Verschiedene russische Quellen sprechen bereits vom Abzug der ukrainischen Armee (UAF) aus Bakhmut bzw. Artemovsk. Offenbar sind die Kämpfer der Private Military Company (PMC) „Wagner“ bis an den Bach Bakhmutka vorgestoßen, der durch die Stadt fließt.  Nun, ein russisches Sprichwort sagt, man solle das Fell des Bären nicht verkaufen, solange man ihn nicht erlegt hat. 

Bis vor wenigen Tagen war von einem Abzug der UAF aus Bakhmut nicht viel zu sehen. Wie schon im Februar dieses Jahres standen in der Stadt nach wie vor sechs Brigaden und eine Reihe selbstständiger Bataillone der ukrainischen Armee, zusammen mit Sicherungsverbänden aus Polizei und Nationalgarde (1). Zusammen mit den nördlich und südlich anschließenden Verbänden dürfte somit in gutes Dutzend Brigaden der UAF im Raum Seversk – Bakhmut – Kostiantynivka (russisch Konstantinovka) eingesetzt sein.

Karte: Lage der UAF in Bakhmut (Artemovsk), 07.03.2022 und Ereignisse der folgenden Tage
Karte Live UA Map, Ergänzungen: Verfasser

Zu den Verbänden der UAF kommen auch Freiwilligenverbände, die in den Lagekarten als Sonderoperationskräfte (SOK) ausgewiesen sind. Solche SOK stehen im Zentrum von Bakhmut und entlang der Straßen nach Chasiv Yar und Kramatorsk. Einerseits besteht die Möglichkeit, dass diese Verbände als „Stay-Behind“ Kräfte vorgesehen sind, die nach einer allfälligen Einnahme der Stadt durch die Russen aus dem weit verzweigten System von Salzbergwerken unter der Stadt den russischen Truppen und den Kämpfern der PMC Wagner das Leben schwer machen sollen. Die andere Variante besteht darin, dass diese SOK Rückzug der mechanisierten Formationen decken, wie schon die Soldaten des 3. und des 8. Spezialkräfte Regiments 2015 in Debaltsevo (2).

Im Januar 2015 gingen Gerüchte umher, wonach die Ukraine Sperrverbände aufstellte, welche wie die NKWD-Sperrbataillone der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg die Flucht von Truppen von der Front verhindern sollten. Entsprechende Befehle aus dem Kommando der sogenannten „Antiterror-Operation“ waren damals in russischen Medien präsentiert worden (3). Diese wurden von den ukrainischen Behörden umgehend als Fälschung bezeichnet, die umgekehrt die russischen Streitkräfte bezichtigten, solche Formationen aufzustellen. Die Ukraine habe genügend Freiwillige, die an die Front gingen (4).

Allerdings zeichnet eine Analyse des ukrainischen Generalstabs zu den Feindseligkeiten im „Brückenkopf“ Debaltseve vom 27. Januar bis 18. Februar 2015 ein anderes Bild: Damals ereigneten sich zahlreiche Meutereien, namentlich bei der 24., 30., 57. und 92. Mechanisierten Brigade, dem 3. und 8. Spezialkräfte Regiment, sowie dem 25. und 40. Motorisierten Infanterie Bataillon. Darüber hinaus unterstützte ein Teil der Stadtbevölkerung von Debaltsevo die „illegalen bewaffneten Gruppen“, d.h. die Kämpfer der selbsternannten Volksrepubliken von Donetsk und Lugansk. Mit ihrer Hilfe erhielten die Rebellen beinahe in Echtzeit vollständige und detaillierte Informationen über die ukrainischen Truppen und ihre Stellungen.  Weiterlesen in globalbridge.ch