Erklärung des Außenministeriums Russlands zur Aussetzung der Beteiligung der Russischen Föderation am Start Vertrag

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21. Februar 2023

Erklärung des Außenministeriums Russlands zur Aussetzung der Beteiligung der Russischen Föderation am Vertrag über Maßnahmen zur weiteren Reduzierung und Begrenzung strategischer Offensivwaffen (New START-Vertrag)

In der am 8. Februar 2023 veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums Russlands über die Situation um den New START-Vertrag sowie in entsprechenden Kommentaren des Ministeriums war eine ausführliche Einschätzung einer trüben Lage um die Umsetzung des Vertrags, die sich wegen destruktiver Handlungen der USA im Kontext dieses Abkommens sowie im Ganzen wegen ihrer Kurses auf allseitige Abschwächung der Sicherheit der Russischen Föderation und politisch-wirtschaftliche „Erstickung“ unseres Landes bildete, gegeben.

Als Ergänzung zu den früher genannten Herangehensweisen verzeichnen wir folgende negative Faktoren, die ein vollwertiges Funktionieren des New START-Vertrags auf Verschulden der USA verhindern.

Ein extremes Niveau der Feindseligkeit Washingtons, die entfachte Konfrontation und ein offen aufgenommener Kurs auf böswillige Eskalation des Konfliktes in und um die Ukraine schufen für uns eine prinzipiell andere Lage im Sicherheitsbereich.

Dabei erinnern wir erneut daran, dass in der Präambel des New START-Vertrags, die sein unabdingbarer Teil ist, die Anhänglichkeit der Seiten an das Prinzip der unteilbaren Sicherheit und Aufbau der Beziehungen auf Grundlage des gegenseitigen Vertrauens und Zusammenarbeit ausgerufen wird.  Dennoch streben die USA heute offen eine „strategische Niederlage“ Russlands an, und die von Washington angetriebenen Spannungen gehen weit über die Grenzen der Ukraine-Krise hinaus – die USA und der von ihnen geleitete Westen versuchen, unserem Land auf jedem Niveau, in jedem Bereich und in jeder Region der Welt zu schaden.

Es bestehen alle Gründe festzustellen, dass die Politik der USA auf die Untergrabung der nationalen Sicherheit Russlands gerichtet ist, was den in der Präambel des New START-Vertrags festgelegten grundlegenden Prinzipien und Vorstellungen, auf denen der Vertrag beruht und ohne die er nicht abgeschlossen wäre, direkt widerspricht. Es handelt sich faktisch um eine grundlegende Änderung der Umstände im Vergleich zu denen zum Zeitpunkt des Abschlusses des New START-Vertrags.

In solcher Lage ist die Geschäftsführung mit den USA und mit dem Westen im Ganzen im gewöhnlichen Format nicht mehr möglich – sowohl im prinzipiellen Sinne, als auch im Bereich der Rüstungskontrolle, der von geopolitischen und militärstrategischen Realien untrennbar ist.

Zudem sind ernsthafte Änderungen der Sicherheitslandschaft auch damit verbunden, dass die Vereinigung der westlichen Länder auf antirussischer Basis immer mehr die Aspekte ihrer Atompolitik betrifft. So legen die Nato-Mitglieder, die seit Jahrzehnten so genannte „gemeinsame Atommissionen“ praktizieren und die Nato seit einiger Zeit offen als „Atomallianz“ bezeichnen, mehr Schwerpunkt auf Atomwaffen in konzeptuellen Einstellungen der Nato, sprechen über die Ausrichtung auf die weitere Festigung und Erhöhung der Kampfbereitschaft der mit der Nato verbundenen Potentiale in diesem Bereich. Es sind Aufrufe zur Erweiterung der Atominfrastruktur der Allianz und ihre Bewegung gen Osten zu hören. Die Ausrichtung dieser Anstrengungen gegen unser Land wird nicht verheimlicht.

In diesem Kontext bekommt der Faktor eines gemeinsamen Atomarsenals von drei Atommächten, die Mitglieder der Nato sind – USA, Großbritannien und Frankreich – besondere Bedeutung, das gegen Russland gerichtet werden könnte. In diesem Sinne ist es ziemlich symbolisch, dass alle Länder der Nato, darunter Großbritannien und Frankreich, ihre Einbeziehung in die Problematik des New START-Vertrags eindeutig zeigten, wobei eine gemeinsame Erklärung herausgegeben wurde, wo sie die Herangehensweisen der USA vollständig unterstützen. Dieser politische Akt bestätigt die Begründetheit der russischen Position über die Notwendigkeit, die Atompotentiale von drei Atomstaaten als Gesamtheit wahrzunehmen und diesen Faktor bei der Begrenzung und Reduzierung der Atomwaffen sowie bei Erörterung der Frage über das weitere Schicksal des New START-Vertrags zu berücksichtigen.

Im Laufe von vielen Jahren wird vom Washington der Zusammenhang zwischen den strategischen Offensivwaffen und strategischen Verteidigungswaffen ignoriert, der ebenfalls im New START-Vertrag fixiert ist. Auf eine prinzipielle Bedeutung dieses Zusammenhangs weist die von Russland im Kontext der Unterzeichnung und Ratifizierung des Vertrags gemachte Erklärung zur Raketenabwehr hin. In unserem Dokument wird eindeutig hervorgehoben, dass der New START-Vertrag nur bei Fehlen eines qualitativen und quantitativen Ausbaus der Raketenabwehrsysteme der USA funktionieren und lebensfähig sein kann. Allerdings macht Washington demonstrativ weiterhin die Handlungen, die in einer entgegengesetzten Richtung gehen. Vor dem Hintergrund einer allgemeinen Zuspitzung der militärstrategischen Lage gewinnt dieser Faktor stark an Bedeutung.

Sehr wichtig bei der Einschätzung der Situation um die Erfüllung des New START-Vertrags ist der Fakt, dass Washington seit langem und bedeutend die zentralen Punkte des New START-Vertrags über quantitative Beschränkungen für entsprechende Waffen der Seiten verletzt. Das ist mit einem illegitimen einseitigen Ausschluss aus der Berechnung von mehr als 100 Stück US-amerikanischer strategischer Offensivwaffen verbunden, die in Washington so umbenannt wurden, dass sie nicht für den Vertrag passen, oder sie als umgerüstet erklärten, wobei der russischen Seite keine Möglichkeit gegeben wurde, sich darin zu vergewissern, dass die Ergebnisse solcher Umrüstung den Anforderungen des New START-Vertrags entsprechen, also die Verfahren zu erfüllen, die vom Vertrag vorgesehen sind. Es wurde mehrmals auf diesen eindeutigen und direkten Verstoß hingewiesen.

Zudem sind äußerst provokativ und extrem riskant die bekannten Versuche der USA, die Geschütztheit einer Reihe der im Vertrag angegebenen russischen Objekte der strategischen Offensivwaffen zu prüfen. Die bewaffneten Angriffe gegen sie, die vom Marionettenregime in Kiew versetzt wurden, wurden bei eindeutiger militärischer und Informations- und Aufklärungsunterstützung Washingtons organisiert.

Vor diesem Hintergrund halten wir die Forderungen der USA, ihnen unverzüglich den Zugang zu diesen und anderen strategischen Objekten Russlands zu gewähren, wobei man sich mit Punkten des New STRART-Vertrags über Inspektionstätigkeit deckt, für äußerst zynisch. Das löst besonderes Erstaunen unter Bedingungen aus, dass die von Washington eingeführten antirussischen Beschränkungen zuvor die Arbeitsfähigkeit der vom Vertrag vorgesehenen Verfahren, die mit der Verifizierungstätigkeit verbunden sind, verletzt hatten. Im Ergebnis wurden die Möglichkeiten der russischen Seite, die Kontrollmaßnahmen in den USA ungehindert und auf vollständig gleichberechtigter Grundlage durchzuführen, torpediert, was für die US-Seite offensichtliche einseitige Vorteile schuf.

Diese Einschätzungen wurden der US-Seite mehrmals mitgeteilt und wurden unverändert mit einem Aufruf an Washington begleitet, Maßnahmen zur Änderung der Situation angesichts der von Russland dargelegten Besorgnisse zu treffen. Doch stattdessen unternahm Washington weiterhin gezielt böswillige Schritte zur Untergrabung der Sicherheit Russlands. Die Sätze in einem gegen uns entfesselten totalen Hybridkrieg werden von Amerikanern erhöht.

Angesichts der gesamten dargelegten Umstände war die russische Seite gezwungen, zum Schluss zu kommen, dass die USA den New START-Vertrag bedeutend verletzt haben, also solche Verletzung ist von prinzipieller Bedeutung für die Umsetzung des Objekts und Ziele des Vertrags.

Angesichts dessen verkündete der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, am 21. Februar in der Botschaft an die Föderale Versammlung der Russischen Föderation über die Aussetzung der Beteiligung Russlands am New START-Vertrag.

Dabei beabsichtigt Russlands zur Aufrechterhaltung eines bedeutenden Niveaus der Voraussagbarkeit und Stabilität im Raketen- und Atombereich, sich an ein verantwortungsvolles Herangehen zu halten, und wird weiterhin im Rahmen des Lebenszyklus des Vertrags die von ihm vorgesehenen quantitativen Beschränkungen für strategische Offensivwaffen strikt einhalten. Darüber hinaus wird die russische Seite weiterhin am Austausch der Benachrichtigungen mit der US-Seite über den Start der ballistischen Interkontinentalraketen und U-Boot-gestützten ballistischen Raketen auf Grundlage eines entsprechenden Abkommens zwischen der Sowjetunion und den USA 1988 teilnehmen.

Der Beschluss über die Aussetzung der Beteiligung am New START-Vertrag kann umkehrbar sein. Dazu sollte Washington politischen Willen zeigen, gewissenhafte Anstrengungen zur allgemeinen Deeskalation und Schaffung der Bedingungen zur Wiederaufnahme eines Vollformat-Funktionierens des Vertrags und allseitigen Gewährleistung seiner Lebensfähigkeit unternehmen. Wir rufen die US-Seite gerade dazu auf. Bis dahin sind entgegenkommende Schritte gegenüber Washington im Kontext des New START-Vertrags absolut ausgeschlossen.

Zudem rufen wir die USA dazu auf, sich der Schritte zu enthalten, die bei der Wiederaufnahme der Gültigkeit des New START-Vertrags im Falle der Reifung der dazu notwendigen Bedingungen stören können. Wir sind sicher, dass das Potential des Vertrags aus der Sicht seines Beitrags zur Festigung der internationalen Sicherheit und strategischen Stabilität bei Weitem nicht ausgeschöpft ist. Allerdings kann es nur im Falle der Wiederherstellung der Möglichkeiten für eine symmetrische, gleichberechtigte und strikte Erfüllung des New START-Vertrags durch beide Seiten vollständig entwickelt werden.

Wir beabsichtigen, die weiteren Handlungen der USA und ihrer Verbündeten – sowohl im Bereich der strategischen Offensivwaffen, als auch im Bereich der internationalen Sicherheit und strategischen Stabilität im Ganzen zu verfolgen, sowie sie in Bezug auf einen Schaden für russische Interessen und Notwendigkeit der zusätzlichen Gegenmaßnahmen von uns zu analysieren.

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