Kollektivschuld Von Wolfgang Bittner

Ich danke Wolfgang Bittner sehr für seinen unermütlichen Einsatz für Aufklärung und objektive Wahrheitsfindung. Nur wenige Publizisten haben die Weitsicht über den eigenen Tellerrand zu schauen. Wolfgang Bittner:

Man kann einen Menschen wie Putin nicht ewig drangsalieren und beleidigen kann, um dann aufzuheulen, wenn er sich wehrt. Das „Reich des Bösen“ ist nicht in Russland, das ist dort, wo die Hetzer und Kriegstreiber sitzen. Um die acht Jahre lang von Krieg heimgesuchten Menschen in der Ostukraine und die Zerstörung ihrer Städte und Dörfer hat sich hier niemand gekümmert. Unstreitig war das nach § 6 des Völkerstrafgesetzbuches ein Genozid. Es ist hochgefährlich, da wir uns im Fadenkreuz der russischen Raketenabwehr befinden.

Zu diesen denkwürdigen Warnungen möchte ich Wolfgang Bittners Gedicht aus dem Jahr 1975 veröffentlichen.

Ich bin sehr froh und dankbar, dass es noch Menschen wie Wolfgang Bittner gibt, ich fühle mich ihm verbunden und geehrt seine wegweisenden Texte auf meiner Hochblauen Seite zu veröffentlichen.

Evelyn Hecht-Galinski

Kollektivschuld

 

Von Wolfgang Bittner

 

Wir haben es nicht gewusst,
Keiner hat es gewusst,
Keiner hat es wissen wollen,
Keiner wollte es wissen.
Selbst wer es hätte wissen können,
Hat es nicht wissen wollen,
Selbst wer es wissen konnte,
Wollte es nicht wissen.

 

So ist das gewesen,
Was hätten wir denn tun können,
Wenn wir nichts wussten?
Wir haben uns nichts vorzuwerfen,
Wir lassen uns auch nichts vorwerfen!
Einmal muss Schluss sein damit!
Damit haben wir nichts zu tun gehabt.
Damit haben wir nichts zu tun.

 

Wir haben es nicht getan,
Andere haben es getan,
Aber keiner hat es gewusst.
Nur die es getan haben,
Wussten etwas davon,
Aber sie wussten nicht was sie taten,
Sie taten es,
Sie taten es auf Befehl,
Was einem befohlen wird muss getan werden.

 

Wir sind unschuldig,
Uns kann keiner in den Schmutz ziehen,
Wir haben es nicht getan,
Und wir hätten es auch nicht getan,
Wir haben es nicht einmal gewusst,
Niemand kann sagen wir hätten es gewusst,
Wir haben es selbstverständlich auch nicht gewollt,
Niemand kann sagen wir hätten es gewollt.

 

Keiner hat es gewollt,
Und keiner hat es gewusst,
Manche haben es zwar geahnt,
Aber gewusst hat es in Wirklichkeit keiner,
Alle haben es nicht gewusst,
Alle haben es nicht gewollt,
Wer etwas hätte wissen können,
Hätte es auch nicht gewollt,
Wenn er etwas gewusst hätte,
Uns kann keiner etwas wollen.

 

(1975. Veröffentlicht u.a in: Die Zeit v. 7.12.1979, Radio Bremen 17.2.1980, Almanach für Literatur und Theologie 15/1981, Süddeutscher Rundfunk 26.8.1993, ZDF 7.9.1993, Deutschlandfunk 18.11.1996, Der neue Conrady – Das große deutsche Gedichtbuch 2000, „Deutsch-jüdische Identität“ 2013. – Nach wie vor aktuell!)

 

 

 

 

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