Kommentar vom Hochblauen Ein Schurkenstaat und sein Staatsterrorismus Von Evelyn Hecht-Galinski

Kommentar vom Hochblauen

Ein Schurkenstaat und sein Staatsterrorismus

Von Evelyn Hecht-Galinski

Was ist der Unterschied zwischen Terrorismus und Staatsterrorismus? Diese Doppelmoral wird jetzt nur allzu deutlich, wenn es um terroristische Handlungen Israels gegen Palästinenser geht. Die Handlungen Israels in Gaza und Libanon als Staatsterrorismus zu bezeichnen, ist überfällig. Fragen wir uns doch einmal, warum wird der gewalttätige Angriff der Hamas gegen Israel am 7. Oktober 2023 als Terrorismus bezeichnet, der gewaltsame Angriff gegen Gaza aber nicht? Der Hamas-„Terror“ war die Widerstandsantwort gegen jahrelange illegale Besatzung, Vertreibung und Tötung. Warum wird das Töten und Entführen einiger israelischer Menschen als „terroristischer Akt“ weltweit verurteilt, aber identische Handlungen von „jüdischen Staatsterroristen“ nicht? Warum werden Hamas und Hisbollah als „terroristische Organisationen“ bezeichnet und verfolgt, während Israel nicht als „terroristischer Staat“ bezeichnet und für seine mörderischen „Selbstverteidigungstaten“ endlich zur Verantwortung gezogen wird. Wie schrieb Caitlin Johnstone in einem ihrer Kommentare: „Alles was Israel seit dem 7. Oktober getan hat, hat es auch vor dem 7. Oktober getan. Vergewaltigung, Folter, Diebstahl, Belagerungskrieg, Tötung von Kindern durch Scharfschützen, Ermordung von Journalisten und Mitarbeitern des Gesundheitswesens. Israels Handlungen vor und seit dem 7. Oktober zeigen, warum der 7. Oktober passiert ist.“

Israel: innovativer Weltmeister für mörderische Angriffe

Stellen wir uns einmal vor, es wäre nicht Israel und sein berüchtigter Geheimdienst Mossad gewesen, der mit fast an Sicherheit grenzender Gewissheit hinter diesen menschenverachtenden Pager-Attacken stehen würde. Es ginge um Russland oder China, die es gewesen wären, die auf solche perversen Ideen gekommen und sie gegen ihre Gegner ausgeführt hätten? Nein, es gäbe weder „Hochachtung noch Bewunderung“, sondern nur Verachtung und Rache oder Kriegsandrohung. Aber da es der „nur“ „jüdische Staat“ war, der unter US- und westlichem „Holocaustschutz“ steht, der die Lizenz zum Töten hat und reichlich nutzt, wird auch dieses schreckliche Verbrechen ungesühnt bleiben. Israel kann sich so gut wie sicher sein, nicht nur bewundert zu werden für seine ausgeklügelte Technik, sondern jede Waffe oder Idee zum „Verkaufsschlager“ werden zu lassen – erprobt an lebenden Objekten. Israelische Abhör-Spionage-Systeme, tödlichste neue Waffensysteme, Drohnen und Raketenabwehrsysteme werden begierig gekauft. Israel ist ein innovativer Weltmeister für mörderische Angriffe. Es ist auch fehl am Platz, immer wieder von Krieg gegen Hamas oder Hisbollah zu sprechen, denn es sind keine wirklichen Kriegsgegner, die sich gleichwertig ausgerüstet wehren können. Es ist eine israelische Vernichtungspolitik, die nie auf Frieden, sondern immer nur auf Zerstörung und verbrannte Erde ausgerichtet war.

Gaza ist so gut wie zerstört. Der Libanon hat bis heute noch mit den Folgen des Libanon-Krieges und dem Massaker von Sabra und Schatila, der ethnischen Säuberung unter „dem Schlächter von Libanon“, Arik Sharon, zu leiden. Israels Gründung und die anschließende Besetzung, führte zu einer massenhaften Abwanderung von Palästinensern, die im Libanon Zuflucht suchten. 1970 waren es PLO-Freiheitskämpfer, die von Israel massakriert wurden. Heute ist es ein „würdiger“ Nachfolger, Benjamin Netanjahu, dem „Schlächter von „Gaza“, der für seinen eigenen Machterhalt alles tut, vor nichts zurückschreckt und immer weitere Kriege anzetteln wird. Das erleben wir mit den Pager-Angriffen mit Tausenden unschuldiger Opfer im Libanon. Sie sind das jüngste Beispiel, wie Israel asymmetrische Kriegsführung einsetzt, die staatliche Souveränität verletzt, um sein Ziel zu erreichen, den Widerstand gegen die Besetzung sowohl im Libanon als auch in Palästina zu brechen und dazu noch seinen selbst geäußerten Wunsch, Beirut in Gaza zu verwandeln. Wird demnächst Iran das nächste Ziel sein? (1)

Ich war 2012 im Libanon in palästinensischen Flüchtlingslagern, sah Unmengen von palästinensischen Gräbern junger Studenten, Widerstandskämpfern, Märtyrern, die im Widerstand gegen die israelischen Eindringlinge ihr junges Leben ließen. Diese Eindrücke werde ich niemals vergessen, gerade nach den neuen israelischen Anschlägen im Libanon. Ich hoffe sehr, dass ich es noch erleben kann, dass diese palästinensischen Flüchtlinge und ihre Nachkommen in naher Zukunft ihr legales Recht auf Rückkehr nach in ihre Heimat Palästina wahrnehmen können. Dass die illegale zionistische Besatzung beendet wird. (2)

Hämisch begrüßte Mordaktion

Öffentliche Meinung wird durch Sprache stark beeinflusst. Sie kann wie eine Waffe wirken – mit erheblichen Konsequenzen. Gerade in Deutschland erleben wir, dass von gewissen Personen der Öffentlichkeit Israels wahrscheinlicher Mossad-Angriff gegen Menschen im Libanon (auch Hisbollah-Kämpfer sind Menschen!) hämisch begrüßt wurde. Darunter Gerhard Schindler, früherer Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) – er hat die explosionsartige Zerstörung Hunderter Funkempfänger, die bei Mitgliedern der libanesischen Hisbollah-Miliz in Benutzung waren, als “herausragend” gewürdigt. Die massiven Explosionen, die zu Todesopfern und Verletzungen in weiten Teilen des Libanon geführt haben, könnten laut Schindler auf eine Aktion des israelischen Geheimdienstes zurückzuführen sein. Natürlich auch Volker Beck, der grüne Präsident der Deutsch Israelischen Gesellschaft (DIG) und nicht zu vergessen Hans Ullrich Jörges, der ehemalige Stern-Chefredakteur, der bei „Meine Welt – Meine Meinung“ am 19.09.2024 u.a. folgendes von sich gab: „Man darf nicht nur, man MUSS von dieser Geheimdienst-Operation begeistert sein. Denn: Intelligenz, Präzision und Erfolg sind einfach umwerfend. Es sind ja nur Hisbollah-Leute getroffen worden, die die Dinger mit sich getragen haben… nur Leute, die etwas zu sagen hatten, haben die gekriegt… Dann muss man sagen, sage ich mal als Mann etwas gewagt, dass diesen ‚Terror Machos‘ ihre ‚Männlichkeit‘ zerfetzt worden ist… Bauchverletzungen… Da sag ich, wenn ich den Strich drunter ziehe: Chapeau Mossad! Chapeau! Das ist – glaube ich – nach meiner Wahrnehmung die gelungenste Geheimdienstoperation aller Zeiten gewesen.“ Ein Freund hatte mir diesen Ausschnitt geschickt, und als ich mir das angesehen und angehört hatte, war ich fassungslos über diese perversen Aussagen von Jörges. (3)(4)(5)(6)

Terrorismus ist eine scharfe Waffe, die schwerwiegende Folgen haben kann –  für Einzelpersonen, die ihre grundlegenden Bürgerrechte verlieren können, inhaftiert, ausgeliefert und gefoltert, zum „Abschuss freigegeben“ werden können. Organisationen, Gruppen und Bewegungen können willkürlich, auch gezielt, als Terrororganisationen eingestuft werden. Das bedeutet Lizenzentzug, Kontokündigungen, finanzielle Strafen, Zensur, Auflösung und totale Isolation. Noch gravierender, die Verweigerung von humanitärer Hilfe in Gebieten, die unter der Kontrolle „terroristischer“ Gruppen stehen, auch die Verweigerung oder Aussetzung von Friedensverhandlungen mit als „terroristisch“ eingestuften Gruppen, oder Verhängung von Sanktionen gegen Staaten, Regionen und Bevölkerungsgruppen. Eine vom Westen häufig eingesetzte Waffe, die gerade vom „jüdischen Besatzerstaat“ unter US-Unterstützung zelebriert wird. Nehmen wir aktuell die Hamas und die Hisbollah, die von westlichen Regierungen seit langem als terroristische Organisationen eingestuft werden, obwohl die meisten der nichtwestlichen Staaten und natürlich die Palästinenser als Hauptbetroffene, sie als Widerstandsorganisationen betrachten. Tatsächlich sind es Widerstandsbewegungen, inzwischen an Regierungen beteiligt, die sich im Widerstand gegen Israel als „Staatsterrorstaat“ befinden.

Staatsterrorismus ist es, Menschen zu lebenden Zeitbomben und unfreiwilligen Selbstmordattentäter zu machen, palästinensische Menschen als lebende Schutzschilde einzusetzen. Die Hasbara, die zionistische Propaganda, die – aufgebaut auf Lügen – immer wieder behauptete, bewaffnete Palästinenser würden Schutzschilde einsetzen, was nachweislich falsch ist, während Israel Palästinenser tatsächlich als Schutzschilde missbraucht. (7)(8)

Druck und Sanktionen gegen diesen Schurken- und Staatsterrorstaat!

Seit dem 7. Oktober hat Israel in Gaza nicht nur so gut wie die ganze Infrastruktur zerstört, die palästinensische Bevölkerung hin und her gejagt, wie Hasen vor dem Jäger schutzlos vertrieben – Tausende unschuldige Frauen Kinder und hilflose Menschen, eindeutig keine „Kombattanten“, schon gar keine Terroristen. Unbewaffnete Männer wurden vor den Augen von Angehörigen hingerichtet, Familien mutwillig ausgerottet, Hunger und Krankheit als Waffe eingesetzt, weder Kirchen noch Moscheen verschont. Erschreckend, wie israelische Beamte keinen Hehl daraus machten, dass die Angriffe auf Zivilisten beabsichtigt sind, was eindeutig den Begriff des „Staatsterrorismus“ bestätigt. Es soll die Zivilgesellschaft schädigen und die Menschen zwingen, sich gegen die Hamas zu wenden. Alles treu nach der „Dahyia-Doktrin“, die während des Libanon Krieges 2006 erfunden wurde, besteht das zugegebene Ziel auch der gegenwärtigen Operation, übermäßige Gewalt, gezielte Tötung von medizinischem Personal, Lehrern, Journalisten, Dozenten und Künstlern, also das kulturelle Kapital der palästinensischen Gesellschaft zu zerstören. Angriffe gegen Wohngebäude und Infrastrukturen, um so abzuschrecken, um so die Zivilbevölkerung zu zwingen, Druck auf Widerstandsgruppen auszuüben, um Angriffe zu beenden. Lassen wir es nicht zu, dass der Libanon nun nach Gaza ein zweites Mal diese Doktrin erleben muss. (9)(10)

Israel verstößt gegen alle Regeln und Normen und ist bestrebt, die Front mit der Hisbollah im Libanon und mit Iran offen zu halten, immer in der Hoffnung, dass ein regionaler Krieg die direkte Beteiligung der USA und anderer westlicher Verbündeter (Deutschland?) erzwingen würde. Die Isolation hat sich verstärkt. Das zeigen Abstimmungen in der UNO. So können sein „Schurkenstaat“-Verhalten und die hartnäckige Umgehung internationaler Gesetze, Vorschriften und Regeln weitergehen, weil es starke Verbündete in den USA oder Deutschland hat. Dagegen helfen nur Druck und Sanktionen der internationalen Gemeinschaft – gegen diesen Schurken- und Staatsterrorstaat, der seit 76 Jahren die Rechte der Palästinenser mit äußerster Straflosigkeit verletzt. So bleibt uns nur die Hoffnung, dass selbst einmal für die USA und treue europäische Vasallen Israel zu einer zu großen Belastung auch für den Weltfrieden wird und so endlich der Weg für die Befreiung der Palästinenser und Palästinas geebnet wird.

Fußnoten:

1 https://english.almayadeen.net/articles/opinion/the-sabra-and-shatila-massacre-of-1982-and–israel-s–aggres
2 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=19905
3 https://www.deutschlandfunk.de/kommentar-zu-reaktionen-auf-explosionen-im-libanon-haeme-und-verrohung-dlf-676591fa-100.html
4 https://www.hasepost.de/ex-bnd-chef-israel-hinter-hisbollah-explosionen-vermutet-515484/?utm_content=cmp-true
5 https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/interview/audio-libanon-pager-sprengstoff-israel-voelkerrecht-beck-100.html
6 https://www.youtube.com/watch?v=Ji58luaYMmk
7 https://www.middleeastmonitor.com/20240817-israels-creation-and-exploitation-of-palestinian-human-shields/
8 https://mondoweiss.net/2024/09/every-accusation-a-confession-israel-and-the-double-lie-of-human-shields/
9 https://www.trtworld.com/middle-east/cheap-stupid-bombs-whats-the-dahiya-doctrine-in-israels-war-on-gaza-16332266
10 https://www.securityincontext.org/posts/why-we-need-to-talk-about-state-terrorism-by-israel-in-gaza

Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom “Hochblauen”, dem 1165 m hohen “Hausberg” im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch “Das elfte Gebot: Israel darf alles” heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten “Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik” ausgezeichnet.

Online-Flyer Nr. 836  vom 23.09.2024

 

 

2 Kommentare zu Kommentar vom Hochblauen Ein Schurkenstaat und sein Staatsterrorismus Von Evelyn Hecht-Galinski

  1. Was ist schlimmer als Terrorismus? Deine Antwort, liebe Evelyn, ist so treffend wie aufschlussreich. Danke für Deine klugen, mutigen Worte.
    in einer Zeit, in der in Deutschland Gewissenlosigkeit und sogar Häme an Stelle von Wahrheit und Gerechtigkeit getreten sind.

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