Die unappetlichen Seiten der deutschen Solidarität mit Israel. Von Heiner Roetz.

Ein bemerkenswerter Artikel in der Frankfurter Rundschau!

Nach dem Holocaust: Die Last den anderen aufbürden

8. September 2022

Die unappetlichen Seiten der deutschen Solidarität mit Israel. Von Heiner Roetz.

Tränengas über dem Dorf Yabad nahe der Stadt Dschenin, Westjordanland. © Jaafar Ashtiyeh/afp

Die unappetlichen Seiten der deutschen Solidarität mit Israel. Von Heiner Roetz.

In Medienbeiträgen zu Mahmud Abbas’ Auftritt in Berlin wurde von einer möglichen Mitschuld deutscher Palästina-Komitees am Attentat auf das israelische Olympia-Team 1972 in München gesprochen. Überdies wurden die Komitees in die Nähe des Antisemitismus gebracht. Als einer, der im Frankfurter Komitee dabei war, kann ich diesen pauschalen doppelten Verdacht nicht bestätigen. Die Unterstützer und Unterstützerinnen der Palästinenser, die ich kannte, hatten keine Affinität zum Terrorismus. Sie waren auch keine Antisemiten. Für die Solidarität gab es ganz andere Motive. Und eines von ihnen hatte in der Tat mit dem deutschen Antisemitismus zu tun – aber anders als heute suggeriert. Es bezeichnet einen blinden Fleck noch der aktuellen deutschen Debatte über den Umgang mit dem Holocaust.Die „Aussöhnung“ mit Israel durch „Wiedergutmachung“ war ein zentraler Faktor der Wiederaufnahme Deutschlands – in Form der BRD – in die internationale Gemeinschaft. Der deutsche Bund mit Israel hat allerdings einen Geburtsfehler. Er war keineswegs Ausdruck einer gelungenen Überwindung des Antisemitismus. Der Staat, der ihn ins Werk setzte, war von Nazis und ihren Mitläufern auf allen Ebenen durchseucht – er stand mit dem Dritten Reich personell und oft genug mental in einer obszönen Kontinuität. Adenauers rechte Hand, Hans Globke, war bekanntlich Kommentator der Nürnberger Rassegesetze gewesen.

Es ging nicht darum, Schuld zu bearbeiten, sondern darum, sie loszuwerden – mit Geld und der bedingungslosen politischen Unterstützung Israels, die fortan deutsche Staatsräson wurde. Es ging um den größten noch fehlenden Persilschein, den für den deutschen Staat selbst, und Ben Gurion, der israelische Ministerpräsident, war bereit, ihn auszustellen, indem er versicherte, das neue Deutschland habe mit Nazi-Deutschland nichts mehr zu tun. Die für den Zionismus charakteristische Identifizierung jüdischer mit israelischen Interessen – heute ein offizielles Kriterium für Antisemitismus – machte es möglich. So kam es zur wechselseitigen Konstitution von Israel als Vertreter der Opfer des größten jemals an Juden begangenen Verbrechens, auch wenn diese sich gar nicht zum Zionismus bekannt oder ihn abgelehnt hatten, und Deutschland als geläutertes wieder aufgenommenes Mitglied der zivilisierten Welt. Weiterlesen in fr.de

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