Kiews schlimme Halbjahresbilanz: Alle militärischen Ziele verfehlt Analyse von @Panzwaffle

Kiews schlimme Halbjahresbilanz: Alle militärischen Ziele verfehlt

Wieso ist der ukrainische Generalstabschef Saluschny ausgerechnet jetzt verschwunden? Vielleicht ja auch deshalb, weil Kiew dank seiner Führung keines der Ziele, die er selbst Ende des letzten Jahres öffentlich gesetzt hatte, erfüllen konnte? Und dabei kostete allein Artjomowsk 125.000 Mann an Personal.

Kiews schlimme Halbjahresbilanz: Alle militärischen Ziele verfehlt

Analyse von @Panzwaffle

Wieso ist der ukrainische Generalstabschef Saluschny ausgerechnet jetzt verschwunden? Vielleicht ja auch deshalb, weil Kiew dank seiner Führung keines der Ziele, die er selbst Ende des letzten Jahres öffentlich gesetzt hatte, erfüllen konnte? Und dabei kostete allein Artjomowsk 125.000 Mann an Personal.
Kiews schlimme Halbjahresbilanz: Alle militärischen Ziele verfehltQuelle: www.globallookpress.com © Ashley Chan/Keystone Press Agency

 

Während man über die derzeitige physische und psychische Gesundheit von General Waleri Saluschny diskutiert, ist folgende Frage ebenso wichtig: Warum ist er gerade jetzt verschwunden – also nachdem die ukrainischen Streitkräfte Artjomowsk (Anm.: heute wird in der Ukraine der aus der Zarenzeit stammende Name Bachmut verwendet) aufgeben und sich mit Schmach auf rückwärtige Positionen zurückziehen mussten?

Höchstwahrscheinlich, weil während der Schlacht um Artjomowsk kein einziges der strategischen Ziele, die ja Saluschny selbst gesetzt hatte, erreicht wurde.

Bereits im Dezember des letzten Jahres hatte er doch eine Liste mit strategischen Zielen für die ukrainischen Streitkräfte veröffentlicht – damals, als die Kiewer Führung fast täglich die Angriffsbereitschaft an Frontabschnitten und Brennpunkten erklärte, an denen sie kaum in der Lage zum Halten ihrer Verteidigungslinien war.

Welche Ziele hatte sich das ukrainische Militär also erklärtermaßen gesetzt?

Das erste – äußerst wichtige – strategische Ziel bestand darin, die verbliebenen Territorien zu halten. Denn laut Saluschny selbst sei es „15 Mal schwieriger“, Gebiete zurückzuerobern, als sie zu halten, und deshalb, so hieß es, „müssen wir durchhalten“.

Das zweite strategische Ziel bestand darin, Reserven anzuhäufen und sich auf einen künftigen Feldzug vorzubereiten. Interessanterweise bereitete Saluschny die ukrainischen Streitkräfte im Dezember 2022 nicht nur auf eine Gegenoffensive vor – sondern auch darauf, eine befürchtete russische Offensive von Januar bis März abzuwehren. Und zwar eine russische Offensive, die er aus mehreren Richtungen gleichzeitig erwartete, einschließlich von Angriffen auf Kiew und auf den südlichen Abschnitt der Front. (Ja, das meinte er ernst!)

Bemerkenswerterweise wurde der Aufstockung der Reserven eine höhere Priorität eingeräumt als der Aufgabe, das Leben der ukrainischen Soldaten zu schonen. Insbesondere gab Saluschny von sich:

„Mögen mir die Soldaten in den Schützengräben verzeihen, aber es ist jetzt wichtiger, sich auf die Anhäufung von Reserven zu konzentrieren und sich auf die langen Schlachten vorzubereiten, die nächstes Jahr beginnen könnten.“

Mit anderen Worten: Soldatenleben und Rüstungsgüter wurden gegen Zeit eingetauscht – und diese wiederum wurde genutzt für … die Ausbildung weiterer Soldaten und die Anhäufung von Rüstungsgütern.

Das dritte Ziel war die Verstärkung der Luft- und Raketenabwehr. Saluschny war der (Anm.: durchaus korrekten) Ansicht, das ukrainische Stromnetz stehe am Rande eines Abgrunds  und die Aufgabe, deshalb die Luft- und Raketenabwehr zu gewährleisten, sei auch mit den ersten beiden Zielen engstens verbunden.

Er schätzte daher ein, die weitere Zerstörung der Energieinfrastruktur werde sich sowohl negativ auf die Moral der ukrainischen Soldaten in ihren Stellungen auch in Artjomowsk auswirken, als auch die Ausbildung der Reservisten beeinträchtigen.

Und welche dieser strategischen Ziele sind erreicht worden?
Wenn wir es kurz zusammenfassen: Keines, nicht ein einziges.

Die ukrainischen Streitkräfte sind, nein wurden in Artjomowsk ausgeblutet, wo sie Zehntausende von ausgebildeten Kämpfern und Hunderte von Fahrzeugen und schweren Waffen verloren. Und an beidem mangelte es Kiew schon damals. Und am Ende war trotzdem diese Stadt für sie verloren.

Dennoch konnte durchaus Zeit für die Vorbereitung von Reserven gewonnen werden. Aber weder eine russische noch eine ukrainische Offensive (Anm.: Zum Verständnis einer klassischen Offensive des russischen Militärs empfiehlt RT DE die entsprechende Analyse des russischen Militärexperten Jewgeni Krutikow) hatte bisher stattgefunden. Gleichzeitig waren Kiews Truppen über den ganzen Zeitraum hinweg russischen Angriffen ausgesetzt. Und sie verloren ebendiese Männer, das Gerät und … ja, auch noch obendrein diese Zeitspanne.

Im gleichen Zeitraum ist es den russischen Streitkräften auch ohne Großoffensiven durchaus gelungen, ihre Positionen zu stärken. Und das ist mittlerweile ein ernsthaftes Problem für das ukrainische Kommando.

Außerdem ist zu bedenken: Menschliche und materielle Ressourcen gegen Zeit einzutauschen, in der man ohnehin Personal und Ausrüstung nur in kleinerer Zahl und Menge aufstellen kann, entbehrt wohl grundsätzlich jeder Logik.

Wie wir sehen, konnten auch Kiews Bemühungen um eine Verstärkung der Luftverteidigung und der Raketenabwehr nicht fruchten: Russland führt nach wie vor Angriffe mit Präzisions-Lenkflugkörpern und Kamikaze-Drohnen aus. Und das Spektrum der eingesetzten Angriffsmittel wurde sogar noch erweitert (ebenso wie das der Ziele – Anm. d. Red.).

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