Maduro schickt „den Gringo zum Teufel“ von Thomas Röper

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USA vs. Venezuela

Maduro schickt „den Gringo zum Teufel“

von Thomas Röper

3. Mai 2023

Venezuela wurde von den Medien ein wenig vergessen, dabei geht der Konflikt der USA mit dem Land weiter. Hier zeige ich den aktuellen Stand des Konfliktes.

Der Putschist Guaido, der vor einigen Jahren von den westlichen Medien gefeiert und von den westlichen Regierungen (übrigens verfassungswidrig) als „Übergangspräsident“ anerkannt wurde, ist von der Opposition in Venezuela abgesetzt worden, ohne dass das in den Medien große Erwähnung gefunden hätte. Die USA wollen den internationalen Ölpreis drücken und waren daher sogar bereit, ihre Sanktionen gegen Venezuela zu lockern, um venezolanisches Öl auf die Märkte zu bringen. Allerdings knüpften die USA daran derartige Bedingungen, dass die Maßnahme keine faktischen Folgen hatte.

Der Venezuela-Korrespondent der russischen Nachrichtenagentur TASS hat aus aktuellem Anlass über den Stand des Konfliktes mit den USA berichtet und ich habe seinen Artikel übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

„Den Gringo zum Teufel schicken“: Wie die USA Druck auf Venezuela ausüben

Michail Makejew, TASS-Korrespondent in Venezuela, über die Beziehungen zwischen den beiden Ländern und ob die Gespräche über die Aufhebung der Sanktionen funktionieren.

Die Anwendung von Sanktionen durch die USA als Instrument der „neuen Regeln“, die von den westlichen Ländern in der internationalen Politik heute praktiziert werden, führt zu spürbarem Protest unter unabhängigen Staaten. Die ständigen Drohungen, die restriktiven Maßnahmen gegen Venezuela zu verschärfen, haben den venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro dazu veranlasst, „den Gringo“ auf einer Kundgebung mit Tausenden von Teilnehmern Mitte April „zum Teufel zu schicken“.

Die Ursprünge

Die Geschichte des Sanktionsdrucks auf Venezuela reicht bis in die Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts zurück, doch als grundlegend gilt in dieser Hinsicht ein im März 2015 von US-Präsident Barack Obama unterzeichnetes Dekret. In dem Dokument wurde das südamerikanische Land als „neue und außergewöhnliche Bedrohung für die Sicherheit der USA“ anerkannt. Worin genau diese Bedrohung bestand, ist noch immer ein Rätsel. Es ist kein Geheimnis, dass der US-Regierung der unabhängige politische und wirtschaftliche Kurs des revolutionären Venezuelas von Hugo Chavez und nach dessen Tod 2013 auch von Präsident Nicolas Maduro seit Anfang der 2000er Jahre nicht gefallen hat. Auch konnte Nordamerika nicht akzeptieren, dass das Land mit den größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt seinen natürlichen Reichtum selbständig (sprich: unabhängig von Washington) verwalten und politische und wirtschaftliche Beziehungen, auch zu Russland und China, aufbauen würde.

Die Versuche der venezolanischen Opposition (Medienberichten und Gesprächen in den Korridoren der Politik zufolge nicht ohne Unterstützung der USA), Hugo Chavez und Nicolas Maduro (durch Staatsstreiche oder Wahlen) von der Macht zu verdrängen, waren nicht erfolgreich. Nach Einschätzung von Medien und einigen Experten haben die USA und ihre Verbündeten die restriktiven Maßnahmen ergriffen, um die Wirtschaft Venezuelas zu untergraben und die Wiederwahl Maduros zum Präsidenten der Republik zu verhindern.

„Seit 2015 haben wir jedes Jahr etwa 29 Milliarden Dollar verloren“, sagte die amtierende Vizepräsidentin Delsi Rodriguez am 21. April auf einem Seminar zum Thema „Einheit des Volkes zur wirtschaftlichen Wiederherstellung unter der internationalen Blockade“. Insgesamt habe Venezuela seit der Verhängung der Sanktionen durch die USA 232 Milliarden Dollar verloren, was in manchen Jahren einen Verlust von 99 Prozent der Deviseneinnahmen bedeutet habe, so Rodriguez.

Die schmerzhaftesten Einschränkungen für Venezuela sind das Verbot von Ölexporten und das harte Vorgehen gegen die staatliche Öl- und Gasgesellschaft PDVSA (Petróleos de Venezuela, Sociedad Anonima), die von der Regierung von US-Präsident Donald Trump im Jahr 2019 verhängt wurden. Während Venezuela im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts 3,2 Millionen Barrel pro Tag förderte (und bis zu 1,2 Millionen Barrel pro Tag alleine in die USA exportierte), lag seine Ölproduktion im März dieses Jahres bei nur 728.000 Barrel pro Tag.

Sanktionen und politische Krise

Viele im Land glauben, dass die harten Sanktionen gegen den Erdölsektor im Jahr 2019 beschlossen wurden, um die politische Krise im Land zu verschärfen, als die von der Opposition geführte Nationalversammlung (Parlament) die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen 2018, die der amtierende Präsident Nicolás Maduro gewonnen hatte, nicht anerkannte. Daraufhin verkündete das Parlament, dass der Sprecher der gesetzgebenden Versammlung, der damalige Oppositionsführer Juan Guaido, in Ermangelung eines rechtmäßigen Staatsoberhaupts dessen Aufgaben wahrnehmen würde. Die USA und die meisten Länder der EU sowie einige lateinamerikanische Staaten erkannten ihn sogar als „Übergangspräsidenten“ an. Vier Jahre lang hat Guaidó an Versuchen teilgenommen, (wenn auch ohne Erfolg) die rechtmäßige Regierung Venezuelas zu stürzen. Er hat Tausende von regierungsfeindlichen Demonstrationen angeführt, zusammen mit Leopoldo López, dem Vorsitzenden der Partei Wille des Volkes, an dem Putschversuch am 30. April 2019 teilgenommen und so weiter.

Infolgedessen haben die radikalen Oppositionsparteien, die die Unitaristische Plattform bildeten, im Laufe der Jahre weitgehend die Unterstützung der venezolanischen Opposition verloren und ihre Mobilisierungsfähigkeit eingebüßt. Ende Dezember 2022 schaffte die venezolanische Opposition die von Guaido geführte „Übergangsregierung“ ab.

Die USA bestehen jedoch nach wie vor darauf, dass die Regierung Maduro in Mexiko-Stadt weiterhin mit der Unitaristischen Plattform verhandelt.

Kleine Anpassungen

Unter der Regierung von Joe Biden sind die USA offenbar zur Taktik „Zuckerbrot und Peitsche“ übergegangen. Um die Verhandlungen zwischen der Regierung und der Opposition über Venezuela in Mexiko wieder in Gang zu bringen, haben die USA im Mai letzten Jahres die Sanktionen gegen Carlos Malpica Flores (der im Management der staatlichen Öl- und Gasgesellschaft PDVSA war), einen Neffen der Ehefrau des südamerikanischen Präsidenten Cilia Flores, aufgehoben. Am 26. November erteilte die US-Behörde für die Kontrolle ausländischer Vermögenswerte (OFAC) dem US-Unternehmen Chevron eine allgemeine, sechs Monate gültige Lizenz, die die Förderung und den Export venezolanischen Öls und venezolanischer Ölprodukte in die USA sowie Investitionen in die Ölfeldinfrastruktur der Joint Ventures von Chevron und PDVSA gestattet.

Das wurde als eine Lockerung der Sanktionen gegen Venezuela dargestellt. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die OFAC-Lizenz die Zahlung von Steuern, Dividenden und Lizenzgebühren an das venezolanische Staatsunternehmen untersagt. Daher gestand der venezolanische Präsident im Dezember ein, dass es keine Lockerung der US-Sanktionen im Ölsektor gegeben habe.

Im April 2023 drohten die USA erneut mit Sanktionen für den Fall, dass Guaido verhaftet würde oder die Verhandlungen in Mexiko ergebnislos verliefen (unter anderem berichtete Europa Press über eine Erklärung eines Beamten des US-Außenministeriums), was Maduro am 13. April auf einer Kundgebung vor dem Präsidentenpalast Miraflores zu einer scharfen Reaktion veranlasste. „Gestern hat ein Gringo-Vertreter Venezuela gedroht und gesagt, dass es repressive Maßnahmen und Sanktionen gegen unser Land geben wird, wenn Venezuela den politischen Dialog mit dem verbrecherischen, korrupten, verräterischen, das Vaterland verkaufenden Sektor der Unitaristischen Plattform nicht vorantreibt“, erklärte Maduro und „schickte den Gringo zum Teufel“, wobei er betonte, dass sein Staat keine Angst vor dem Druck der USA hat.

Die Konferenz in Bogota

Letzte Woche fand in der kolumbianischen Hauptstadt eine internationale Konferenz über die politischen Prozessen in Venezuela statt. Sie sollte der venezolanischen Regierung den Verhandlungsprozess mit der radikalen Opposition erleichtern und bei der Suche nach einem Ausweg aus der politischen Krise helfen, freie Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 erreichen und einen Weg zur schrittweisen Aufhebung der Sanktionen suchen. Das internationale Forum wurde vom kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro initiiert. „Die venezolanische Gesellschaft darf nicht unter Sanktionen stehen, Amerika darf kein Raum für Sanktionen sein, Amerika muss ein Raum der Freiheit und der Demokratie sein“, sagte er bei der Eröffnungsfeier der Konferenz.

Vertreter aus 19 Ländern – darunter Argentinien, Brasilien, Mexiko, die USA, die Türkei, Südafrika, Norwegen, Spanien, Frankreich und Großbritannien – nahmen an dem Forum teil. Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, nahm ebenfalls an dem Treffen teil. Die Konferenz wurde auch vom venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro unterstützt.

Die Arbeit des internationalen Forums dauerte nur drei Stunden (nach diesem Maßstab kann man es wohl als das kompakteste in der Geschichte bezeichnen), aber den Teilnehmern gelang es, für Venezuela wichtige Themen zu diskutieren. So wird im Ergebnisdokument empfohlen, „einen Zeitplan für die Wahlen zu fördern, der eine freie und transparente Abstimmung mit Garantien für alle politischen Akteure ermöglicht“, und dass positive Schritte in diese Richtung „mit einer Lockerung der gegen Venezuela verhängten Sanktionen einhergehen sollten“.

Ferner wurde empfohlen, „die Arbeiten zur Einrichtung eines einheitlichen Treuhandfonds zur Finanzierung humanitärer Ausgaben in Venezuela zu beschleunigen“. Auf diesen Punkt werde ich noch etwas näher eingehen. Einen Tag zuvor hatte Maduro als Bedingung für die Fortsetzung der Verhandlungen mit der radikalen Fraktion der venezolanischen Opposition die Umsetzung des Sozialvertrages gestellt, der am 26. November 2022 mit der Unitaristischen Plattform in Mexiko unterzeichnet wurde und der einen Fonds unter UN-Verwaltung schaffen soll, der 3,2 Milliarden Dollar aus venezolanischen Vermögenswerten umfasst, die in westlichen Banken eingefroren wurden. Der venezolanische Staatschef forderte, dass dieser Punkt in die Abschlusserklärung der Konferenz aufgenommen wird. „Keine vier Tage nach der Unterzeichnung des Vertrages in Mexiko-Stadt hat James Story, der sogenannte US-Botschafter in Venezuela, der sich in Kolumbien aufhält, die UNO kontaktiert, um die Einrichtung dieses Fonds zu verbieten“, sagte der Präsident in seiner Sendung „Mit Maduro plus“ des Venezolanischen Fernsehens und betonte, dass „ohne den Sozialvertrag keine Rede von einer Wiederaufnahme der Verhandlungen in Mexiko sein kann“.

Somit kann man die Aussage in der offiziellen Erklärung der Unitaristischen Plattform, dass die Ergebnisse der Konferenz die Frage einer „baldigen, bedingungslosen und ungehinderten Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses in Mexiko“ lösen würden, definitiv als voreilig bezeichnen.

Zusätzliche Bedingungen

Jorge Rodríguez, Präsident der Nationalversammlung und Leiter der Regierungsdelegation, hat in Gesprächen mit der Unitaristischen Plattform zusätzliche Bedingungen für die Wiederaufnahme des Dialogs in Mexiko angekündigt. Dabei handelt es sich um die Aufhebung aller (fast tausend) Sanktionen gegen die Erdölindustrie, Banken und Staatsunternehmen sowie der persönlichen restriktiven Maßnahmen, einschließlich derjenigen gegen Präsident Nicolas Maduro. Zu den Bedingungen gehörte auch die Erfüllung des erwähnten Sozialvertrags mit der Unitaristischen Plattform in Mexiko sowie die Abkehr der US-Justiz und des Internationalen Strafgerichtshofs davon, Druck auf Venezuela auszuüben.

Darüber hinaus fordert die Regierung zur Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses in Mexiko unter norwegischer Vermittlung „die sofortige Freilassung des diplomatischen Gesandten Venezuelas Alex Saab“, der am 12. Juni 2020 während einer Geschäftsreise auf den Kapverden verhaftet und anschließend an die USA ausgeliefert wurde, wo er beschuldigt wird, 350 Millionen Dollar in US-Banken gewaschen zu haben.

Trotz der auferlegten Bedingungen könnte der Dialog mit der radikalen Opposition nach Ansicht von Experten fortgesetzt werden. Ein Beispiel: Im Oktober 2021 unterbrach Venezuela den Dialog in Mexiko Stadt mit der Begründung, dass er erst wieder aufgenommen werden könne, wenn Saab freigelassen worden sei. Im November 2022 wurden die Gespräche jedoch wieder aufgenommen, ohne dass die Forderungen von der US-Seite erfüllt wurden.

Loyalere Konferenz und Opposition in Miami

Eine der wichtigsten Errungenschaften der internationalen Konferenz im April ist die Tatsache, dass es sich zum ersten Mal nicht um eine anti-venezolanische Veranstaltung handelte, ähnlich wie bei den Debatten der Organisation Amerikanischer Staaten und der so genannten Lima-Gruppe (die gegründet wurde, um Druck auf die venezolanische Regierung auszuüben, und die seit 2022 nicht mehr existiert). Beobachter stellen jedoch fest, dass die US-Delegation unter der Leitung Juan González, des Beraters des US-Präsidenten für die westliche Hemisphäre, die höchsten repräsentierte auf der Konferenz hatte. Ihr gehörten auch der stellvertretende nationale Sicherheitsberater John Finer und der Berater des US-Präsidenten für die Amerikas Chris Dodd an. Dieses Mal gab es von Seiten der US-Vertreter weder Angriffe auf Präsident Maduro noch auf die venezolanischen Regierungsvertreter.

Die Konferenz in Bogotá wird auch wegen der Eskapaden des ehemaligen „Übergangspräsidenten“ Guaido in Erinnerung bleiben, der beschloss, sich ohne Einladung mit den Teilnehmern des Forums zu treffen. Um seine Volksnähe zu demonstrieren, gab er an, die venezolanische Landgrenze zu Kolumbien zu Fuß überquert zu haben – in Wirklichkeit tat er es mit dem Auto und verstieß gegen die Migrationsgesetze. Aus diesem Grund wurde Guaido, wie der kolumbianische Präsident Gustavo Petro erklärte, „aus humanitären Gründen trotz illegaler Einreise“ am späten Montagabend mit einem Flug nach Miami abgeschoben. Dieses Ereignis könnte nach Ansicht von Experten den Schlusspunkt setzen oder sogar das Ende der Führung des radikalen Flügels der Opposition durch Guaido bedeuten.

Wahlen und Sanktionen

Politische Beobachter vor Ort sind sich heute sicher, dass eine Aufhebung aller Sanktionen durch die USA und ihre europäischen Verbündeten vor den Präsidentschaftswahlen in Venezuela im Jahr 2024 unmöglich ist. Als Grund dafür wird meist angeführt, dass die restriktiven Maßnahmen die Machtübernahme eines Oppositionspolitikers erleichtern sollen, dessen Kandidatur noch nicht feststeht.

Angesichts der Spaltungen in der Opposition scheint ein Wahlsieg Maduros jedoch am wahrscheinlichsten. Die Sanktionen würden dann aufrechterhalten und möglicherweise sogar verschärft werden. Eine nennenswerte Lockerung der restriktiven Maßnahmen im Ölsektor könnte nach Ansicht lokaler Politikexperten nur dann erfolgen, wenn sich die weltweite Energiekrise verschärft.

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