Vom Heulen mit den Wölfen und dem Weinen mit den Krokodilen – Der 9. November 2020 – dar-al-janub

 

Schlimme Erinnerungen werden in mir wach, nach lesen dieses ausgzeichneten Artikels. Dank an Claudia Karas für die Weiterleitung  zur Verbreitung, die sich lohnt.

Vom Heulen mit den Wölfen und dem Weinen mit den Krokodilen – Der 9. November 2020 – dar-al-janub

„ Der Gegner hat ein institutionalisiertes Gedächtnis. Er weiß, was in der Vergangenheit bei der Aufstandsbekämpfung funktioniert hat und was nicht so gut funktioniert hat „. Dhoruba al-Mujahid bin Wahad Am 9. November 2020 traten sie im Morgengrauen mit ihren Kampfstiefeln und Hunden die Türen ein, Türen zu Wohnungen, Kinder- und Schlafzimmern – Türen zu Gotteshäusern.

Der Gegner hat ein institutionalisiertes Gedächtnis. Er weiß, was in der Vergangenheit bei der Aufstandsbekämpfung funktioniert hat und was nicht so gut funktioniert hat“.

 

Vom Heulen mit den Wölfen und dem Weinen mit den Krokodilen – Der 9. November 2020 – dar-al-janub

Am 9. November 2020 traten sie im Morgengrauen mit ihren Kampfstiefeln und Hunden die Türen ein, Türen zu Wohnungen, Kinder- und Schlafzimmern – Türen zu Gotteshäusern. Gotteshäuser, die von den Regierenden nur in Kellerräumen geduldet werden, denn ein richtiges Gotteshaus zu errichten ist längst untersagt. Des Stadtbildes wegen. Sie zerstörten Einrichtungsgegenstände, warfen alles auf den Boden und klauten alles, was irgendwie einem Wertgegenstand glich. Durchsuchung nennt man das heute. Hausdurchsuchung. „Anordnung zur Sicherstellung“. Am 9. November. Dem großdeutschesten Tag der deutschen Tage. Dem Tag der „Wiedervereinigung“ und dem Tag der Reichspogromnacht.

Mehr als zwei Dekaden des Krieges gegen den globalen Süden und ihre Spiegelung an der Heimatfront waren notwendig. Zwei Dekaden des gesellschaftlichen, diskursiven „otherings“, der Exklusion, der medialen Dämonisierung und Diffamierung. Vom Boulevard in Stürmermanier vorpreschend, von den Qualitätsmedien vorsichtig und Schritt für Schritt abwägend, waren dafür notwendig. Dazu brauchte es keiner Nadelstreif-Nazis, die österreichweit „Daham statt Islam“ plakatieren und neuerdings vom christlich-jüdischen Abendland schwärmen, bei dem „der Bindestrich zwischen christlich und jüdisch“ zumeist „in Wahrheit ein Minus ist“ (Gabriel Yoran). Erst der linke Flügel der europäischen Hegemonie hat den plumpen Rassismus von rechts salonfähig gemacht, mit linken Versatzstücken ausgeschmückt, kulturprogressiv parfümiert und vom Stallgeruch des klassisch-biologischen Rassismus befreit.

Die Überfälle des 9. Novembers 2020 erfolgten im Morgengrauen, schwerbewaffnete Einheiten brachen dabei Türen auf, zerstörten Einrichtungsgegenstände und beschlagnahmten alles, was irgendwie von Wert war, alte Handys, Schmuck, Konten, Sparbücher, Uhren… Kleinkinder wurden aus den Betten geholt, mit Taschenlampen geblendet, in die Kälte vor die Tür gestellt, traumatisiert. Die Überfallenen wurden als „Zeugen“ wie schwerstkriminelle behandelt, bis zu 18 Stunden verhört und anschließend erst plötzlich als „Beschuldigte“ bezeichnet. Wer noch an einen Rechtsstaat glaubt, müsste aufschreien, doch der Aufschrei, selbst der linksliberalen Zivilgesellschaft blieb aus. Die „Fragen“ der Polizei, die u.a. der in Wien ansässige Arabische Palästinaclub zusammengetragen hat, triefen nur so von kulturrassistischen Unterstellungen, Suggestiv- und Gesinnungsfragen. Selbstverständlich gibt es keinen Aufschrei, denn die überfallenen sind als Muslimbrüder, Hamas und „Terrorfinanzierer“ markiert. Das liegt auch außerhalb des Mikrokosmos einer selbstverliebten Restlinken. Mehr noch, Teile dieser „Restlinken“ aus dem sogenannten antideutschen/antinationalen Flügel haben jahrelang ideologisch und praktisch Repressionsarbeit für den Staat übernommen und sind dabei zu Ämtern und Würden gelangt, bis hin zu Staatsanwälten und Richtern.

Nein, selbstverständlich kann man die Reichspogromnacht nicht mit einer „Polizeiaktion“ im Stile der Operation Spring vergleichen, die eine beginnende politische Organisierung der black community in den ausgehenden 1990er Jahren im Keim ersticken sollte und erstickte. Und doch, die alten und neuen Nazis dichten bereits  “Was unseren Vätern war der Jud ist für uns die Moslembrut“ und die Muster der Aussonderung, Stigmatisierung und Dehumanisierung – auch und gerade im linksliberalen Diskurs – sind ähnlich. Und während parallel die Vorbereitungen für die zelebrierte Betroffenheit über die Pogrome und die ermordeten Menschen getroffen werden, an der staatstragend und institutionalisiert der vergangenen Verbrechen und Massenmorde gedacht wird, beteiligen sich die selben Institutionen an der Stigmatisierung, Diffamierung und Denunziation muslimischer Menschen. Unter dem Label, den die Herrschenden und ihre zivilgesellschaftlichen Institutionen diffus als „politischen Islam“ bezeichnen, richten sie „Dokumentationsstellen“ ein, die die Vorbereitungen für eine Kriminalisierung von Menschen hier treffen und zugleich die Kriege und Massenmorde Europas, der USA und des europäischen Siedlerstaates im globalen Süden legitimieren.

 

Verein für antirassistische und friedenspolitische Initiative

Kontakt/Adresse:
Dar al Janub – Zentrum Interkultureller Begegnung
Dehmelgasse 1 (Ecke Herbststraße 101)
A-1160 Wien

Tel.: +43 677 630 490 73
e-mail: verein@dar-al-janub.net

 

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