Deutschland entzieht Schiiten Grundrecht auf Religionsausübung Von Yavuz Özoguz

Deutschland entzieht Schiiten Grundrecht auf Religionsausübung

Deutschland entzieht Schiiten Grundrecht auf Religionsausübung Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Artikel 4 heißt es: (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Deutschland entzieht Schiiten Grundrecht auf Religionsausübung

Von Yavuz Özoguz

24.03.2022

Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Artikel 4 heißt es: (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Das sehen der Verfassungsschutz und einige Innenminister der Länder heutzutage anders und verhängen faktisch Religionsverbote, ohne dass es in Deutschland bemerkt worden ist.

Von wem stammt wohl folgende Aussage?

„Die schiitischen Muslime besitzen aber eine von der allgemeinen menschlichen Moral abweichende Sittenauffassung, sind auch durch ihre rechtlichen und politischen Grundsätze von uns geschieden. Der Quran ist für sie nicht nur ein religiöses Gesetz, sondern auch ein Rechtskodex und eine politische Verfassung.“

Hat das der ehemalige Bundesinnenminister Seehofer gesagt, der vor allem für seinen Satz, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, bekannt geworden ist? [1] Die Verbreitung jenes Satzes gehörte zu seinen ersten Amtshandlungen als Innenminister. Oder stammt er vom CDU-Abgeordneten Linnemann, der gleich ein Buch mit dem Titel „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“ herausgegeben hat? [2] Als möglicher Autor käme auch der ehemalige Bayerische Innenminister in Frage, der gesagt hatte: „Deutschland will aber nicht den Islam integrieren, sondern seine kulturelle Identität bewahren“ [3] Weitere Verdächtige wären der ehemaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière oder der ehemalige Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble nach denen der Islam nicht in die deutsche Gesellschaft integrierbar sei [4]. Vielleicht war der Autor jener zwei Sätze ja nicht ganz so berühmt. Dann käme auch Heinz Theisen von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Frage, der behauptet hat: „Für Demokraten sind individuelle Menschenrechte nicht verhandelbar. An dieser Stelle wird die Inkompatibilität mit der islamischen Kultur unübersehbar…“ [4]. So etwas ausgerechnet von einem Katholiken zu lesen, mag verstörend wirken, aber es klärt nicht die Frage, wer die obigen Sätze formuliert hat. Die Liste von deutschen Spitzenpolitikern, Intellektuellen, Think-Tanks, Meinungsmachern und vielen anderen mehr, die sich offen als „Islamkritiker“ outen und einen mehr oder minder offenen Islamhass zum Ausdruck bringen, könnte Bücher füllen. Wir leben in einem Land, in dem einer der berühmtesten Tagesschausprecher vor allem durch ein augenscheinlich nur so von Islamhass strotzendes Buch berühmt geworden ist [5].

Doch alle diese potentiellen Kandidaten für die Urheberschaft des obigen Satzes – so ähnlich alle ihre Aussagen inhaltlich gewesen sein mögen – waren nicht der Autor. Der tatsächliche Autor hieß Theodor Fritsch und ist 1933 verstorben [6]. Er war einer der berühmtesten Antisemiten seiner Zeit und hat bereits 1887 den sogenannten Antisemiten-Katechismus herausgegeben. Obiger Satz stammt aus dem von ihm 1933 herausgegebenen Buch „Die Zionistischen Protokolle“ und steht im vom autorverfassten Schlusswort. Allerdings muss man den Begriff „schiitische Muslime“ durch „Juden“ ersetzen und „Quran“ durch „Talmud“, um den Originalsatz vor sich zu haben. Im weiteren Verlauf des Textes heißt es: „Und dieses jüdische Gesetz bindet den Juden so seht, dass er in Wahrheit niemals aufrichtiges Mitglied eines nichtjüdischen Staates sein kann.“ Kommen einem diese Sätze nicht sehr „vertraut“ vor, wenn es um Islam geht? Ist es nicht so, dass es vor 100 Jahren in Deutschland den angesehenen Beruf des „Judentumkritikers“ gab mit den bekannten Folgen und 100 Jahre später ein nahezu identisches Gedankengut unter der Berufsbezeichnung „Islamkritiker“ verbreitet wird?

Vor gut einer Woche sind in Deutschland – also keine 100 Jahre nach der Schließung großer Gotteshäuser – zwei der 10 größten schiitischen Gotteshäuer geschlossen und konfisziert worden. Damit wurden mehrere tausend Schiiten in Deutschland ihrer Gebetsräume beraubt. Getragen wurden die Moscheeschließungen vom gleichen Geist wie damals. Beraten wurden die Behörden von arabischsprachigen Islamhassern, die nicht einmal die einfachsten islamischen Kalligrafien zu entschlüsseln in der Lage sind, genau wie damals die Deutschen lange vor den Nazis keine Ahnung vom Judentum hatten (und auch nicht haben wollten!). Allein die Verbotsverfügungen, die jeweils weit über 100 Seiten umfassen, sind ein historischer Beleg für die Muslimfeindlichkeit unserer Zeit. Bei einem Geistlichen, dessen Haus am frühen Morgen durchsucht worden ist, wurde sogar das angesparte Privatgeld der Tochter konfisziert, die damit ihren Führerschein finanzieren wollte; Sippenhaft in Reinkultur in Deutschland 2022! Wer immer noch nicht erkennen will, in welches Fahrwasser dieses Deutschland geraten ist, wird seinen Enkeln – soweit überhaupt noch vorhanden – genau so ein Deutschland hinterlassen, wie es einstmals die Großväter hinterlassen haben. Die Enkel werden sich schämen!

Wie geradezu idiotisch die Behörden dabei ihre eigenen Innensenatoren zum Gespött für die Geschichtsbücher machen, zeigt folgendes Beispiel: Der Bremer Innensenator hat in aller Öffentlichkeit behauptet, die inzwischen verbotene Mustafa-Gemeinschaft hätte einen deutschen Hisbollah-Kämpfers als „Märtyrer“ verehrt. Tatsächlich gab es in mehreren Stellen in der Moschee das Foto eines jungen libanesisch-stämmigen Deutschen, dessen Foto mit schwarzem Trauerband umrahmt war und auf den Fotos der Begriff „Märtyrer“ stand. Das Problem dabei ist: Der junge Mann ist nicht im Libanon gestorben, sondern in Bremen bei einer Trauerveranstaltung zu Aschura [6] an Herzversagen. Weil die Teilnahme an jenen Trauerveranstaltungen als besonders ehrenvoll gilt, und der junge Mann dort einen Herzstillstand erlitten hat, was hunderte Gemeindemitglieder miterlebt haben, wird er seither in der Gemeinde als „Märtyrer“ geehrt, selbst wenn er es im religionsrechtlichen Sinn gar nicht ist. Genauso absurd verhält es sich mit jenen angeblichen Hisbollah-Predigern, die in den inzwischen verbotenen (und noch nicht verbotenen) Gemeinden gesprochen haben sollen. Sie alle hatten ein gültiges Visum für Deutschland von deutschen Behörden erhalten. Erteilen deutschen Behörden neuerdings Visa an potentielle Terroristen, damit sie in Moscheen predigen, damit diese geschlossen werden können? Gemäß manchen Verbotsverfügungen haben die Prediger noch nicht einmal gepredigt, sondern lediglich ein Gemeinschaftsgebet geleitet.

Während mancher Vorwurf sicherlich moscheespezifisch ist, wird in allen bisher vorliegenden Verbotsverfügungen für die Moscheen ein Aspekt des schiitischen Islam angegriffen, der essenzieller Bestandteil des Glaubens ist. Demnach sind alle Schiiten, die mit dem Statthalter der Rechtsgelehrten sympathisiert, verfassungsfeindlich gesonnen. Der Vorwurf geht allerdings weiter. Jeder Schiit, der Anhänger eines Vorbildes der Nachahmung [8] ist, gilt aus allen bisher bekannten Verbotsverfügungen heraus betrachtet als verfassungsfeindlich. Dazu muss man wissen, dass das „Vorbild der Nachahmung“ für einen Schiiten so etwas ist, wie der Papst für einen Katholiken. Der Hauptunterschied besteht darin, dass jeder Schiit sich seinen eigenen „Papst“ auswählen kann (und muss!). Daher gibt es in der schiitischen Welt mehrere Vorbilder der Nachahmung. Für den Verfassungsschutz ist aber offensichtlich allein die Institution des „Vorbildes der Nachahmung“ ein Grund, den Gläubigen als verfassungsfeindlich zu brandmarken. Das wäre so ähnlich, als wenn man jeden Katholiken, der sich zum Papst bekennt, derart einstuft, wobei der Papst ein Staatsoberhaupt ist aber das aktuell nur für einen der Vorbilder der Nachahmung gilt, nämlich die Heiligkeit unserer Zeit Imam Chamenei [7]. Der Titel „Heiligkeit unserer Zeit“ stammt übrigens von dem Katholiken Ernesto Cardenal, Gott habe ihn selig [8].

Faktisch ist damit die gesamte Schia in Deutschland mit mindestens 1-2 Millionen Anhängern zu Verfassungsfeinden erklärt worden. Das kommt letztendlich einem Religionsverbot gleich. Viele Schiiten wollen das bis heute nicht wahrhaben. Sie glauben immer noch an ein Minimum an Rechtstaatlichkeit. Sie glauben immer noch, dass es spezifische Gründe dafür gibt, dass jene Vereine verboten worden sind und sie selbst schuld seien. Sie übersehen, dass in den Verbotsverfügungen ausnahmslos sämtliche Prediger von Rang und Namen in Deutschland, seien sie Befolger von Imam Chamenei im Iran, Großayatollah Sistani im Irak oder dem verstorbenen Großayatollah Fadhlullah im Libanon als Verfassungsfeinde gebrandmarkt werden. Es gibt faktisch keine Unterscheidung mehr, obwohl alle Prediger in vielen Detailfragen sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Nur in einer einzigen Frage sind sich alle Prediger einig: Ein Apartheidstaat, der seit Jahrzehnten mit voller westlicher Unterstützung Besatzungsstaat ist, gilt allen als unmenschlich! Genau das aber ist der Hauptvorwurf an die Schiiten in Deutschland. Israel ist heilig und darf in seinem Bestand nicht in Frage gestellt werden, selbst wenn jener Bestand nur als Apartheidstaat und Besatzungsstaat möglich ist. Mag sein, dass viele Schiiten sich jetzt verstecken und nicht mehr in der Öffentlichkeit auftreten werden. Aber ein wahrer Anhänger Imam Husains [9] wird sich niemals der Unterdrückung ergeben, eine Unterdrückung, die der Verfassungsschutz mit immer drastischeren Maßnahmen durchzusetzen versucht.

Es steht heute schon fest – unabhängig davon, was noch geschieht – dass auch heutige Politiker des Landes als Religionsfeinde, als Rassisten und Islamhasser in die Geschichtsbücher eingehen werden. Es steht fest, dass spätere Historiker den heutigen Verfassungsschutz nicht mehr als Schützer der eigenen verfassungsmäßigen Ordnung einstufen werden, sondern als Schützer der imperialistischen Ordnung geführt von den USA. Alle diese Dinge erfolgen zum großen Schaden Deutschlands. Tausende Jugendliche werden frühzeitig zur Staatabneigung gedrängt. Tausende Familien werden in eine Richtung gelenkt, die zum Schaden des Staates führen wird. Selbst die friedvollsten Prediger der Welt können kaum gegen all den Hass ankämpfen, der von einem seine eigenen Grundsätze brechenden Staat ausgeht.

Es ist weit über ein Jahrzehnt her, dass ich zusammen mit meinem Bruder ein Buch über die Lage in Deutschland geschrieben habe, in dem eines der letzten Kapitle den Titel trug: „Dialog ist trotz allem möglich“. [10] Selbst jemand, wie meine Wenigkeit, der 40 Jahre lang die Einhaltung der deutschen Gesetze gepredigt hat [11] und das auch weiterhin tun wird, der vier Jahrzehnte lang einen Ausgleich zwischen dem weite verbreiteten Islamhass im Land und den Muslimen angestrebt hat, der alle diejenigen, die meiner Stimme ein Gewicht verleihen, dazu aufgefordert hat, so weit möglich dem Staat nicht zur Last zu fallen, Berufe auszuüben, anständige Kinder zu erziehen usw. usf., selbst meine Wenigkeit kommt zu dem Schluss, dass aktuell ein Dialog mit Menschen, deren Denkweise von Hass auf den Islam dominiert ist, kaum mehr möglich ist. Daher müssen alle muslimischen Gemeinschaften (nicht nur Schiiten) ab sofort Schutzmaßnahmen ergreifen für den Fall, dass sie morgen geschlossen werden, wovon jede Gemeinde ausgehen muss. Und das betrifft nur am Anfang die Muslime. Russisch-orthodoxe werden folgen wie auch „Corona-Leugner“ und die zunehmende Zahl der Organisierten, die diesem Staat nicht trauen.

Der massive Vertrauensverlust beim eigenen Volk ist das Schlimmste, was einem Staat passieren kann. Wenn jener Vertrauensverlust durch eine Entfremdung der Parallelgesellschaft von Politikern und ihren Presstituierten so weit vorangeschritten ist, dass die „Oberen“ und ihre Presselautsprecher gar nicht mehr wissen, was im Volk geschieht, dann hat sich die BRD in einen DDR 2.0 gewandelt. Wie die DDR abgewickelt wurde, sollte auch heutigen Verfassungsschützern bekannt sein. Nicht alle sind straflos davongekommen. Und das gilt nicht nur für die NSU-Verwicklung, für die Amri-Verwicklung und andere staatserschütternde Geheimnisse. Das wird eines Tages auch für die Verfolgung der Muslime gelten.

Wir stehen an der Tür zum Heiligen Monat Ramadan. Die Welt befindet sich in einem Wandel sondergleichen in historischer Turbo-Geschwindigkeit. Tausende Familien in Deutschland haben ihre Gemeinden verloren, in denen sie abends gemeinsam das Fastenbrechen hätten feiern können. Sie werden auf Familienebene ausweichen. Alle anderen Gemeinden aber können intensiver als je zuvor ihr Fasten allen Unterdrückten der Welt widmen: Den mit westlicher Hilfe von Saudis bombardierten Jemeniten, den mit westlicher Hilfe von den USA teilweise besetzten Syrern, den mit westlicher Hilfe zerstörten Libyern, den Irakern und Afghanen und den vielen anderen Brandherden dieser Welt, die von den USA und ihren Verbündeten angezündet worden sind. Wir können beim abendlichen Iftar den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinde stärken, damit nach der bevorstehenden gewaltsamen Enteignung (wann immer das sein soll), die friedliche Gemeindearbeit ohne Räumlichkeiten weitergehen kann. Wenden wir uns gemeinsam an den Allmächtigen, der Seine Diener niemals allein lässt. Zeigen wir unserer Umgebung mehr als je zuvor, wie sehr wir uns für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Insbesondere empfehle ich den Gemeinden, die es sich finanziell und räumlich leisten können, auch Nichtmuslime zu ihren Abendlichen Iftars einzuladen und jene Abende in deutscher Sprache zu gestalten, damit die Gäste sich wohlfühlen. In diesem Sinn wünsche ich uns allen eine gesegnete Vorbereitung auf den Heiligen Monat Ramadan.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*