Jena: OB Schröter protestiert gegen israelische Landnahme

By Robert Conrad (Own work) [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
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Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei Oberbürgermeister Schröter für sein Engagement für das er in der Presse schon als Antisemit verunglimpft worden ist. (1)

Gestern schieb ich ihm folgende Zeilen:

Sehr geehrter Herr Dr. Schröter,

ich möchte mich persönlich bedanken für Ihre Aufrichtigkeit und für Ihren Mut in der heutigen Zeit.
In der heutigen F.A.Z. las ich als kleine Nachricht darüber, dass Sie Briefe an diverse Politiker wegen der Schandmauer durch Cremisan geschrieben haben.
Bedauerlicherweise ist diese Selbstverständlichkeit heute ein Ausnahme in Deutschland!

Solche klaren Aussagen gegen die Völkerrechtswidrigen Enteignungen des „Jüdischen Staates“ sind überfällig, um dem besetzten und unterdrückten Palästinensern im illegal besetzten Westjordanland und im abgeriegelten Gaza vor der ethnischen Säuberung durch die „Jüdische Verteidigungsarmee“, als Handlanger der rechtsradikalen Regierung zu schützen.
Seit vielen Jahren setze ich mich schon für die Belange der unterdrückten Palästinenser ein und sehe es als deutsche Bürgerin mit jüdischen Wurzeln als meine Pflicht an diesem vergessenen und unterdrückten Volk zu helfen.

Leider ist das besonders in Deutschland nicht gern gesehen und die Diffamierungen der Israel-Lobby folgen auf dem Fuße!

Bleiben Sie standhaft in Ihrem Gerechtigkeitssinn, den ich in allen Parteien und auch in der SPD heute schmerzlich vermisse. Zu Willy Brandt und seiner Familie fühlte ich mich in Berlin noch freundschaftlich verbunden, aber nichts von diesem Geist ist in der heutigen SPD geblieben.

Nochmals Dank und Hochachtung für Ihr Engagement.

Es grüßt sie ganz herzlich vom Hochblauen

Ihre
Evelyn Hecht-Galinski

Hier zunächst noch einmal die Pressemeldung dazu aus seinem Büro und im Anschuss die beiden Briefe.

Ich wünsche dem OB noch einen schönen Urlaub, den er sich zurzeit redlich verdient hat.

Jenaer Oberbürgermeister erhebt Protest gegen israelische Trennmauer in der Nähe der palästinensischen Partnerstadt Beit Jala

Scharfen Protest erhebt der Jenaer Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter gegen den Weiterbau der Trennmauer unweit der Jenaer Partnerstadt Beit Jala, die auf palästinensischem Gebiet erfolgt. In Briefen an den israelischen Botschafter in Deutschland, an die Bundeskanzlerin, den Außenminister, den SPD-Vorsitzenden und an den Präsidenten des Europäischen Parlaments klagt er die aktuellen israelischen Aktivitäten im zu Beit Jala gehörenden Cremisan-Tal an und fordert, den Bau der Sperranlage zu stoppen.

Wie ich selbst sind viele Menschen in Jena sind entsetzt darüber, dass ein weiteres Mal palästinensische Familien völkerrechtswidrig enteignet werden und ihnen ohne jedwede Berufungsmöglichkeit die Existenzgrundlage genommen wird. Der Umgang mit der konkreten gerichtlichen Entscheidung in Israel lässt erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit aufkommen. Recht sollte die Politik beeinflussen und nicht umgekehrt. Gegen das israelische Verhalten und Vorgehen protestiere ich nachdrücklich“, schreibt Albrecht Schröter. „Wir fordern Israel auf, internationales Völkerrecht einzuhalten und die Aktivitäten im Cremisantal sofort einzustellen“, heißt es weiter.

Am Dienstag, 18. August, hatte ihn eine Nachricht von Nicola Khamis, dem Bürgermeister von Beit Jala, erreicht. Khamis hatte darüber informiert, dass Bulldozer unter dem Schutz israelischer Soldaten begonnen haben, jahrhundertealte Olivenbäume abzuholzen, um den Mauerbau fortzusetzen.

Zum Hintergrund: Anfang Juli genehmigte das Oberste Gericht in Israel den Weiterbau der Mauer zwischen Israel und Palästina im Cremisan-Tal unweit von Beit Jala. Dieses Urteil widerspricht einem vorherigen Urteil des gleichen Gerichts, das Anfang April als angeblich endgültige Entscheidung in dem achtjährigen Rechtsstreit gefällt worden war. Die nun genehmigte Wiederaufnahme des Baus sieht nur eine minimale Veränderung des ursprünglich vorgesehenen Mauerverlaufs vor. Die Schule und die beiden Klöster würden zwar auf palästinensischem Gebiet verbleiben und von Beit Jala aus zugänglich sein. Die Felder von 58 Familien indes befänden sich künftig auf israelischem Gebiet.

Der Weiterbau der Trennmauer soll für Israel die Grundlage für den weiteren Ausbau der israelischen Siedlungen Gilo und Har Gilo in unmittelbarer Nähe von Beit Jala bilden. Was hier besonders schwer wiegt: Die israelische Trennmauer zerstört ein Gebiet, das zu den schönsten Naturparks im Heiligen Land gehört.

Die Briefe sind an die Bundeskanzlerin, sowie den israelischen Botschafter Hadas-Handelsmann gerichtet.

Entsprechende Berichte zur aktuellen Lage in der Presse finden sich dazu hier:

Protest palästinensischer Christen gegen Israels Grenzzaun wird handgreiflich

Sehr geehrter Herr Botschafter Hadas-Handelsmann,

die Stadt Jena ist seit Jahren eng mit den Menschen Israels und Palästinas verbunden. Seit 2011 pflegen wir eine offizielle Städtepartnerschaft zu der palästinensischen Stadt Beit Jala. Eine Partnerschaft nach Israel ist in Vorbereitung.

Der israelische Staat hat am 17. August 2015 begonnen, städtisches Gebiet von Seit Jala im Cremisan-Tal – ohne konkrete Ankündigung an die palästinensische Stadtverwaltung – zu konfiszieren und uralte Olivenbäume zerstört, um mit dem Bau einer Mauer zu beginnen.

Ich frage Sie: wenn es angeblich um die Sicherheit Israels geht – warum wird die Mauer nicht grundsätzlich auf dem Gebiet des völkerrechtlich anerkannten Territoriums Israels, sondern auf demjenigen Land errichtet, dessen Besetzung von fast allen Mitgliedstaaten der UNO nicht anerkannt wird?

Der Bau einer Mauer durch das Gebiet von Cremisan berührt elementar die wirtschaftliche Basis für das palästinensische Volk in dieser Region. Es handelt sich dabei nicht nur um eines der schönsten Naturareale in Zentralpalästina, sondern um ein wertvolles landwirtschaftliches Gebiet, das eine wirtschaftliche Grundlage für Stadt Seit Jala darstellt (Olivenproduktion, Weinanbaugebiet). Ein weiteres Mal schränkt Israel die Chancen künftiger Stadtentwicklung unserer Partnerstadt Beil Jala massiv ein. Es wird der wiederholte Eindruck bestätigt, dass sich Israel in unrechtmäßiger Weise palästinensischen Landes bemächtigt und dabei den Lebensraum der dort seit Generationen lebenden Menschen in einer nicht hinnehmbaren Weise beschneidet. Ein dauerhafter Frieden wird jedoch nur dann möglich sein, wenn das, was Martin Buber einmal sinngemäß so zum Ausdruck gebracht hat, Wirklichkeit wird: „Das Glück des einen Volkes hängt vom Glück des anderen ab, Es kann Israel mir gut gehen, wenn es Palästina gut geht, und es kann Palästina nur gut gehen, wenn es Israel gut geht“ Das, was im Cremisantal gerade passiert, schadet beiden Seiten.

Ich selbst habe aus den Händen der Jüdischen Landesgemeinde Berlin 2011 einen hochangesehenen Preis für Zivilcourage entgegennehmen dürfen, weil ich als Oberbürgermeister engagiert gegen Neonazis und besonders gegen deren Antisemitismus auftrete und demonstriere. Bereits in der Zeit kommunistischer Diktatur in der ehemaligen DDR habe ich bei offensichtlichem Unrecht nicht weggeschaut, sondern mich gegen Unrecht und für die Gedemütigten eingesetzt. Mit zahlreichen anderen habe ich erfolgreich dafür gekämpft, dass Mauern zwischen Menschen fallen. Das werde ich auch weiterhin mit aller Kraft tun!

Den wiederholten Verstoß des Staates Israels gegen internationales Völkerrecht verurteilen meine Stadt und ihre Bürger auf das Schärfste! Der Ausbau von Siedlungen in besetztem Gebiet und weitere Enteignungen palästinensischen Bodens sind illegal. Das weiß Ihre Regierung. Im Übrigen ruht darauf kein Segen. Ich fordere Israel auf, internationales Völkerrecht einzuhalten und die Aktivitäten im Cremisantal sofort einzustellen.

Dass sich Ihre Regierung einerseits über dieses Recht hinwegsetzt und andererseits immer häufiger Kritiker zu „Feinden Israels“ erklärt, ist tragisch für den Staat Israel, dessen Existenz für das jüdische Volk so wichtig ist. Damit macht man wirkliche Freunde Israels (wie mich) zu Enttäuschten, die am Ende keinen anderen Weg mehr sehen, als sich im Einsatz gegen eine Politik der Apartheid auf die Seite der Unterdrückten zu stellen. Unverändert verstehe ich mich als ein Freund der Menschen Israels und werde weiterhin den freundschaftlichen Kontakt pflegen und suchen.

Ich frage Sie: Welchen Beitrag leistet der Staat Israel mit den neuen Fakten im Cremisan-Tal für eine friedliche Lösung zwischen Israel und Palästina? Wie kommt ein israelisches Gericht dazu, sein eigenes Urteil auf diese Weise zu korrigieren? Der Eindruck bleibt: Auch in der „besten Demokratie des Nahen Ostens“ scheint Politik das Recht zu dominieren.

Schalem Dr. Albrecht Schröter

Und an die Bundeskanzlerin

 

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, die Stadt Jena und Ihre Bürger sind seit Jahren eng mit den Menschen und der Gemeinde Beit Jala, Palästina verbunden. Seit 2011 pflegen beide Städte eine offizielle Partnerschaft. Ein Freundeskreis Nahost wirbt um freundschaftliche Beziehungen nach Israel und Palästina.

Der illegale Siedlungsbau Israels in den palästinensischen Gebieten sowie der israelische Mauerbau unter Aneignung palästinensischen Territoriums wird in Jena sehr aufmerksam und kritisch verfolgt. Anfang April dieses Jahres wurde der Bau der Mauer durch das Cremisan Tal nahe Beit Jala nach einem achtjährigen Rechtsstreit durch ein israelisches Gericht abgelehnt und das israelische Verteidigungsministerium aufgefordert, alternative Lösungen zu erarbeiten. Dieses Urteil wurde am 7. Juli 2015 unter nicht nachvollziehbaren Gründen aufgehoben und die Fortsetzung des Baus der Mauer genehmigt. Das Gebiet von Cremisan umfasst wertvolles landwirtschaftliches Gebiet und ist enorm wichtig für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit vieler Menschen in Seit Jala. Ein weiteres Mal schränkt Israel die Chancen künftiger Stadtentwicklung massiv ein.

Am 17. August 2015 nun begann die Landnahme und unmittelbare Zerstörung der landwirtschaftlichen Flächen nahe Beit Jala durch Israel. Ich und viele andere Menschen in Jena sind entsetzt und zutiefst erschüttert darüber, dass wieder viele palästinensische Familien völkerrechtswidrig enteignet werden und ihnen ohne jedwede Berufungsmöglichkeit die Existenzgrundlage genommen wird. Der Umgang mit der gerichtlichen Entscheidung in Israel, die Anfang des Jahres für den Erhalt des Cremisantals gefallen war – lasst erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit aufkommen. Recht sollte die Politik beeinflussen und nicht umgekehrt. Gegen das israelische Verhalten und Vorgehen protestiere ich ausdrücklich. In einem Schreiben an die israelische Regierung habe ich den Staat Israel aufgefordert, das internationale Völkerrecht einzuhalten und die Aktivitäten im Cremisantaf sofort einzustellen.

Ich bitte Sie dringend, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, das in Ihrer Macht stehende zu tun, damit die israelische Regierung internationales Völkerrecht grundsätzlich und besonders diesem konkreten Fall anerkennt und als Handlungsgrundlage akzeptiert.

Als Partnerstadt werden wir die kommende Entwicklung weiter intensiv verfolgen. Ein dauerhafter Frieden wird nur mit einer gerechten Lösung des Konfliktes für beide Seiten gelingen.

Für eine zeitnahe Darlegung Ihrer Bewertung der aktuellen Situation sowie der von Ihnen gesehenen Handlungsoptionen wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Albrecht Schröter Oberbürgermeister

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