Die Ukraine schraubt die Erwartungen an die erwartete Gegenoffensive runter von Thomas Röper

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Kiew unter Druck

Die Ukraine schraubt die Erwartungen an die erwartete Gegenoffensive runter

von Thomas Röper

7. Mai 2023

Die erwartete ukrainische Gegenoffensive ist bisher ausgeblieben. In Kiew werden die Stimmen, die vor allzu hohen Erwartungen an die Erfolgsaussichten der Offensive warnen, immer lauter.

Kiew hat ein Problem. Der Westen hat die Ukraine mit über hundert Milliarden Dollar zugeschmissen, darunter mit Waffen, deren Wert das Jahresbudget des russischen Verteidigungsministeriums übersteigt. Trotzdem kann Kiew keine nennenswerten militärischen Erfolge vorweisen.

Der Westen wartet auf die großspurig angekündigte ukrainische Gegenoffensive, von der es hieß, sei solle mindestens ans Schwarze Meer vordringen, Mariupol zurückerobern, die Krim erreichen und so die russischen Truppen in Cherson von der Versorgung abschneiden. Sogar von einer Rückeroberung der Krim war die Rede.

Seit Wochen kann man nun jedoch beobachten, wie Offizielle aus Kiew versuchen, die Erwartungen der westlichen Sponsoren an die Offensive herunterzuschrauben. Nun hat sich dazu auch der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow wieder zu Wort gemeldet, worüber die New York Times unter der Überschrift „Während Putin seine Zeit abwartet, tickt für die Ukraine die Uhr“ berichtet hat. Der lange Artikel begann wie folgt:

Beginn der Übersetzung:

Beide Armeen haben Panzer, Artillerie und Zehntausende von Soldaten, die bereit sind, sich auf den Schlachtfeldern der Ukraine in einer lang erwarteten ukrainischen Gegenoffensive gegen Russland zu stellen. Doch in einem Punkt unterscheiden sich die beiden Seiten deutlich: Zeit.

Die Ukraine steht unter dem immensen kurzfristigen Druck ihrer westlichen Unterstützer, da die USA und ihre Verbündeten die Gegenoffensive als kritischen Test dafür betrachten, ob die Waffen, die Ausbildung und die Munition, die sie dem Land in den letzten Monaten zur Verfügung gestellt haben, zu bedeutenden Gewinnen führen können.

Falls die Ukrainer hinter den Erwartungen zurückbleiben, riskieren sie eine Erosion der westlichen Unterstützung. Spitzenbeamte in Kiew sind beunruhigt, denn sie wissen, dass der Sieg nicht nur durch Muskeln und Einfallsreichtum auf dem Schlachtfeld errungen werden kann, sondern auch durch einen Test des Willens zwischen dem Kreml und dem Westen – und durch die Frage, welche Seite mehr politisches, wirtschaftliches und industrielles Durchhaltevermögen aufbringen kann, möglicherweise über Jahre hinweg.

Daher hat man in der Ukraine das Gefühl, dass die Uhr für die Kriegsanstrengungen des Landes tickt.

„In Ländern, die unsere Partner und Freunde sind, wird die Erwartung an die Gegenoffensive überschätzt, überhitzt, würde ich sagen“, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Alexej Resnikow in einem Interview in der vergangenen Woche in der Hauptstadt Kiew. „Das ist meine Hauptsorge.“

Die Erwartungen an einen militärischen Erfolg sind nur ein Druckpunkt für die Ukraine. Im nächsten Jahr stehen in den USA Präsidentschaftswahlen an, die möglicherweise eine neue, weniger unterstützensbereite republikanische Regierung hervorbringen werden.

Ende der Übersetzung

Der Erfolgsdruck

Es wird auch im Westen offen gesagt, dass der Westen die Ukraine nicht mehr lange im bisherigen Umfang unterstützen kann. Die Lager für Munition und Waffen vor allem in Europa sind so leer, dass viele Staaten sich bereits Sorgen um die eigenen Armeen machen. Da der Westen, im Unterschied zu Russland, bisher nicht in der Lage ist, Munition so schnell zu produzieren, wie sie in der Ukraine verschossen wird, will die EU die Waffenproduktion verzweifelt erhöhen – bisher mit überschaubarem Erfolg.

In den USA sieht es nicht viel besser aus, auch dort leeren sich die Waffenlager und die Rüstungsindustrie meldet, nicht in der Geschwindigkeit nachliefern zu können, wie Kiew die Munition verbraucht. Die USA können zwar fast unbeschränkt Dollar drucken, aber die Produktion von Munition ist komplizierter als die Erhöhung der Geldmenge. Es ist also absehbar, dass der Westen die Lieferungen nicht mehr lange im bisherigen Umfang fortsetzen kann, was nur in zweiter Linie eine Frage des Geldes ist.

Daher rührt der Erfolgsdruck, der auf Kiew lastet: Die westlichen Sponsoren wollen ein Ergebnis sehen, denn wenn all die bisherigen Waffenlieferungen nichts bringen, dann dürfte es in Zukunft, wenn die Lieferungen zwangsläufig zurückgehen, erst recht keine ukrainischen Erfolge mehr geben.

Viele Politiker im Westen stellen hinter vorgehaltener Hand – oder sogar offen – die Unterstützung für die Ukraine in Frage, die für ihre eigenen Länder zusehends ruinös wird. Wenn Kiew keine Erfolge erzielen kann, dürfte daher auch die politische Unterstützung im Westen nachlassen.

Kiew muss also liefern, selbst wenn es eigentlich nicht zu einer Offensive bereit ist.

Bisher keine militärischen Erfolge

Hinzu kommt, dass Kiew bisher keine echten militärischen Erfolge hatte. Die Geländegewinne im Spätsommer, die von den westlichen Medien als der Anfang vom Ende Russlands gefeiert wurden, waren keine militärischen Erfolge im Kampf gegen die Russen.

Bei Charkow war die Front auf russischer Seite dünn besetzt, was Kiew wohl vor allem von der US-Geheimdiensten erfahren hat. Als die ukrainische Armee dort zum Angriff überging, hat sich die russische Armee weitgehend kampflos auf Linien zurückgezogen, die besser zu halten sind. Charkow war also kein echter militärischer Sieg, sondern das Überrumpeln einer schwach besetzten russischen Linie. So etwas zukünftig zu vermeiden, dürfte der Grund für die Teil-Mobilisierung der Russen kurz darauf gewesen sein.

Und auch bei Cherson hat Kiew nicht im militärischen Kampf gesiegt. Die auf dem rechten Dnjepr-Ufer stehende russische Armee und die Stadt Cherson selbst konnten nicht mehr ausreichend versorgt werden, nachdem die beiden Flussübergänge (Antonow-Brücke und der Staudamm) durch ukrainischen Beschuss unpassierbar geworden sind. Danach gab es nur noch eine kleine Autofähre, auf der ich selbst auch gefahren bin, die aber nicht ausreichte, um die Stadt Cherson und die russische Armee auf dem rechten Flussufer zu versorgen. Außerdem wurde auch die Fähre von Kiew beschossen.

Daher hat Russland das Gebiet auf der rechten Flussseite – sogar mit Vorankündigung – geräumt. Das war ein strategischer Rückzug und die ukrainische Armee konnte dort fast kampflos einrücken.

All die westlichen Waffen haben also nur erreicht, dass Kiew seine Linien einigermaßen halten und dass Kiew die Russen an zwei Stellen überrumpeln konnte. Aber gegen wirklichen militärischen Widerstand der russischen Armee hat Kiew bisher noch nichts erreicht, obwohl es Waffen im Wert von über 50 Milliarden Dollar bekommen hat und die gesamte militärische Aufklärung der USA für die Ukraine arbeitet.

Kommt die Offensive überhaupt?

Die Frage ist daher, ob Kiew überhaupt in der Lage sein wird, eine nennenswerte Offensive durchzuführen. Die Kommentare aus Kiew, wie zum Beispiel des Verteidigungsministers, zeigen, dass Kiew die Erwartungen mit aller Kraft herunterschrauben will.

Schon vor einem Monat wurde aus den USA gemeldet, dass man die Erfolgsaussichten für Kiew nur als gering einschätzt. Danach gab es immer wieder Meldungen darüber, dass russische Raketen große Waffenlager in der Ukraine zerstört haben. Das Abwarten der Ukraine führt dazu, dass die vom Westen gelieferten Waffen im Hinterland zerstört werden können, bevor sie überhaupt zum Einsatz kommen.

Trotzdem wird Kiew etwas versuchen müssen, selbst wenn es sich dabei um ein Selbstmordkommando für die ukrainischen Soldaten handeln sollte.

Verhandeln kommt für Kiew nicht in Frage, das wollen die USA nicht. Daher hat Selensky im September ein Dekret unterschrieben, das Verhandlungen mit Russland unter Strafe stellt.

Die USA kämpfen auch weiterhin bis zum letzten Ukrainer gegen Russland. Und Präsident Selensky verheizt gehorsam sein eigenes Volk. Weiterlesen im anti-spiegel.ru

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