkrise. Dementsprechend besitzen BlackRock und Co. mehr Freiheiten. Als Vermögensberater der Superreichen können sie somit höhere Gewinne rausholen, als etwa traditionelle Banken oder Vermögensverwalter. Demnach gelten sie als unregulierte Schattenbanken.“

Ihr Geld erhalten sie laut Rügemer von Multimillionären und Multimilliardären der westlichen Welt. Aber auch von Reichen aus Entwicklungsländern wie Afrika, Südamerika oder Asien. „Und wenn Sie beispielsweise mal so zehn Millionen oder 50 Millionen auf einem Ihrer Konten frei verfügbar haben und nicht wissen, was Sie damit anfangen sollen – dank BlackRock und Co. können Sie Ihr Geld gut anlegen und sich so eine jährliche Rendite zwischen sechs und zwölf Prozent verschaffen.“ Diese superreichen Kapitalgeber BlackRocks zeigen in der Regel ein gewisses Interesse daran, dass ihre Investments geheim bleiben, so Rügemer. „Und BlackRock unterstützt sie dabei, indem das Kapital der Superreichen in einer besonderen Briefkastenfirma in einer jeweils passenden Finanzoase zwischen Delaware, den Cayman Islands und Luxemburg angelegt wird.“

RT DE: Wie kommt es zu der großen politischen Macht von BlackRock und worin konkret besteht sein Einfluss auf das Weltgeschehen? Können Sie das am Beispiel des Ukrainekriegs verdeutlichen? Inwiefern hat BlackRock seine Finger beim Ukrainekrieg im Spiel? Profitiert das Unternehmen womöglich von diesem Krieg?

Werner Rügemer: „BlackRock hat sich in den letzten 30 Jahren schrittweise zu einem neuen Typ von Finanzakteur entwickelt. Allerdings gelang der Investmentgesellschaft der erste – sozusagen politische – große Sprung erst, als die Obama-Regierung BlackRock nach der Finanzkrise mit dem 150-Millionen-Dollar-Auftrag betraute, für die amerikanische Regierung die Finanzkrise zu regeln. Dadurch wurde Black Rock zum größten Insider des amerikanischen Wirtschafts- und Finanzsystems. Aber auch, weil die europäischen Banken, gemeinsam mit den amerikanischen Banken, die die Krise verursacht haben, in enger Verbindung standen.“

Dank dieses Auftrags habe der Konzern auch seinen heutigen Einfluss in der Europäischen Union gewonnen.

„Zudem ist BlackRock eng verbunden mit dem Internationalen Währungsfonds – und das weltweit.“

So auch in der Ukraine. „Unternehmen, in denen Blackrock Großaktionär ist, sind schon lange – teilweise seit über 20 Jahren – in der Ukraine aktiv und machen sich dort beispielsweise die niedrigen Löhne zunutze.“ Ein bekanntes Beispiel sei der Zigarettenhersteller Philipp Morris. „Mit seiner Zigarettenproduktion ist der schon seit etwa 1994 in der Ukraine präsent und konnte erreichen, dass der ukrainische Staat nur noch eine ganz, ganz niedrige – sozusagen konkurrenzlos niedrige – Zigarettensteuer erhebt. Hinzu kommt, dass die Arbeitskräfte dort besonders billig sind. Gegenwärtig beträgt der Mindestlohn in der Ukraine lediglich einen Euro und 21 Cent.“

Laut Rügemer sind in der Ukraine zudem amerikanische Unternehmen wie John Deer, ein Hersteller großer Landmaschinen, präsent. Sie betreiben dort große Agrarflächen, die an Oligarchen verpachtet sind.

„Um zum Krieg in der Ukraine zurückzukommen: BlackRock und Co. sind die führenden Aktionäre in allen großen amerikanischen Rüstungsfirmen, darunter Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman, General Dynamics. Aber um auf Europa, oder besser gesagt: Deutschland zu kommen: Mit der Verkündung des 100-Milliarden-Aufrüstungspakets der Bundesregierung für die Bundeswehr, hat BlackRock seinen Anteil, den es am größten deutschen Rüstungsunternehmen hat und möglicherweise bereits vor dem Krieg hatte, nämlich Rheinmetall, mit Beginn des Krieges schnell noch einmal erhöht.“

Darüber hinaus zähle BlackRock zu jenen Kreditgebern, die der Ukraine Geld leihen, meint Rügemer. Hierbei agiere die Investmentgesellschaft jedoch nicht nur in Abstimmung mit dem Internationalen Währungsfonds, sondern auch in Abstimmung mit der amerikanischen Regierung, in der BlackRock ebenfalls vertreten ist.

„BlackRock ist mit drei hochrangigen Managern in der Regierung von US-Präsident Joe Biden vertreten. Beispielsweise kommt der Direktor des National Economic Council, des nationalen Wirtschaftsrats der USA, von BlackRock. Auch der stellvertretende Finanzminister kommt von BlackRock. Deswegen gibt es eben auch im Ukraine-Krieg eine Abstimmung zwischen BlackRock und der amerikanischen Regierung, die das osteuropäische Land mit Krediten, Lieferungen und anderen Mitteln unterstützt. BlackRock wiederum gibt Kredite an die Ukraine und hat jetzt beispielsweise in Abstimmung mit der Regierung gesagt: ‚Ja, weil die Ukraine unterstützt werden muss und nicht zahlungsfähig ist, stunden wir die Rückzahlung der Kredite.'“

RT DE: Wie ist es zu der großen Präsenz von BlackRock in Unternehmen und Banken gekommen? Können Sie ein paar Beispiele für deutsche Unternehmen und Banken nennen, in denen BlackRock maßgeblich das unternehmerische Handeln bestimmt?

Werner Rügemer: „Die Öffentlichkeit und unsere Leitmedien haben das sozusagen nicht gemerkt oder unter der netten, freundlichen Bundeskanzlerin Angela Merkel eben nicht darüber berichtet. … An dieser Stelle ist es wichtig, nochmal die Namen der nächstgrößeren Finananzakteure hinter BlackRock zu nennen, die zwar nicht zehn Billionen Dollar verwalten, sondern nur sechs oder sieben oder fünf oder vier. Die heißen Vanguard, State Street oder auch Capitalworks. Diese Finanzdienstleister treten – in den allermeisten Fällen – in unterschiedlicher Zusammensetzung, immer gemeinsam, als führende Aktionäre auf. BlackRock ist zum Beispiel bei der Deutschen Bank oder Daimler und Volkswagen niemals alleiniger Großaktionär. Sondern da sind dann – in unterschiedlicher Beimischung – immer auch Finanzdienstleister wie Vanguard mit dabei, und alle zusammen bilden dann sozusagen die Mehrheit.“

Auf diese Weise – und von Angela Merkel laut Rügemer stillschweigend geduldet – hätten die großen Kapitalgesellschaften seit der Finanzkrise in Deutschland Aktien von allen 40 DAX-Konzernen gekauft. „Darüber hinaus sind BlackRock und Co. zusammengenommen die größten Aktionäre … bei den fünf größten Wohnungskonzernen in Deutschland.“ Auch bei Vonovia, die mit rund 500.000 Wohnungen der größte Immobilienkonzern in Deutschland ist, und dem zweit- und drittgrößten Immobilienkonzern, der Deutsche Wohnen und der Landesentwicklungsgesellschaft in Nordrhein-Westfalen, halten BlackRock und Co. demnach größere Aktienpakete.

Damit sei auch das große Insiderwissen verbunden. „Niemand sonst – keine Person, keine Institution, keine Bank – hat in Deutschland so viele Aktien gleichzeitig. Nicht nur von den derzeit 40 DAX-Konzernen, die sozusagen die Edel-Liga der deutschen Wirtschaft bilden, sondern auch von den nächsten etwa 100 bis 200 großen Unternehmen in Deutschland. So ist BlackRock, gemeinsam mit anderen, wie Vanguard, führender Aktionär beim Chemiekonzern Bayer. Zugleich waren BlackRock und Co. die führenden Aktionäre beim amerikanischen Chemiekonzern Monsanto. Und dann wurde gesagt: ‚Gut, zwei Konzerne, das ist irgendwie zu aufwändig, wir fusionieren die.‘ Und dann wurde organisiert, dass Bayer Monsanto gekauft hat. In der Folge fallen auf deutscher Seite schätzungsweise 12.000 Arbeitsplätze weg und die Gebühren für das Saatgut und so weiter können mit dieser Monopolstellung erhöht werden. Das sind die Gewinnquellen von BlackRock und Co.“

RT DE: Welche unbekannte Rolle hat BlackRock beim WireCard- Skandal gespielt und warum erfährt man davon bis heute so gut wie nichts davon in den Medien?

Werner Rügemer: Im Fall Wirecard habe es zwar sowohl einen Untersuchungsausschuss als auch Ermittlungen gegeben, so Rügemer. „Aber es wurde nie gefragt: Wer sind eigentlich die Eigentümer? Wer sind die Aktionäre? Wer sind die führenden drei oder fünf führenden Aktionäre von Wirecard?“ Im Kapitalismus laufe es so: Derjenige, der Eigentümer ist, steht auch in der Verantwortung. So stünden dem Eigentümer zwar die vom Unternehmen erwirtschafteten Gewinne zu. Gleichzeitig müsse derjenige aber auch teils schwierige Entscheidungen treffen und den Vorstand beaufsichtigen.

„Aber niemals, auch nicht im Bundestag oder in den Leitmedien, wurde gefragt, was die Wirecard-Eigentümer gemacht haben. Denn Wirecard war ja ein Unternehmen, dass durch seinen scheinbaren Erfolg zum DAX gehörte. Und deswegen zählten zu den führenden Aktionären des Finanzdienstleisters natürlich auch BlackRock und Co.“ Laut Rügemer war BlackRock nicht nur direkter Aktionär bei Wirecard, sondern auch führender Aktionär bei den vier großen Banken, die Wirecard damals mit genau jenen Krediten unterstützten, die später spurlos verschwanden.

Zu den vier größten Kreditgebern von Wirecard zählten seinerzeit die Deutsche Bank, die Commerzbank sowie die französische Bank Société Générale und die niederländische Großbank ING Groep. „Überall dort ist BlackRock führender Aktionär. Und dann kommt noch dazu, wenn in Deutschland oder im kapitalistischen Westen, ein großes Unternehmen einen großen Kredit haben will, dann braucht es eine Bonitätsbewertung, eine Bewertung der Kreditfähigkeit. Ist das ein ordentliches Unternehmen, das den Kredit in der vereinbarten Laufzeit auch ordentlich zurückzahlen kann? Wie sieht es Unternehmensintern aus?“ Um an einen Kredit zu kommen, sind Firmen auf ein sogenanntes Rating angewiesen, das sich aus der Bonitätsbewertung eines der vielen Ratingkonzerne ergibt.

„Da gibt es die drei großen marktbeherrschenden amerikanischen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Über die Jahre hat Wirecard bei Aufnahme eines Kredits zur Überprüfung immer die Ratingagentur Moody’s beauftragt. Dafür hat der Finanzdienstleister von Moody’s immer bescheinigt bekommen, dass Wirecard ein ordentliches Unternehmen sei. Und wem gehört Moody’s? Natürlich BlackRock und Co. Die Investmentgesellschaft ist Großaktionär bei Moody’s. Und da muss man schon fragen, weshalb BlackRock nichts von dem Betrug gemerkt hat, obwohl der Finanzriese gleichzeitiger Großaktionär bei Wirecard, bei den kreditgebenden Banken und auch bei der zuständigen Ratingagentur war.“

Eine Frage, der laut Rügemer bis dato jedoch nicht nachgegangen wird.

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