Die Folgen eines Krieges gegen China German Foreign Policy

Die Folgen eines Krieges gegen China

(Eigener Bericht) – Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fordert Patrouillenfahrten europäischer Seestreitkräfte in der Straße von Taiwan und stellt damit einmal mehr Chinas rote Linien in Frage. Die Taiwanstraße sei ein „absolut entscheidendes Gebiet“, in dem man die „Freiheit der Seefahrt“ garantieren müsse, behauptete Borrell am Wochenende in einem Zeitungsbeitrag.

Die Folgen eines Krieges gegen China

Borrell fordert Patrouillenfahrten in der Taiwanstraße, Baerbock vermeidet „Nein“ zu Krieg gegen China. Experten in Australien sagen schwerste Folgen eines Krieges für die eigene Bevölkerung voraus.

BERLIN/CANBERRA/BEIJING (Eigener Bericht) – Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fordert Patrouillenfahrten europäischer Seestreitkräfte in der Straße von Taiwan und stellt damit einmal mehr Chinas rote Linien in Frage. Die Taiwanstraße sei ein „absolut entscheidendes Gebiet“, in dem man die „Freiheit der Seefahrt“ garantieren müsse, behauptete Borrell am Wochenende in einem Zeitungsbeitrag. Außenministerin Annalena Baerbock beantwortet die Frage, ob sie mit aggressiven Aussagen zu Taiwan eine mögliche „deutsche Beteiligung an einem Krieg gegen China“ habe ankündigen wollen, ausweichend und vermeidet ein „Nein“. Die Kriegsgefahr in Ostasien ist inzwischen so hoch, dass in Australien, einem Schauplatz regelmäßiger Kriegsübungen der Bundeswehr, der öffentlich-rechtliche Sender ABC offen die zu erwartenden konkreten Folgen eines Kriegs für die australische Bevölkerung diskutiert. Militärexperten waren sich gegenüber der ABC einig, der Westen könne einen solchen Krieg nicht gewinnen; Australien habe aber mit immensen Verlusten und dem Absturz in die Armut, eventuell sogar mit nuklearer Vernichtung zu rechnen. Sie fordern dringend, einen Krieg gegen China zu verhindern.

Im Dienst von US-Interessen

Um die Folgen eines etwaigen Krieges gegen China für das eigene Land in den Blick zu nehmen, hat kürzlich die Australian Broadcasting Corporation (ABC), Australiens öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft, vier erfahrene Insider befragt, die im Lauf ihrer Karriere jeweils Führungspositionen in den politisch-militärischen Hierarchien des Landes innehatten, an militärischen Operationen beteiligt waren und Einsicht in Papiere sämtlicher Geheimhaltungsstufen nehmen konnten. Es handelt sich um Professor Hugh White, einen ehemaligen stellvertretenden Staatssekretär für Strategie und Geheimdienste im Verteidigungsministerium; Admiral Chris Barrie, 1998 bis 2002 Oberbefehlshaber der Streitkräfte; Allan Behm, einst Leiter der Abteilungen für Internationale Politik und Strategie im Verteidigungsministerium; und Professor Clinton Fernandes, Ex-Militärgeheimdienstler. Alle vier sind fest überzeugt, dass die Vereinigten Staaten im Fall eines Krieges gegen China auf einer Beteiligung Australiens bestünden und dass sich die Regierung in Canberra dem nicht entziehen werde. Behm beklagt ausdrücklich eine „fundamentale strategische Pathologie“ des australischen Establishments, „US-Interessen auf Kosten unserer eigenen Interessen zu unterstützen“.[1]

„Bestenfalls ein militärisches Patt“

Alle vier von der ABC befragten Experten stimmen zudem darin überein, dass die Vereinigten Staaten einen Krieg gegen China nicht gewinnen können. Das deckt sich mit den Resultaten zwar nicht aller, aber doch einer Mehrheit der sogenannten war games in den USA, bei denen Denkfabriken, Regierungsmitarbeiter und Militärs konkrete Kriegsszenarien durchdeklinieren.[2] Die Experten weisen darauf hin, dass sowohl die USA als auch China über immense High-Tech-Militärapparate verfügen. Haben die US-Streitkräfte im Gegensatz zu den chinesischen umfangreiche Erfahrung mit dem Führen von Kriegen, so können die chinesischen Streitkräfte daraus Vorteile ziehen, dass sie auf oder nahe dem eigenen Territorium kämpfen müssten, während die US-Truppen riesige Nachschubwege über den Pazifik zu bewältigen hätten. Käme es zu einem Abnutzungskrieg wie in der Ukraine, könnte China zudem auf seine erheblich größeren Streitkräfte setzen. White urteilt, er sehe „keine glaubwürdige Chance für Amerika, einen Krieg mit China um Taiwan zu gewinnen“. Behm differenziert dahingehend, dass er im Fall eines Krieges, der in den nächsten fünf bis zehn Jahren begänne, als „bestes Szenario für die USA ein Patt“ prognostiziert, während er mit Blick auf Chinas rasante Aufrüstung urteilt, „nach 2035“ sei „ein chinesischer Sieg über die USA das wahrscheinlichere Ergebnis“.

Dramatische Verluste

Was die konkreten Kriegsszenarien anbelangt, sind sich die Experten uneinig. Während White davon ausgeht, ein Waffengang zwischen den USA und China werde sich vorrangig auf See abspielen, rechnet etwa Fernandes eher damit, dass China Taiwan blockieren könne; die weitere Entwicklung hänge vor allem davon ab, ob die Vereinigten Staaten die Blockade mit Waffengewalt zu beenden suchten. Einig sind sich wiederum alle darin, dass ein US-Krieg gegen die Volksrepublik, an dem sich Australien beteilige, zu immensen Verlusten an Menschenleben und zu dramatischen sonstigen Schäden führen werde. Fernandes weist darauf hin, dass schon der Verlust einer einzigen Fregatte 170 Menschenleben koste. White geht fest davon aus, ein solcher Krieg werde schon innerhalb kürzester Zeit „die Zahl an Verlusten übertreffen, die in Vietnam und in Korea erlitten wurden“. Barrie, als ein ehemaliger Oberbefehlshaber der Streitkräfte ganz besonders mit den Folgen von Kriegen vertraut, warnt eindringlich, ein Krieg gegen China werde sich auf alle Australier auswirken, nicht zuletzt ökonomisch: Zusätzlich zum Verlust an Menschenleben werde er „uns alle in die Armut treiben“, schlimmstenfalls „die meisten von uns umbringen, wenn der Krieg zum Atomkrieg wird“. Weiterlesen german-foreign-policy.com

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