Gegen Intransparenz und ohrenbetäubendes Schweigen: Rechtliche Schritte gegen Deutschlands Kriegswaffenlieferungen an Israel 

Presseerklärung

 

Gegen Intransparenz und ohrenbetäubendes Schweigen: Rechtliche Schritte gegen Deutschlands Kriegswaffenlieferungen an Israel

Das Anwält:innenkollektiv, das vom European Legal Support Center (ELSC), Lawyers for Palestine, Palestine Institute for Public Diplomacy (PIPD) und  Forensis (Forensic Architecture Berlin) unterstützt wird, hat Türen für weitere rechtliche Schritte gegen die deutschen Kriegswaffenlieferungen an Israel geöffnet. 

Mit dem Beschluss vom 10.06.2024 (Az. VG 2 L 119/24) wies das Verwaltungsgericht Berlin einen Eilantrag von Palästinenser*innen aus Gaza und des  Anwält:innenkollektiv zurück, indem ein sofortiger Stopp von Waffenlieferungen an Israel gefordert wurde, da sie bei einem anhaltenden genozidalen Angriff auf Gaza verwendet werden.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass ein Verbot künftiger Kriegswaffenexporte nicht nötig sei, da die Bundesregierung ihre Genehmigungen Anfang 2024 überarbeitet habe und seitdem keine neuen Genehmigungen mehr erteilt worden seien. Das Gericht geht weiter davon aus, dass die Bundesregierung ihre Entscheidungen über künftige Genehmigungen im Einklang mit dem Völkerrecht treffen und gegebenenfalls auch von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, künftige Genehmigungsanträge abzulehnen. Das Recht, einen Lieferstopp in das Kriegsgebiet durchzusetzen, hat das Gericht nicht grundsätzlich verneint.

Nadija Samour, Senior Legal Officer der ELSC, erklärt dazu:

„Damit ist der Weg frei für weiteres rechtliche durch Auskunftsanträge, Hauptsacheverfahren bzw.  bedarfsorientierte neue Eilverfahren gegen konkrete Genehmigungen von Waffenexporten nach deren Bekanntwerden. Die angenommene Tatsachengrundlage für die Entscheidung des Gerichts ist höchst fragwürdig. Das Gericht stützte sich auf die von der Regierung offengelegten Informationen, die wir mit Skepsis betrachten müssen. Das Genehmigungsverfahren unterliegt teilweise der Geheimhaltung. Wir werden uns darauf konzentrieren, zu verhindern, dass Deutschland entgegen der Entscheidung des Gerichts illegal Waffen verkauft.“

Die deutsche Bundesregierung hat Informationen über die laufenden Genehmigungsverfahren geheim gehalten und keine Angaben zur Lieferung von Kriegswaffen gemacht. Diese Kommunikationsstrategie der Bundesregierung, eine pauschale Verweigerung jeglicher Transparenz, deutet stark auf die Sorge vor rechtlichen Konsequenzen hin. Deutsche Gerichte könnten mit einer Überprüfung künftigen Waffenhandel einschränken.

Als die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock im Mai von Demonstranten konfrontiert und aufgefordert wurde, die deutschen Waffenlieferungen an Israel zu stoppen, behauptete sie: „Wir können die Waffenlieferungen [an Israel] nicht stoppen, weil wir keine Waffen geliefert haben.“

Ein umfassender Bericht, der kürzlich von Forensis, der Berliner Niederlassung von Forensic Architecture, veröffentlicht wurde, belegt jedoch, dass die deutsche Regierung im Jahr 2023 Waffenexportgenehmigungen im Wert von 326,5 Millionen Euro an Israel erteilt hat. Der Großteil dieser Exporte wurde nach dem 7. Oktober 2023 genehmigt, was eine Verzehnfachung gegenüber 2022 bedeutet. Derzeit unterstützt die Bundesregierung die israelische Armee, indem sie die Lieferung von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen, 500.000 Schuss Munition für Maschinengewehre, Maschinenpistolen oder andere voll- oder halbautomatische Schusswaffen sowie andere militärische Ausrüstung genehmigt, während Deutschland Anfang 2024 die Genehmigung von 10.000 Schuss 120-mm-Panzermunition vorbereitet.

Ahmed Abed, Rechtsanwalt und Mitglied des  Anwält:innenkollektiv, erklärt:

„Wir können nicht verstehen, warum sich das Verwaltungsgericht nicht mit den deutschen Waffenexporten befasst, die im Bericht von Forensis erwähnt werden, z.B. 500.000 Stück Schusswaffenmunition. Die Schweigetaktik der deutschen Regierung zu Kriegswaffen und Kriegsverbrechen gefährdet das Leben unserer Mandanten. Die Bundesregierung hat jedoch die Pflicht, alle Maßnahmen zu ergreifen, um den seit Monaten andauernden Völkermord in Gaza zu beenden.“

Neue rechtliche Schritte, die einen vollständigen Stopp der Waffenexporte fordern, sind die folgerichtige Konsequenz. UN-Experten haben erst kürzlich ihre Forderung bekräftigt, die Lieferung von Waffen und Munition an Israel sofort zu stoppen. Sie stellen einen schwer Verstoß gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht dar. Es besteht die Gefahr, dass sich Staaten an internationalen Verbrechen, einschließlich Völkermord, beteiligen.

Wir sagen laut und deutlich, dass die Zeit, in der Deutschland den Völkermord in Gaza unterstützt, enden muss. Wir müssen unsere Regierungen zur Rechenschaft ziehen und uns weigern einzulenken, bis unsere Forderungen erfüllt sind.

Wir schaffen es nur gemeinsam 

Leider ist der Rechtsweg mit enormen finanziellen Kosten verbunden, weshalb wir eure Unterstützung brauchen.

Die Bewegung kann hier ihre Stärke zeigen und die Kosten für künftige Rechtsfälle decken. Wir bitten euch, einen finanziellen Beitrag zu leisten, um Deutschland zur Verantwortung zu ziehen. Wir haben immer noch ein Defizit von 5.400 Euro und wir brauchen eure Hilfe! Die gesammelten Gelder werden zur Deckung der Gerichts- und Anwaltskosten sowie anderer Verwaltungskosten im Zusammenhang mit dem Fortgang des Falles verwendet.

SPENDEN SIE JETZT: KEINE WAFFEN FÜR VÖLKERMORD: Unterstützen Sie unseren neuen Rechtsstreit gegen Deutschlands Waffenexporte nach Israel | European Legal Support Center (Powered by Donorbox) 

Sie können mehr über Deutschlands tödliche Geschäfte mit Israel in diesem umfassenden Bericht lesen, der kürzlich von Forensis veröffentlicht wurde und der Regierungsunterlagen mit Daten von Monitoringgruppen und anderen Initiativen zusammenführt und wichtige Einblicke in vergangene, aktuelle und potenzielle zukünftige Waffenexporte von Deutschland nach Israel liefert.

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