Ich bin erschrocken, sendet doch diese Nachricht der Öffentlichkeit jenes Unheil bringende Signal von der Hörigkeit deutscher Politik,
hier dem Land Berlin, vor einer angeblich “allmächtigen” Israel-Lobby! Wenn das den real existierenden Antisemitismus nicht fördert, was dann! Was mich besonders bedrückt: ein weiteres Mal geht dieses Signal von einem meiner Parteifreunde, dem “Regierenden Berlins” aus.
Die Frau Rasmea Odeh vorgeworfene angebliche Tat (vor einem halben Jahrhundert!) wurde allein von einem israelischen Gericht statuiert und über die Parteiischkeit – bei eingeschränkten Rechten der Verteidigung vor einem Militärgericht (!) – kann kaum ein Zweifel bestehen. Zudem, die angebliche Tat wäre nach allen rechtsstaatlichen Gesichtspunkten seit Jahren verjährt. Bereits die Ausweisung aus den USA, in denen Frau Odeh viele Jahrzehnte ohne jedes schuldhaftes Verhalten gelebt hatte, erfolgte nach Druckausübung durch Israel, bzw. Gefolgschaft nach dessen Anweisungen.
Nichts, aber auch gar nichts kann der Vermutung Nahrung geben, Frau Odeh, die als Palestinenserin wie Millionenen anderere Palästinenser_innen, Jahrzehntelang erfolglos für die auch von der Bundesrepublik, sowie der Europäischen Union geforderten Durchsetzung für nationale und bürgerliche Rechte eintritt, eine rechtswidrige Handlung verüben könnte. Allein durch Frau Odehs voraussichtliches (?) Eintreten für die von der palästinensischen Zivilgesellschaft im Jahr 2005 gegründeten BDS-Kampagne (als letztes gewaltfreie Mittel, nach dem Versagen internationaler Politik, ist, folge ich dem Zeitungsartikel, Grund für deutsche Bundesbehörden, der vom Israelischen Minister für Strategische Angelegenheiten mit hohen Dollar-Milionen ausgestatteten Anti-BDS-Kampagne Folge zu leisten. Dabei sollen, so Minister Gilad Erdan, alle verfügbaren Mittel, bis hin zu Elimination (!) angewandt werden.
Soll ich meinem Parteimitglied in hohem Berliner Amt, nun dafür dankbar sein, dass er nur der Ausweisung, nicht aber der Elimination einer in Deutschland unbescholtenen palästinensischen Kämpferin für Leben in Würde und Freiheit, das Wort redet?
Ich bin zutiefst beschämt. Berlin, unsere Bundesrepublik, die deutsche Sozialdemokratie, haben anderes verdient als Duckmäusertum vor einem Botschafter, dem bisher kein einziges Wort des Bedauerns wegen der vom UN-Menschenrechtsrat erst jüngst benannten Kriegs- und anderer Verbrechen seines Staates über die Lippen gekommen ist.
Vertrauen der Bürger, lieber Parteifraund Müller, entsteht auf diese Weise weder in Bezug auf Politik in unserer Bundesrepublik – und auf keinen
Fall für die schwächelnde Sozialdemokratie unseres Landes. Auf die Schwachen, die Entrechteten einzudreschen, ist keine bürgerliche, ist auch keine politische Tugend. Besonders wenn es sich eine Bürgerin jenes Volkes handelt, welches auf besonders tragische Maße, andere sagen, auf abscheuliche Weise, Opfer deutscher Verbrechen der Vergangenheit wurde.
Frau Asmea Odeh hat eine formelle öffentliche Entschuldigung und die sofortige Wiederherstellung ihres Visums verdient!
Zu tief entsetzt, noch mehr beschämt über den erwiesenen Ungeist zunehmender Einschränkung der durch unser GG garantierte Meinungs-und Versammlungsfreiheit, gerade auch in der Bundeshauptstadt
grüße ich aus der Europastadt Straßburg, der Stadt der Menschenrechte
Günter Schenk *
F-67000 Strasbourg
*Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (1966)
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