Deutsche Medien: Isoliert in der Welt  von Roberto De Lapuente Overton Magazin

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Deutsche Medien: Isoliert in der Welt

Leeres tagesschau-Studio.
New York-air, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

 

 

Deutsche Medien: Isoliert in der Welt

Leeres tagesschau-Studio.
New York-air, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Russland wolle laut tagesschau ständig belegen, dass es nicht isoliert sei. Was bei dieser Betrachtung zum Vorschein kommt: Die Isolation der tagesschau.

Neulich erklärte Stephan Laack der tagesschau-Leserschaft, worum es Russland und seinem Außenminister Lawrow wirklich gehe: Man wolle der Welt aufzeigen, dass das Land gar nicht isoliert sei in der Welt. Dass dieser Umstand selbstverständlich so nicht stimme, wisse man gemeinhin: Schließlich berichtet die tagesschau häufig von diesen russischen Bemühungen. Und das freilich so zuverlässig, wie man das von einem Qualitätsmedium erwarten darf – als Gebührenzahler zumal.

Lawrow sprach letzte Woche erneut von einer Weltmehrheit, die nicht den Kurs des »kollektiven Westens«, wie er es nennt, teile und sich daher nicht von Russland abgewandt habe. Laack schreibt in seinem Bericht »Weltmehrheit« in Anführungszeichen. Als sei sie eine Spinnerei Lawrows. Die Mehrheit sei schließlich die NATO. Nur eine kleine Zahlenspielerei: Die Einwohnerzahl aller NATO-Mitgliedsländer liegt bei etwa 950 Millionen Menschen – bei einer Weltbevölkerung von bald 8,1 Milliarden Seelen, rekrutiert sich der Mehrheitsanspruch des Westens aus einem Achtel aller Menschen hienieden.

Whatsaboutism – unsere verdammte Doppelmoral

Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Dennoch rücken auch hinkende Zahlenspiele zuweilen etwas in den Fokus, relativieren die an sich so unumstößlichen »Wahrheiten« des Augenblicks – hier zum Beispiel, dass die Isolation, die sich in qualitätsmedialen Formaten wie der tagesschau stets mit dem Hinweis auf die NATO erklärt, nicht ganz so eindrucksvoll sein kann.

Laack schreibt für das Flaggschiff deutscher Berichterstattung weiter: »Lawrow geht darüber hinweg, dass bei der jüngsten UN-Vollversammlung mit 141 Ländern die überwältigende Mehrheit Russland zum sofortigen, vollständigen und bedingungslosen Abzug aus der Ukraine aufgefordert hatte.« Was der Berichterstatter dabei geflissentlich nicht erzählt: Nur 38 Länder haben im Juli 2022 Sanktionen gegen Russland verabschiedet – in Relation: 38 von 191 UN-Mitgliedsstaaten.

Das hat damals tagesschau und Kollegen nicht dazu gebracht, die Parole vom isolierten Russland zu unterlassen. Im Gegenteil: Diese aus westlicher Sicht schlechten Zahlen wurden mit immer lauteren Schreien, Russland und Putin seien isoliert wie nie, übertüncht. Kai Ambos berichtet darüber übrigens in seinem Buch »Doppelmoral. Der Westen und die Ukraine«: Der Titel nimmt eine Diagnose vorweg.

Solche Vergleiche werden gemeinhin als Whatsaboutism gekennzeichnet: Sie gelten heute als wenig schicklich. Deswegen sind sie aber noch lange nicht zu unterlassen. Es sei denn, man möchte verschleiern und verschleppen.Weiterlesen in overton.de

 

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