NATO-Soldaten in der Ukraine aktiv von Thomas Röper Anti-Spiegel

https://www.anti-spiegel.ru/2023/nato-soldaten-in-der-ukraine-aktiv/

Kriegsbeteiligung

NATO-Soldaten in der Ukraine aktiv

von Thomas Röper

14. April 2023

Dass die NATO mit eigenen Soldaten in der Ukraine aktiv ist, ist kein Geheimnis. Nun haben die aus dem Pentagon geleakten Papiere das ein weiteres Mal bestätigt.

Aus den geleakten Unterlagen aus dem Pentagon geht hervor, dass die NATO mit mindestens 97 Soldaten aus Spezialeinheiten in der Ukraine aktiv ist, wie Medien melden. Die russische Nachrichtenagentur TASS zitiert zum Beispiel das US-Portal Politico wie folgt:

„“Am 23. März operierte in der Ukraine mindestens eine Spezialeinheit mit umfangreicher europäischer Beteiligung. Von den 97 Mitgliedern dieses US/NATO-Kontingents dominiert Großbritannien, das 50 Spezialkräfte in die Ukraine entsandt hat. Zu der Gruppe gehören auch 17 Personen aus Lettland, 15 aus Frankreich und eine aus den Niederlanden. Die USA haben 14 Personen dorthin entsandt“, schreibt Politico und fügt hinzu, dass „einige der Dokumente möglicherweise gefälscht sind“.
Den Dokumenten zufolge beläuft sich die Zahl der US-Militärangehörigen in der Konfliktzone auf etwa 100 Personen. Politico stellt auch fest, dass Großbritannien es ablehnte, diese Daten zu kommentieren, während die USA „eine kleine militärische Präsenz in ihrer Botschaft in der Ukraine bestätigten, die angeblich ’nicht an den Feindseligkeiten beteiligt‘ ist“.

Dass Großbritannien einen Kommentar ablehnt, kann man getrost als Bestätigung der Meldung interpretieren, denn schon am 13. Dezember 2022 hat die britische Times in einem Artikel gemeldet, dass ein hochrangiger britischer General hat die Entsendung von Spezialeinheiten der Royal Marines, die in der Ukraine an „hochriskanten verdeckten Operationen“ teilnehmen, eingeräumt hat. Ich habe den Times-Artikel seinerzeit übersetzt.

Dass NATO-Soldaten in der Ukraine aktiv sind, ist nicht neu. Erst vor zwei Wochen ist ein ehemaliger Soldat der Bundeswehr in Artjomowsk (Bachmut) gefallen.

NATO-Soldaten kämpfen in der Ukraine

Russland meldet schon seit einiger Zeit, dass NATO-Soldaten aktiv an den Kampfhandlungen teilnehmen, zum Teil als Bedienungsmannschaften der komplexen westlichen Waffensysteme, die ukrainische Soldaten nach einer Expressausbildung gar nicht vollständig beherrschen können. Aber Russland meldet auch kämpfende Bodentruppen aus NATO-Ländern. Dabei sollen beispielsweise bereits einige tausend Polen gefallen sein.

Um formell nicht im Krieg mit Russland zu sein, wird dazu ein Trick benutzt: Offiziell quittieren die NATO-Soldaten den Dienst bei ihrer Armee (wahrscheinlich nicht vollständig, sondern vorübergehend, also mit Rückkehrgarantie) und heuern für sehr gute Gehälter (die Rede ist von mehreren tausend Dollar pro Tag) als Söldner bei privaten Militärfirmen an.

Nicht nur Russland hat die private Militärfirma Wagner. Diese Firmen sind vielmehr eine Erfindung der USA, ein bekanntes Beispiel ist die schon seit dem Irakkrieg für ihre Kriegsverbrechen berühmt-berüchtigte Firma Blackwater, die heute academi heißt. Eine solche private Militärfirma wurde 2022 in den USA sogar extra für den Krieg gegen Russland gegründet und ironischerweise wurde sie – wahrscheinlich als Reaktion auf die russische Firma Wagner – „Mozart“ genannt. Über solche Firmen werden „Ausbilder“ in die Ukraine geschickt, die sich (daraus wird kein großes Geheimnis gemacht) aus aktiven oder ehemaligen NATO-Soldaten rekrutieren.

Am 26. Januar 2023 hat Markus Reisner, Oberst im Generalstab der Österreichischen Armee, an einer Veranstaltung des Austria Institut für Europa und Sicherheitspolitik (AIES) teilgenommen, in der es um die Lage rund um die Ukraine ging und die live übertragen wurde. Am Ende seines Vortrages beantwortete er auch Fragen aus dem Publikum. Auf die Frage, ob die Ukraine über das Personal verfüge, um die von westlichen Ländern gelieferten Panzer bedienen zu können und wie viele NATO-Militärs inzwischen in der Ukraine aktiv seien, sagte Reisner, dass man dazu keine NATO-Soldaten in die Ukraine schicken müsse. Er erklärte das wie folgt:

„Ich ziehe meine Uniform aus, unterschreibe einen Vertrag und gehe in die Ukraine. Ich bin kein Angehöriger der österreichischen Streitkräfte mehr, sondern Vertragsbediensteter. Das ist die Lösung.“

„Vertragsbediensteter“ ist eine schöne Umschreibung für „Söldner“. Auf die Frage, was man davon ableiten könne, antwortete er:

„Was man daraus schließen kann, ist, dass eine hohe Anzahl an ausländischen Söldnern sich in der Ukraine befinden, aber nicht von NATO-Soldaten.“

Dass die ausländischen Söldner beurlaubte (oder für den Einsatz in der Ukraine formell aus dem Dienst ausgeschiedene) NATO-Soldaten sind, ist exakt das, was auch Russland meldet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat vor kurzem in einem Interview dazu gesagt:

„Es gibt Waffensysteme, deren Einsatz nach Einschätzung von Experten in kurzen Trainingskursen nicht beigebracht werden kann. Wenn also solche Waffensysteme geliefert werden, bedeutet das, dass auch entsprechende Kräfte bereitgestellt werden. Diese Kräfte bekommen offenbar für eine gewisse Zeit Urlaub und werden mit entsprechenden Papieren als Söldner angeheuert.“

Im November 2022 hatte Russland erklärt, dass mehr als 8.000 Söldner aus mehr als 60 Ländern in der Ukraine seien, wobei die meisten aus Polen, den USA, Kanada, Rumänien und Großbritannien kämen.

Gemäß Völkerrecht ist Deutschland im Krieg gegen Russland

Der Vollständigkeit halber gehe ich noch einmal auf die völkerrechtliche Einschätzung ein, auch wenn es bei der Entsendung von NATO-Truppen in die Ukraine ohnehin offensichtlich ist, dass es sich dabei um eine offene Kriegsbeteiligung der NATO in der Ukraine handelt. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat schon am 16. März 2022 ein 12-seitiges Gutachten herausgegeben, in dem er der Frage nachgegangen ist, ab wann ein Staat Kriegspartei im russisch-ukrainischen Konflikt ist. Ich habe über das Gutachten ausführlich berichtet, meinen Artikel finden Sie hier.

Im Kern stellte das Gutachten zwei Themenfelder fest, bei denen Deutschland aus völkerrechtlicher Sicht zu einer Kriegspartei werden kann. Waffenlieferungen machen Deutschland demnach nicht zu einer Kriegspartei, aber:

„Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.“

Da ukrainische Soldaten in Deutschland an NATO-Waffensystemen ausgebildet werden, ist dieser Punkt erfüllt. Sowohl die US-Armee bildet ukrainische Soldaten in Deutschland aus, als auch die Bundeswehr.

Das zweite Themenfeld, bei dem Deutschland aus völkerrechtlicher Sicht zu einer Kriegspartei werden kann, ist die Übermittlung von Geheimdienstinformationen. Dazu heißt es in dem Gutachten:

„Hier sind die genauen Umstände entscheidend: Je substanzieller die Unterstützung wird und je abhängiger die unterstützte Partei, also die Ukraine in unserem Fall, davon ist, desto näher kommt man der roten Linie. Strategisch relevante Geheimdienstinformationen fallen dabei natürlich ins Gewicht. Ihrer Natur gemäß sind sie aber natürlich geheim und für die gegnerische Seite nicht oder nur schwer nachzuweisen.“

Dass die USA die Ukraine nicht nur mit Geheimdienstinformationen in Echtzeit versorgen und der Ukraine bei der Auswahl von Angriffszielen helfen, sondern sogar aktiv in die militärischen Planungen der Ukraine eingebunden sind, ist bekannt. Die USA sind damit aus völkerrechtlicher Sicht in jedem Fall in jedem Fall Kriegspartei gegen Russland.

Anfang Oktober 2022 wurde bekannt, dass auch der BND die Ukraine mit Geheimdienstinformationen versorgt. Darüber hat die „Zeit“ berichtet und in dem Artikel der „Zeit“ konnte man erfahren:

„Die Analysen und Aufklärungsergebnisse, darunter Geodaten, können in die Kriegsplanung einfließen und der ukrainischen Armee dabei helfen, Kampfkraft und Moral russischer Einheiten einzuschätzen oder ihre Stellungen zu überprüfen. Die Daten-Lieferungen sind der geheimdienstliche Teil der Zeitenwende.
Die Informationen stammen vom Bundesnachrichtendienst (BND). Sie speisen sich aus Satellitenbildern, abgefangenen Funksprüchen und Mobiltelefongesprächen.“

Wie reagiert Russland?

Da es für Russland keine Neuigkeit ist, dass NATO-Soldaten in der Ukraine aktiv sind, ist eine russische Reaktion auf die neuen Enthüllungen unwahrscheinlich. Russland dürfte sich zwar darauf berufen und die Meldung als weitere Bestätigung seiner Feststellung, dass der kollektive Westen in der Ukraine einen Krieg gegen Russland führt, werten, aber weitere Reaktionen sind nicht zu erwarten.


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