Grün ist das neue Rechts Ein Artikel von Hannes Hofbauer

DRESDEN, GERMANY - 24. August 2021: Big poster from the party B端ndnis 90 Die Gr端nen for the Bundestag election next to a big street. Advertisement for the top candidates of the ecological green party.

 

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Grün ist das neue Rechts

Ein Artikel von Hannes Hofbauer

Man sieht es allerorten, und es verdichtet sich. Die politische Rechte ist grün. Braun ist längst vergessen; Christlich-konservativ plagte die 1950er-Jahre, und National war gestern. Die heutige Rechte ist grün. Sie vereint dafür alle notwendigen Ingredienzen: Kriegsbegeisterung, Verbotskultur, geopolitischen und kulturellen Missionierungseifer, Affinität zum autoritären Staat und jede Menge erschaffene Feindbilder. Der Faschismus-Begriff ist für sie unpassend, steckte in diesem doch das Versprechen auf einen gemeinsamen Volkskörper mit entsprechender Abschottung nach außen, gepaart mit einer Betonung rassischer Überlegenheit. Das Gegenteil ist bei der neuen Rechten der Fall. Sie sagt es selbst, wofür sie steht: Weltoffenheit und die Betonung der Überlegenheit ihrer Werte bilden ein toxisches Gemisch, mit dem innere Repression und äußere Expansion gerechtfertigt werden. Von Hannes Hofbauer.

Kriegsbegeisterung

Es war nicht zufällig ein grüner deutscher Außenminister, der im Verband mit den USA die europäische Nachkriegszeit beendete. Der Angriff der kurz zuvor auf 19 Mitglieder angewachsenen NATO-Allianz auf Serbien vom 24. März 1999 war der erste Feldzug des stärksten Militärbündnisses auf einen souveränen Staat in Europa nach 1945. Die Berliner rot-grüne Koalitionsregierung stellte dafür die deutsche Luftwaffe an die vorderste Front. Den jugoslawischen Zerfallsprozess der 1990er-Jahre hatten die alten Christkonservativen noch mit dem Schlagwort der „nationalen Selbstbestimmung“ befeuert, nun drehte die Rechtfertigung für Krieg in Richtung einer wertebasierten grünen Begründung. Im Slogan „Bomben für Menschenrechte“ kam erstmals dieses neue, post-nationale Narrativ zum Einsatz. Anstatt die kosovo-albanische Seite wegen ihrer Ansprüche auf nationale Selbstbestimmung zu unterstützen, taten es grüne (und bald auch andere) Kriegstreiber um der Menschenrechte willen; dass diese von den Kosovo-Albanern als nationale Rechte betrachtet wurden, tat dem antinationalen grünen Gerede keinen Abbruch. Das Resultat war ohnedies dasselbe: die Zerstückelung Jugoslawiens, die 1991 begonnen hatte, wurde mit einem internationalen Truppenverband fortgesetzt, der Kosovo aus Serbien herausgelöst. Die Folgen dieses ersten großen Kriegsgangs in Europa seit 1945 bestimmen bis heute Leben und Politik am Balkan.

Mittlerweile hat die Kriegsbegeisterung auch den grünen Bodensatz erreicht, die Grünwähler*innen stehen wie ein Mann hinter ihrer bellizistischen Außenministerin. Für die Zustimmung zum Krieg gegen Russland bedurfte es nur weniger Wochen und der militärischen Intervention eines bereits zuvor als Feind ausgemachten Russlands. Hatten die deutschen Grünen im Bundestagswahlkampf 2021 noch plakatiert, dass Waffenlieferungen in Kriegsgebiete mit ihnen nicht zu machen seien, zählten sie kurz darauf zu den heftigsten Einpeitschern, immer neuere und immer tödlichere Waffen gegen Russland ins Feld zu führen. Selbst im neutralen Österreich sind es die ebenfalls an der Regierung – hier zusammen mit den Christkonservativen – beteiligten Grünen, die am lautesten das Feindbild Russland pflegen und keine Gelegenheit verstreichen lassen, für härtere Sanktionen gegen möglichst alles Russische einzutreten.

Für den Waffengang gegen Russland wird nicht mehr, wie zu Großvaters Zeiten, rassisch – mit der Erzählung vom slawischen Untermenschen – argumentiert; die moderne grüne Rechtfertigung zieht Werte heran, durch die sie sich berechtigt fühlt, in den Krieg zu ziehen, oder konkreter: vorläufig andere, nämlich die Ukrainer, in den Krieg zu schicken. Ihnen wird eine den eigenen Wertvorstellungen angedichtete Identität unterstellt, die so freilich nicht existiert. Worin diese eigenen Werte bestehen, ist schwerlich definierbar. Auch Begriffe wie Diversität können über die Schwammigkeit der Definition eines grün-identitären Menschenbildes nicht hinwegtäuschen. Überspitzt formuliert und wissentlich provokant ausgedrückt, spricht sich der idealtypische deutsche Grüne – wie sein österreichisches Pendant – für den Einsatz von Waffen aus, wenn es gegen eine Macht geht, die sich weigert, einem Transgender-Paar die Adoption von Kindern zu erlauben. Die in diesem zugegeben übertriebenen Beispiel gipfelnde Wertvorstellung gibt sich post-politisch und universalistisch im schlechtesten Sinn, lässt kulturelle oder gar nationale Differenzen nicht gelten, weil das Menschenbild auf das Individuum reduziert ist und Vielfalt in erster Linie nach Geschlecht und sexueller Orientierung – eventuell noch nach körperlicher Gebrechlichkeit – definiert wird. Wer diesem Wertekanon nicht zustimmt oder gar dagegen auftritt, wird gecancelt, diffamiert und im schlimmsten Fall bekriegt.

Mit Verboten für eine „bessere Welt“

Rufen wir ein scheinbar nebensächliches und schon fast vergessenes Beispiel von Verbotspolitik in Erinnerung: das Rauchverbot in immer mehr öffentlichen Räumen. Dies ist freilich keine inhärent grüne Angelegenheit und muss auch nicht politisch zugeordnet werden. Und doch misst sich am gesellschaftlichen Umgang mit Tabakkonsum der Grad von Freiheit, den die jeweilige Herrschaft den unter ihr lebenden Menschen gewährt. Im 20. Jahrhundert zeigt sich das Auf und Ab eines freien bzw. repressiven Umgangs mit dem Rauchen deutlich. War in linken Aufbruchszeiten der 1920er-Jahre die Zigarette rauchende Frau geradezu ein Symbol weiblicher Emanzipation, hieß es in der dunkelsten Epoche der deutschen Geschichte: „Eine deutsche Frau raucht nicht“. Mit der Überwindung des Hitlerismus hin zu den revolutionären 68ern durfte die Zigarette bei keiner Zusammenkunft fehlen; politisch wegweisende Ikonen wie Jean-Paul Sartre oder Fidel Castro zogen bei jeder sich bietenden Gelegenheit an der unvermeidlichen Zigarre – bis in den wiederum reaktionärer gefärbten 2000er-Jahren das Rauchen erneut in Misskredit geriet. Es wurde aus dem öffentlichen Raum, diesmal mit gesundheitlichen Argumenten, nach und nach gesetzlich verbannt. Die älteren Semestern noch vertrauten lästigen Werbekampagnen der Tabakindustrie sind mittlerweile den PR-Aktionen der Pharmaindustrie gewichen. Weiterlesen in den nachdenkseiten.de

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