Drei Tage Undercover bei der größten politischen Konferenz der Israellobby

von Robert Bryan, Alter Net, 28. März 2016. Deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V.

usa israelWeder der amerikanische Zionismus noch die Bestechlichkeit von K Street können den AIPAC-Kult im vollen Umfang erklären.

Der American Israel Public Affairs Committee ist ein Kult, und wie bei den meisten Kulten würden sich seine Anhänger wahrscheinlich dieser Etikette widersetzen.

Die Organisation liefert den 100.000 Mitgliedern des AIPAC und seinen 18.000 Vertretern, die letzte Woche seine jährliche Convention in Washington DC besuchten, einen heroischen Vorschlag, um die israelische Sicherheit und demzufolge auch die des jüdischen Volkes zu gewährleisten. Für seine Kritiker ist es eine Veranstaltung der toxischsten Elemente des Zionismus und ein Symptom der Korruption, die Lobbygruppen die Möglichkeit bieten, ihre Agenda zu erweitern, indem sie Politiker kaufen (obwohl sie selbst kein PAC sind, läuft die Korruption der israelischen Lobbypolitiker über eine Serie kleiner PAC-„Filialen“).

Aber weder der amerikanische Zionismus noch die Bestechlichkeit von K Street können die kultähnliche Beschaffenheit des AIPAC vollständig erklären. Obwohl viel über die „jüdischen Werte“ und den Schutz des „jüdischen Volkes“ gesprochen wird, findet sich in der Organisation fast nichts, was man im traditionellen religiösen Sinne als jüdisch bezeichnen kann. (In der Tat verbietet die Thora ausdrücklich die vom Staat geduldete Bestechung der Lobbygruppen wie die des AIPAC: „Nimm kein Bestechungsgeld entgegen, denn das Bestechungsgeld macht diejenigen, die sehen, blind und verdreht die Worte des Unschuldigen“, Exodus 23,8).  

Der AIPAC ist mehr eine politische als eine religiöse Organisation. Denn seine Politik basiert auf einer bewussten Missdeutung der Geschichte, die das palästinensische Volk auslöscht und die israelischen Verbrechen schönredet. Was aus AIPAC einen Kult macht, ist, dass er von seinen Mitgliedern die bedingungslose Treue abverlangt – nicht von einem charismatischen Führer, sondern vom Staat Israel. Wie die Anhänger der Unification Church von Reverend Sun Myun Moon niemals davon überzeugt werden können, dass ihr geliebter Reverend kein Messias war, so ist es auch für die AIPAC-Gefolgsmänner unmöglich, auch die offensichtlichsten Wahrheiten über die illegale Besatzung und die Apartheidpolitik Israels anzuerkennen. Und obwohl Lobbisten den demokratischen Prozess untergraben, indem sie Politiker bestechen, bestehen die AIPAC-Mitglieder darauf, dass sie sich auf der Frontlinie des noblen Kampfes befinden, um die einzige Demokratie des Nahen Ostens zu erhalten.

Ich war dabei

Ich war letzte Woche bei der Konferenz im Convention Center in Washington dabei. Da ich wusste, dass der AIPAC vielen meiner linken Journalistenfreunden die Presseausweise verwehrt hatte, entschied ich mich, mich gepflegt und glatt rasiert in einem marineblauen Anzug mit Krawatte zu präsentieren, um zu vermeiden, als potentieller Unruhestifter wahrgenommen zu werden.

Denn Zionisten beschimpfen schnell jeden als „Judenhasser!“, auch wenn er nur die Möglichkeit einer „zweifachen Loyalität“ unter den amerikanischen Juden anführt. Die Organisatoren der Konferenz schienen diesen Begriff bewusst zu fördern, indem sie Anstecknadeln mit der ineinandergegriffenen amerikanischen und israelischen Flagge verteilten. Ich befestigte die Anstecknadel pflichtbewusst an meinen Rockaufschlag, drapierte meinen persönlichen Ausweis um meinen Nacken und wappnete mich für einen dreitägigen Propagandaangriff.

Als ich am frühen Sonntagnachmittag eintraf, hatten sich zahlreiche propalästinensische Demonstranten (einher mit einem bemitleidenswerten, kleinen Kontingent von Gegendemonstranten), die vom Weißen Haus aus hergekommen waren, vor dem Convention Center zusammengefunden. Verschiedene Aktivisten entfalteten eine Flagge. Es ertönten Lieder für das „Freie Palästina“. Als die Demo ihren Höhepunkt erreichte, sprach ich kurz drei ältere palästinensische Frauen an, die ruhig neben dem hinteren Bereich der Demonstranten standen und nicht beim Namen genannt werden möchten. Eine der Frauen teilte mir mit, dass sie 1970 in die USA ausgewandert war und zurückkehren möchte, sobald die Palästinenser die Gleichberechtigung erlangen. „Solange die Amerikaner Israel unterstützen, ist es schwierig“, meinte sie. „Wir müssen die Mentalität der Amerikaner verändern… Denn diese halten uns für Terroristen. Aber wir sind keine Terroristen! Wir wollen nur unser Land.“  

Als ich durch den Metalldetektor ging und um mich sah, musste ich einfach darüber nachdenken, dass die Antisemiten, die sich geheimnisvolle Intrigen mächtiger Juden vorstellen, äußerst unzufrieden mit diesem Anblick sein könnten. Das Gebäude bestand aus großen offenen Räumen, die mit Sonnenlicht gefüllt waren, das durch die Glaswände strömte. Das Ganze glich eher einem Flughafen als einem verqualmten Hinterzimmer. Man stand vor einer eintönigen, vorhersehbaren Atmosphäre einer jeglichen Geschäftskonferenz, wenn auch in einer riesigen Größenordnung. Wie auf einer typischen Konferenz, umfasste das Programm Klapptische, auf denen Unmengen von Pamphlets und Flyern lagen. Aber anders als auf einer typischen Konferenz, betrag das Lesematerial Themen wie die spannenden israelischen Innovationen im Bereich der militärischen Technologie und des Träger-Screenings für jüdische genetische Krankheiten.

Viele Besucher waren auf eine besondere Initiative hin eingetroffen. Ein Raum neben dem Eingang mit der Aufschrift „African American Leadership Luncheon“ war voller schwarzer Führungskräfte, die den Versuch unternahmen, sich mit einflussreichen pro-israelischen Aktivisten zu vernetzen. Die weißen AIPAC-Mitglieder schienen diesen Bereich aber alle zu vermeiden. Dichte Gruppen von Oberschülern und Studenten auf gesponserten Ausflügen gingen durch die Hallen, während alte Männer mit der Kipakopfbedeckung Wasserflaschen zu $5 festhielten. Alle Geschosse wimmelten von einer Mischung von gradlinige Lobbisten, schnell sprechende Shmoozer, verrückte Eiferer und stolze Spinner. Alle hatten sich zusammengetroffen, um das offizielle Motto dieser Jahreskonferenz zu zitieren. Was sie vereinte, war nicht die Religion (ein beträchtlicher Teil war nicht jüdischen Glaubens), sondern ein bedingungsloser Glaube an die Rechtschaffenheit des Zionismus und die Unfehlbarkeit des jüdischen Staates.

Wer hat Angst vor der BDS-Bewegung?

Unterhalb einer Reihe von Aufzügen befand sich ein riesiger Raum, der als eine lose Ansammlung von Ständen und Pavillons eingerichtet wurde, dem sogenannten AIPAC Dorf. Ein Plakat mit der Aufschrift „Defeating BDS on Campus: Partner Perspectives“ (Der Kampf gegen die BDS-Bewegung an den Universitäten: Partnerperspektiven) stellte verschiedene fanatische Anti-BDS-Sprecher vor, worunter Rabbiner Evan Goodman (Geschäftsführer von an der UC Santa Barbara) und Roz Rothstein (Mitgründer und CEO von StandWithUs). Ich fing an, mit meinem Handy Videoaufnahmen des Plakats zu machen, aber der Moderator Adam Teitelbaum erwischte mich und ordnete einem Saaldiener an, mich aufzufordern, meine Aufnahme einzustellen.

Teitelbaum, ein schick gekleideter junger Mann mit einem aufmerksam gepflegten Bart, ist beim AIPAC als stellvertretender Führungsentwicklungsleiter tätig. Goodman, der vor kurzem unter Beschuss kam, weil er versucht hatte, den Autor David Harris-Gershon wegen seiner Unterstützung der BDS-Bewegung zu zensieren, meinte: Die Mission von Hillel besteht darin, „eine jüdische Identität und das jüdische Volk aufzubauen, um uns in die Lage zu versetzen, unsere Werte umzusetzen und weltweit zu teilen.“ Ohne zu sagen, um welche Werte es dabei geht, setzte er mit der Beschreibung fort, wie sein Ortsverband von Hillel fünf Juden und 20 Nicht-Juden 10 Tage lang zu einer „Tatsachenerkundung“ nach Israel begleitete: „Es handelt sich hierbei um eine Reise hinter den Kulissen zwecks Aufbaus der Gemeinschaft für universitäre Einflussgruppen… zwecks Aufbaus einer Verbindung zu Israel für verschiedene Menschen – nicht unter der Schirmherrschaft der BDS-Bewegung, sondern in einem positiven Sinne.“

Wenn man die absurde Formulierung „universitäre Einflussgruppen“ ausklammert, so wurde durch seine Beschreibung der Reise klar, dass seine Verwendung der Formulierung „jüdische Identität“ nichts mit der Einhaltung des Sabbats oder damit zu tun hatte, aus der Geschichte von Hiob eine Leere zu ziehen; es bedeutet einfach die Stärkung des blinden Glaubens der Amerikaner in den israelischen Staat. Teil dieser Mission umfasst auch die Gewährleistung dessen, dass diese Amerikaner, ob Juden oder Nicht-Juden, nicht durch irgendwelche nervtötenden Begriffe der Selbstbestimmung oder der universalen Menschenrechte gestört werden.

Die jüdische Identität meint in dieser Formulierung nicht nur etwas Unmoralisches, sondern auch etwas extrem Unjüdisches. Die talmudische Tradition schätzte schon immer schon Kritik und Selbstkritik. Diese Werte versucht die israelische Lobby aber mit einer pathologischen Projektierung der israelischen Verbrechen auf einen gefährlichen Anderen zu ersetzen. Diese rückständige Logik umfasst auch die BDS-Bewegung, die der AIPAC-Kult als eine antisemitische Bedrohung sieht, obwohl sie extrem durchdachte Zielsetzungen und gewaltfreie Taktiken anwendet. Zehn Tage Hasbara oder pro-israelische Propaganda reichen Goodman zufolge aus, um neue Rekruten zu „konvertieren“, indem man ihre beeinflussbaren, jungen Köpfe wie ein hohes Glas Kool-Aid auffrischen kann.

Der irritierendste Aspekt des Plakats antwortete auf eine Frage eines Publikumsmitglieds um die 60, namens Bud aus Dallas, die wie folgt lautete: „Haben Sie eine Beziehung zu den ehemaligen Studentenvereinigungen oder den Studentenvereinen der Universitäten hergestellt? Die Studenten, die Geld verdienen, können Druck auf die Verwaltung ausüben, indem sie sich weigern, die Beiträge an die Universität zu bezahlen.“

Rothstein sprang sofort mit einer bewusst vagen Antwort ein, die einen direkten Angriff gegen die akademische Meinungsfreiheit bedeutete:

Wir sind im Begriff gerade dies zu tun, und zwar Gruppen von Studentenvereinigungen aufzubauen. Wir haben bereits Gruppen in Oberlin und Vassar aufgebaut. Diese umfassen in nur zwei dieser Universitäten Hunderte von Studenten. Sie beginnen schon damit, sich mit anderen drei Universitäten zu befassen. Sie sind sehr erfolgreich beim Aufbau großer Gruppen. Wenn es dann ein Problem gibt, können sie kommen und Studenten verpflichten und betreuen. Sie können sich auch zur Verwaltung begeben und mit dieser sprechen und somit Teil der Lösung sein. Sie haben vollkommen Recht – wir fokussieren darauf, und wir haben tatsächlich gerade ein solches Partnerschaftsabkommen unterzeichnet.“

Ohne vollkommen sachlich zu sein, pries Rothstein die Idee der Studenten an, zu drohen, die Spenden zurückzuhalten, um den Aktivismus an der Universität zu unterdrücken. Steven Salaita war letztes Jahr das Ziel einer ähnlichen Kampagne. Und die antipalästinensische Zensur stellt an den Universitäten landesweit einen der wichtigsten Probleme bezüglich der Meinungsfreiheit dar.

Begünstigende und politische Tätigkeiten

Die jüdischen AIPAC-Mitglieder stellen nur eine privilegierte Abspaltung der jüdischen Bevölkerung dar; Occupy zufolge sind sie nur 1%. Den Vorwürfen an eine mächtige jüdische Lobby, die die US-Außenpolitik kontrolliert, begegnet man immer mit reflexartigen Antisemitismusvorwürfen. Aber diese Vorwürfe sind nicht in der Lage, die Dynamik der proisraelischen Lobbygruppen wie dem AIPAC zu stören, der das Geld wohlhabender Juden wirksam einsetzt, um die US-Politik im Nahen Osten zu lenken. Als Stephen Walt und John Mearsheimer 2007 ihr prägendes Werk The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy veröffentlichten, unterstellten ihnen die Zionisten antijüdische Voreingenommenheit. Aber die Schlussfolgerung des Buches, nach der AIPAC die US-Politik in „Würgegriff“ hält ist, ist unbestreitbar. Und die Tatsachen sprechen für sich — AIPAC gab 2015 ungefähr $3,4 Millionen für Lobbykampagnen aus. Davon wurden $1,67 Millionen allein im ersten Halbjahr ausgegeben, um Lobbyarbeit im Kongress gegen den Irandeal zu leisten – die Antisemitismusvorwürfe verfolgen Walt und Mearsheimer bis heute.

Im prophetischen Essay von Edward Said mit dem Titel „America’s Last Taboo“, das im Jahre 2000 Monate nach dem Ausbruch der Zweiten Intifada in der Zeitschrift New Left Review veröffentlicht wurde, beschrieb der Autor den AIPAC als die „mächtigste Einzellobby in Washington.“ Said fokussierte auf Hillary Clinton, die damals Senatorkandidatin von New York war:

Niemand steht beispielhafter für den Einfluss des AIPAC als Hillary Clinton. Sie überschreitet sogar die rechtsradikalsten Zionisten in ihrer Begeisterung für Israel in ihrem gierigen Machtkampf in New York, wo sie so weit ging, die Forderung zu stellen, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und Jonathan Pollard, dem israelischen Spion in lebenslänglicher Haft in den USA, eine Kronzeugenregelung zu gewähren.“

Trotz ihres Rufes, unbeständig zu sein, stellte Hillary Clinton unter Beweis, dass sich in den letzten Jahren nicht so viel verändert hatte, als sie sich Montagmorgen im Verizon Center an ein Publikum von Tausenden wandte. Clinton diffamierte die BDS-Bewegung als antisemitisch und warf dieser vor, dieselben Taktiken zu nutzen, denen ihre Befürworter oft selbst zum Opfer gefallen waren: „Erlauben Sie niemandem, Sie zum Schweigen zu bringen, schwingen Sie große Reden oder versuchen Sie, die Debatte abzuschließen.“

In einer verwirrenden Kritik an Trump, warf Clinton dem republikanischen Gegner vor, genau dieselbe rassistische Politik zu unterstützen, die Israel über Jahre umgesetzt hat:

In einer Demokratie gibt es Differenzen, aber was die Amerikaner in diesem Jahr in der Wahlkampftour hören, ist etwas vollkommen anderes: Ermunterung zur Gewalt, Vermeidung einer direkten Antwort an die weißen Suprematisten, Forderung des Zusammentreibens von 12 Millionen Einwanderern und ihrer Deportierung, Forderung der Abweisung der Flüchtlinge aus religiösen Gründen und Vorschlag eines Einreiseverbots für alle Muslime in die USA.“

Hillary weiß, dass das israelische Rückkehrergesetz die jüdischen gegenüber den palästinensischen Flüchtlingen bevorzugt. Sie weiß, dass die israelische Regierung Internierungslager in Negev mit sudanesischen und eritreischen Asylanten füllt, von denen viele vom Völkermord in ihren Heimatländern fliehen. Sie ist nicht so ignorant, um die Ähnlichkeiten zwischen der Phantasie und der israelischen Realität zu übersehen; sie will nur politisch punkten, indem sie fortschrittlich klingt. Wenn man das Ganze auf der Grundlage der ekstatischen Reaktion auf Trump an jenem Abend beurteilt, könnte sie aber ihr Publikum falsch eingeschätzt haben.

Gladiatoren im Kolosseum

An jenem Tag entfernte ich mich früh am Abend mehrere Blocks vom Convention Center zum Verizon Center, um mir Trumps Ansprache anzuhören (Kasich, Cruz und Paul Ryan hielten auch ihre Rede, aber Trump war natürlich der Held des Tages). Ich begann mit einem Paar mittleren Alters aus New Jersey zu sprechen. Sie sagten mir, dass sie Trump trotz seiner unverschämten Persönlichkeit unterstützten, weil „Bekannte, die ihn kennen“, ihnen seinen zionistischen guten Glauben zugesichert hatten. Ich brachte die gesamte Selbstbeherrschung, die mir noch blieb, auf, um nicht loszuschreien: „Hören Sie sich noch selbst?“ Anstatt dessen lächelte ich, nickte und ging voran.

Die sich nur langsam bewegende Linie, um ins Stadium zu gelangen, schlängelte sich um den Block. Während ich wartete, traf ich ein Paar aus Rancho Palos Verdes, das dem zustimmte, dass Trump „gefährlich“ war, aber nachdem ich sie gehört hatte, wie sie fast mit denselben Argumenten Hillary verteidigten, ging mir die Geduld aus. Gab es hier jemanden, der sich um andere Angelegenheiten kümmerte, die nicht direkt mit Israel zusammenhingen? Hatten sie jegliches gültige Kriterium, um einen Präsidenten zu wählen außer dem, den Kandidaten zu nehmen, der „eher dazu bereit ist, Gaza zu bomben?“ Ohne Ausnahme war für jeden Besucher, mit dem ich sprach, Israel die wichtigste Angelegenheit in der zukünftigen Wahl. Wenn man den trostlosen Zustand der amerikanischen Politik berücksichtigt, ist diese Haltung sehr ungewöhnlich. Viele Menschen können sich keine Gesundheitsversorgung und kein College leisten und sind extrem verschuldet. Wall Street nimmt die Mittelklasse straffrei aus, während fast 50 Millionen Amerikaner unter der Armutsgrenze leben. Unser Gefängnissystem sperrt mehr Leute ein als jegliche Nation dieser Welt. Das U.S.-Budget für das Militär überschreitet das der darauffolgenden sieben Staaten zusammen.

Dennoch ist für die ergebenen AIPAC-Gefolgsmänner nichts wichtiger, als Israel mit Milliarden Dollar zu versorgen, um die militärische Besatzung eines halben Jahrhunderts beizubehalten, die für Palästina die Hölle auf Erden bedeutet. Da alle wichtigsten Präsidentschaftskandidaten (mit der möglichen Ausnahme von Bernie Sanders) klar gemacht haben, dass sie alles tun werden, um die israelischen Interessen, unabhängig vom Tribut an Menschenleben, zu begütigen, so können die Mitglieder des AIPAC-Kults nur den Kandidaten bejubeln, der das Leben der Palästinenser am meisten verachtet.

Die Republikaner, die Montagabend das Verizon Center in ein modernes Kolosseum verwandelten, indem sie den Gladiator gegen den muslimischen Boogeymen spielten, die sie nach jeder Warnung vor dem globalen Dschihadismus luden. Trump hielt eine aus den Angeln gehobene, aber überraschend deutliche Rede, in der er versprach, den „katastrophalen Deal mit dem Iran auseinanderzunehmen“. Indem er eine bösartige palästinensische Gesellschaft anprangerte, in der die „Helden diejenigen sind, die Juden ermorden“, wiederholte Trump Netanjahus Lüge, nach der „Israel keine öffentlichen Plätze nach Namen von Terroristen benennt“. Er verpackte Sachen, indem er seine Tochter ausnutzte, deren jüdischer Ehemann der Herausgeber von New York Observer Jared Kushner ist und die ihm bei der Verfassung seiner Ansprache zur Seite stand: „Meine Tochter Ivanka wird bald ein schönes jüdisches Baby gebären!“ Die Menge, die sich schon in einen Rausch versetzt hatte, als Trump seine islamfeindlichen Thesen verkündete, jubelte heiser dem jüdischen Baby zu, als wäre es das eigene. Der Abend war offiziell entgleist.

Aber Ted Cruz kam auch nicht zu kurz und begann seine Ansprache mit der Geschichte von Purim, indem er den niederträchtigen Haman als Symbol für den „radikalen islamischen Terrorismus“ nutzte. Cruz schoss den Vogel im Kampfrausch ab, indem er Clinton schalt, nicht genug zu tun, um die israelischen Kriegsverbrechen während der Operation Protective Edge zu rechtfertigen:

Hamas würde Raketen in Grundschulen platzieren. Sie richteten ihre Hauptquartiere im Sitz eines Krankenhauses ein. Ich würde anmerken, dass Hillary Clinton 2014 dies wie folgt erörterte: ‚Hamas positioniert seine Raketen, Wurfwaffen in Bereichen, in denen Zivilisten leben. Das hat teilweise auch damit zu tun, dass Gaza sehr klein und dicht besiedelt ist.‘ Gut, Frau Außenministerin, mit allem Respekt, aber die Gründe, wofür sich die Raketen in den Schulen befinden, haben nicht mit Gazas Größe, sondern wohl eher damit zu tun, dass Hamas ein terroristisches Monster ist, das Kinder als menschliche Schutzschilder missbraucht.“

Die unabhängige UN-Ermittlungskommission über den Gazakonflikt von 2014 gelangte zur Schlussfolgerung, dass Israel und nicht Hamas menschliche Schutzschilder nutzte, während die UN-Erkundungsmission über den Gaza-Konflikt Protective Edge wie folgt beschrieb: als einen „bewusst unverhältnismäßigen Angriff, um eine Zivilbevölkerung zu bestrafen, zu entwürdigen und zu terrorisieren.“ Aber für Ted Cruz und seinen harten Sockel ist das Massaker nur insofern wesentlich, als es eine andere Gelegenheit bietet, um sich bei der israelischen Lobby einzuschleimen.

Die Freiheit besiegt die Tyrannei

Die Dienstagkonferenz endete mit einer Skypeverbindung mit Netanjahu und einer Feuer-und-Schwefel-Ansprache von Bob Menendez, dem ethisch herausgeforderten Senator aus New Jersey, der der viertgrößte Empfänger von Spenden der proisraelischen Lobbisten im Kongress ist. Netanjahu konnte nicht persönlich erscheinen, weil er verlegen auf seinen Besuch in Washington DC verzichtet hatte, und dies zweifelsohne, um ein anderes verbittertes Treffen mit Obama zu vermeiden.

Ich bin zuversichtlich, dass die Tendenz, sich Israel anzuschließen mit der Zeit über die Tendenz siegen wird, Israel schlechtzumachen“, verkündete Bibi. „Denn am Ende siegt die Freiheit über die Tyrannei.“ Ich schlich zu einem jungen Mann, der allein dort stand und fragte ihn: „Sind denn die Palästinenser unter Besatzung frei?“ Der Mann war völlig unvorbereitet, zögerte und stammelte, bis er am Ende mit den Worten herausplatzte: „Fragen Sie Ihren AIPAC-Vertreter vor Ort.“ Zionistischen Hardlinern zuzusehen, wie sie sich drehen und winden, wenn man sie danach fragt, die Existenz des palästinensischen Volkes mehr als die Besatzung anzuerkennen, ist so ähnlich, als würde man dem Kurzschluss eines Roboters zusehen, nachdem man ihm einen Eimer Wasser auf den Kopf geschüttet hat.

Menendez hielt sich eng an den säbelrasselnden Ton der Konferenz und warnte, dass sich „Iran nie ändern wird. Den Teufel, den man jetzt sieht, ist der Teufel, den man immer schon kannte.“ In einem nicht so subtilen Angriff an Trumps vermeintliche Neutralität, rühmte sich Menendez mit den Worten: „Im Unterschied zu einigen Präsidentschaftskandidaten, bin ich nicht der Ansicht, dass die USA neutral bleiben dürfen, wenn Israel überleben soll.“ Zusammen mit seinen Kollegen, den Senatoren Mark Kirk und Chuck Schumer wurde Menendez vor einigen Jahren bekannt, weil er im Jahre 2013 ein strenges, vom AIPAC unterstütztes Sanktionengesetz namens Nuclear Weapon Free Iran Act verabschiedete. Letztes Jahr warf das Justizministerium Menendez 14 Korruptionsfälle, einschließlich acht Bestechungsfällen, vor. Für seine Gerichtsverhandlung verließ sich Menendez voll und ganz auf die proisraelischen Oligarchen, die seine Verteidigung übernahmen.

Die letzte Person, mit der ich sprach, bevor ich das Convention Center verließ, war ein leise und ruhig sprechender weißhaariger Mann aus Kalifornien namens Walter, der mit seiner Frau herumstand, als die Menge nach der Sitzung vom Dienstagmorgen herausmarschierte. Indem er die iranische Gefahr hochspielte, fragte er: „Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie morgen aufwachen und rausfinden würden, dass es Israel nicht mehr gibt?“

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