Frühmorgendliche Razzia im „Reichsbürger-Milieu“ – Der Spiegel und Bild sind live dabei

Wurden nicht die Ermittlungen gefährdet, durch den Medienauflauf unter Anderem von Bild und Spiegel? Auch Juristen kritisierten diese Medieninszenierung vor laufenden Kameras. Wieso spielen Medien und Behörden eine gemeinsame Rolle? Fragen über Fragen. Und warum schritt man diesmal ein, ohne einen konkreten Tatverdacht, im Gegensatz zu zwei früheren angeblich konkret geplanten Anschlägen. Das Spektakel verlangt nach einem Untersuchungsausschuss.  Evelyn Hecht-Galinski

Frühmorgendliche Razzia im „Reichsbürger-Milieu“ – Der Spiegel und Bild sind live dabei

In den frühen Morgenstunden haben tausende Beamte zeitgleich in elf Bundesländern in sogenannten „Reichsbürger-Kreisen“ Hausdurchsuchungen durchgeführt. Es kam zu Festnahmen. Zwei große Medien berichteten exklusiv mit Eilmeldungen von den Razzien. Um 7:30 Uhr, bzw. 7:51 Uhr startete das Hamburger Magazin Der Spiegel – wie auch das Springer-Blatt Bild – den Tag mit einer Eilmeldung über bundesweite SEK-Einsätze.

 

Frühmorgendliche Razzia im „Reichsbürger-Milieu“ – Der Spiegel und Bild

sind live dabei

 

In den frühen Morgenstunden haben tausende Beamte zeitgleich in elf Bundesländern in sogenannten „Reichsbürger-Kreisen“ Hausdurchsuchungen durchgeführt. Es kam zu Festnahmen. Zwei große Medien berichteten exklusiv mit Eilmeldungen von den Razzien.
Frühmorgendliche Razzia im "Reichsbürger-Milieu" – Der Spiegel und Bild sind live dabeiQuelle: www.globallookpress.com © Sebastian Peters via www.imago-i

Um 7:30 Uhr, bzw. 7:51 Uhr startete das Hamburger Magazin Der Spiegel – wie auch das Springer-Blatt Bild – den Tag mit einer Eilmeldung über bundesweite SEK-Einsätze. Der Spiegel präsentierte seinen Lesern die Vorgänge online:

„3.000 Beamte im Einsatz: Ermittler heben rechtsextreme Terrororganisation aus“ 

Der Bild-Artikel titelte:

„Sie planten einen Putsch in Deutschland – Bundesweite Razzia gegen Reichsbürger-Netzwerk: Razzia in Thüringer Waldschloss und Berliner Villenviertel“

An der Berichterstattung für den SpiegelArtikel waren sechs Redakteure beteiligt. Über die ihnen bereits bekannten Details der bundesweit Durchsuchten heißt es:

„Sie wollten wohl den Bundestag stürmen und trainierten mit Waffen: Eine Terrorgruppe aus dem ‚Reichsbürger-Milieu‘ soll im Untergrund den Umsturz geplant haben.“

Die sieben Bild-Redakteure konnten ihren Lesern folgende Details mitteilen:

„Seit den frühen Morgenstunden gehen Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) und Spezialeinheiten wie die GSG 9 und mehrere SEK bundesweit gegen die sogenannte Reichsbürger-Szene vor. Unter dem Decknamen Soko ‚Schatten‘ durchsuchen rund 3000 Einsatzkräfte 137 Objekte von 50 Beschuldigten. Es soll bereits mehr als 25 Festnahmen gegeben haben.“

Die Spiegel-Redaktion schrieb sogar von 52 Beschuldigten. Die Schwerpunkte der polizeilichen Ermittlungen lägen „in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Hessen und Thüringen. Auch in Österreich und Italien waren Beamte im Einsatz“, so der Artikel des Spiegel. Nach Spiegel-Informationen gelten als Dreh-und Angelpunkt der „Verschwörung“ ein „als Gefährder eingestufter Heinrich XIII. Prinz Reuß“ und der „ehemalige Fallschirmjäger-Kommandeur Rüdiger von P.“. Laut Bild-Artikel stürmten die Spezialeinsatzkräfte „Punkt 6 Uhr“ ein Haus „im feinen Berliner Stadtteil Wannsee“, das „Jagdschloss Waidmannsheil in Bad Lobenstein (Thüringen)“ sowie „rund 30 Objekte in Baden-Württemberg und u.a. in eine Autowerkstatt und eine Zimmerei im Erzgebirge (Sachsen)“.

Nach „Erkenntnissen der Ermittler“, so die Information des Spiegel, planten die Beschuldigten „seit November 2021 einen bewaffneten Angriff auf den Bundestag sowie die Festnahme von Politikern“. Weiter heißt es:

„Offenbar gingen die Männer und Frauen davon aus, dass daraufhin Unruhen in Deutschland ausbrechen würden. In ihrer Vorstellung hätten sich sodann Teile der Sicherheitskräfte solidarisch mit der Terrorgruppe gezeigt, woraufhin es zu einem ‚Umsturz‘ gekommen wäre.“

Die Festgenommenen „sollen nach Erkenntnissen der Strafverfolger verbunden sein durch eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der Demokratie in Deutschland, weshalb sie mutmaßlich planten, einen Systemwechsel gewaltsam herbeizuführen“. Die Bild informierte dazu mit Insiderwissen:

„Ziel sei die Machtübernahme mit ‚Regierungsverantwortung‘ gewesen, wie es in einem Geheimpapier der Polizei heißt, das Bild einsehen konnte. Es ging darum, die ‚obere Ebene‘ der bestehenden Regierung ‚wegzuräumen‘.“

Beide Redaktionen waren mit eigenen Fotografen vor Ort. Den Spiegel-Informationen zufolge gehöre zu der nun festgesetzten Gruppierung auch „Birgit Malsack-Winkemann,  eine AfD-Politikerin, die als ehemalige Bundestagsabgeordnete über Ortskenntnisse im Reichstagsgebäude verfügt“. Des Weiteren dabei sind laut Spiegel-Artikel „mehrere ehemalige Soldaten der Bundeswehr, ein aktiver Stabsfeldwebel des KSK, ein promovierter Rechtsanwalt, eine Internistin und ein Pilot“. Der „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)“ informierte um 8:01 Uhr in einer aktuellen Pressemitteilung:

„Die Mitglieder der Gruppierung folgen einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen bestehend aus Narrativen der sog. Reichsbürger- sowie QAnon-Ideologie. Sie sind der festen Überzeugung, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sog. ‚Deep State‘ regiert wird. Befreiung verspricht nach Einschätzung der Mitglieder der Vereinigung das unmittelbar bevorstehende Einschreiten der ‚Allianz‘, eines technisch überlegenen Geheimbundes von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten, einschließlich der Russischen Föderation sowie der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Vereinigung ist der festen Überzeugung, dass sich Angehörige der ‚Allianz‘ bereits in Deutschland aufhalten und deren Angriff auf den ‚Deep State‘ zeitnah bevorstehe.“

Auf Grundlage „von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs“ wurden demnach nun offiziell „22 mutmaßliche Mitglieder sowie drei mutmaßliche Unterstützer einer terroristischen Vereinigung“ festgenommen. Laut Spiegel wären mehrere Verdächtige auch „bei Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen als Aktivisten aufgetreten“.

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