Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 29 von  Mathias Bröckers

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 29

3. Juni 2022

Der neue Eiserne Vorhang zieht sich zu, Europa schneidet sich vom “Herzland” ab, vom Handel und Wandel mit dem Osten, mit Russland und Asien, mit dem Rest der Welt – und niemand in Brüssel, Berlin, Paris oder Rom scheint zu ahnen, welche dystopischen Zustände damit auf das “alte Europa” zukommen. Wer nicht mit preisgünstiger Energie und Rohstoffen versorgt wird, kann nicht wettbewerbsfähig produzieren, wer  nicht wettbewerbsfähig ist, kann nichts verkaufen, und wer nichts verkauft, geht als Industriestaat unter. Manchmal kommt es mir in den letzten Wochen so vor, als ob mit knapp 80  Jahren Verspätung und hintenrum der Morgenthau-Plan doch noch umgesetzt würde, nach dem aus dem besiegten Deutschland ein Agrarstaat werden sollte. Doch bekanntlich setzte sich  seinerzeit der US-Außenminister Marshall gegen Finanzminister Morgenthau durch und mit dem nach ihm benannten Marshall-Plan wurde die Bundesrepublik zum Frontstaat im Kalten Krieg aufgerüstet. Joseph Stalins 1952 erfolgten Vertragsvorschlag einer  Wiedervereinigung Deutschlands  und eines Rückzugs der  sowjetischen Besatzung – unter der Bedingung einer künftigen militärischen Neutralität –  musste die Adenauer-Regierung auf Druck Washingtons und Londons ablehnen. Ganz so wie jetzt die Vasallen in Kiew eine militärische Neutralität ablehnen und auf transatlantische Weisung Krieg führen müssen.

Für eine Zwischenprüfung am OSI, dem politikwissenschaftlichen “Otto Suhr Insitut” der Freien Universität Berlin, beschäftigte ich mich Mitte der 1970er Jahre mit dieser “Stalin Note”   und verdanke diesem Studium meine ersten vertieften Einblicke in das “geopolitische Schach”, die Züge und Methoden globaler Machtpolitik. Und auch davon, dass es den Vereinigten Staaten nicht um regionalen Frieden und  Demokratie geht, sondern um globale, unipolare Macht. Für einen Autor des “Was wäre..”-Genres könnte das ein schöner Romanstoff sein – ein schweizerisiertes Deutschland 1952 ff.,  ich jedenfalls, 1954 pünktlich zum Halbfinale der Weltmeisterschaft hineingeboren,  stelle mir  das ziemlich interessant vor, besser als BRD/DDR und Berlin mit Mauer. Weiterlesen bei Mathias Broeckers.com

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