Die Hungermacher (IV)

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Die Hungermacher (IV)

EU weist Bitte des UN-Generalsekretärs zurück, ihre Sanktionsblockade russischer und belarussischer

Düngemittelexporte aufzuheben. Düngermangel führt zu Hunger im Globalen Süden.

BRÜSSEL/MINSK/MOSKAU (Eigener Bericht) – Trotz einer persönlichen Intervention von UN-Generalsekretär António Guterres verhindert die EU weiterhin Düngemittelexporte aus Russland und Belarus und treibt damit zahlreiche Länder Afrikas in den Hunger. Konkret weigert sich Brüssel zur Zeit, Ausnahmen bei seinen Sanktionen gegen Belarus zu gewähren, die es ermöglichen würden, den sanktionsbedingt grassierenden Düngermangel vor allem auf dem afrikanischen Kontinent zu reduzieren. Experten zufolge ist der Düngemitteleinsatz in Afrika südlich der Sahara bereits um ein Viertel gesunken. Mit deutlich geringerer Ernte und empfindlich steigendem Hunger ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Guterres war zum EU-Gipfel nach Brüssel gereist, um für ein Ende der Düngemittelblockade zu plädieren, war jedoch von – so der EU-Jargon – „uns Europäern“ abgewiesen worden: Man sei nicht bereit, die Sanktionen einzuschränken, nur um „die UNO zu beschwichtigen“, hieß es. Besonders die Russland-Sanktionen tragen weiter zum Düngermangel bei, der sich in diesem und in den kommenden Jahren in einer zusätzlichen Knappheit an Nahrungsmitteln vor allem in den Ländern des Globalen Südens niederschlagen wird.

Die Düngemittelblockade

Die Versorgung der Welt mit Düngemitteln ist nach wie vor angespannt. Hauptursache ist unverändert der Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland, einen der größten Hersteller von Düngemitteln weltweit. Zum einen erschwert es der Wirtschaftskrieg immer noch, russische Düngemittel zu exportieren. Zwar haben die EU-Staaten offiziell Lieferungen, die der Sicherung der Nahrungsmittelversorgung dienen, von ihren Sanktionen ausgenommen. Doch stehen immer noch die Sanktionen gegen die russische Finanz- und Transportbranche zahlreichen Ausfuhren im Weg. Hinzu kommt – wie üblich –, dass das undurchsichtige Sanktionsregime bei westlichen Firmen Unsicherheiten schafft und sie wegen verbleibender Risiken oft davon abhält, russische Düngemittelexporte etwa mit Versicherungen oder Hafendienstleistungen zu unterstützen – auch dann, wenn das mit den Ausnahmeregelungen der EU formal möglich wäre. Nicht zuletzt blockiert die Ukraine weiterhin die Pipeline aus der russischen Stadt Togliatti nach Odessa, die riesige Mengen Ammoniak transportieren kann. Ammoniak ist ein zentraler Grundstoff für die Düngemittelproduktion. Pipelines, die nicht Ammoniak, sondern Erdgas in die EU transportieren, werden von der Ukraine nicht blockiert.[1]

Absatz eingebrochen

Zum anderen hat das Bestreben der EU, aus dem Erwerb russischen Erdgases auszusteigen, die Erdgaspreise in Europa in die Höhe getrieben – und damit zugleich, da Erdgas in großen Mengen für die Herstellung von Düngemitteln verwendet wird, die Düngemittelpreise stark erhöht. Im Spätsommer 2022 war Erdgas in Europa so teuer, dass die Düngemittelproduktion in der EU zeitweise nicht mehr profitabel zu gewährleisten war und um bis zu 70 Prozent einbrach.[2] Bis Jahresende gingen die Preise zwar wieder zurück; Dünger kostete allerdings laut den Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (World Food Programme, WFP) immer noch rund doppelt so viel wie im Frühjahr 2020.[3] Dies sorgt sogar in der wohlhabenden Bundesrepublik für Probleme. So ist im vergangenen Jahr der Absatz von Düngemitteln in Deutschland Berichten zufolge recht drastisch zurückgegangen: bei Dünger auf der Basis von Stickstoff um rund 13 Prozent, bei Kalidünger um 31 Prozent, bei Phosphatdünger sogar um 40 Prozent. Branchenvertreter warnen vor weit reichenden Folgen. Eine Sprecherin des Bayerischen Bauernverbandes urteilt: „Mit Ertrags- und Qualitätseinbußen wird zu rechnen sein“.[4] Weiterlesen bei german-foreign-policy.com

 

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