Offener Brief gegen die Ausladung des Rappers Talib Kweli NRhZ

 

Offener Brief gegen die Ausladung des Rappers Talib Kweli beim Open Source Festival in Düsseldorf
Genau so entwickelt sich Faschismus
Von Tariq Ali, Judith Butler, Peter Gabriel, Aki Kaurismäki, Naomi Klein, Ken Loach, Roger Waters und anderen
Es geht um das Düsseldorfer Open Source Festival vom 13. Juli 2019 und die Ausladung des Rappers Talib Kweli (1). Er wurde von den Organisatoren ausgeladen, weil er es ablehnt, den Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit zu verurteilen. Die Ausladung erfolgte unter Berufung auf einen Bundestagsbeschluss vom 17. Mai 2019, der in der NRhZ im Artikel „Rassistische Querfront im Reichstag“ thematisiert ist (2). Gegen die Ausladung richtet sich ein Offener Brief, der von 103 UnterzeichnerInnen aus der internationalen Kulturszene getragen ist und am 2. Juli 2019 im britischen Guardian veröffentlicht wurde (3). Zu den UnterzeichnerInnen gehören der Schriftsteller Tariq Ali, die Philosophin Judith Butler, der Musiker Peter Gabriel, der Filmemacher Aki Kaurismäki, die Publizistin Naomi Klein, der Filmregisseur Ken Loach und der Musiker Roger Waters. Die NRhZ dokumentiert den Offenen Brief in deutscher Übersetzung.Wir sind schockiert, dass das Open Source Festival in Düsseldorf den schwarzen amerikanischen Rapper Talib Kweli ausgeladen hat, nachdem er sich geweigert hatte, die Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS) für palästinensische Rechte zu verurteilen – was zur Absage seiner Deutschland-Tournee führte. Die Versuche in Deutschland, Künstlern, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzen, politische Bedingungen aufzuerlegen – was insbesondere Farbige und queere Künstler trifft – stellen einen beschämenden Trend in Richtung Zensur, anti-palästinensischer Repression und Angriffen auf die Gewissensfreiheit dar.Wir beurteilen BDS unterschiedlich, aber wir stimmen mit 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern überein, die kürzlich geschrieben haben, dass „die drei Hauptziele von BDS – Beendigung der Besatzung, volle Gleichberechtigung der arabischen Bürger Israels und das Recht auf Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge – völkerrechtskonform sind“.

Dr. Sara Roy von der Harvard University, eine der führenden Wissenschaftlerinnen im Nahen Osten, wandte sich kürzlich an die Mitglieder des Deutschen Bundestages: „Ich habe eine Großfamilie durch Faschismus und Rassismus verloren. Indem Sie den Antrag unterstützen, der behauptet, dass BDS antisemitisch sei – unabhängig von der eigenen Position zu BDS – kriminalisieren Sie das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht, unterschiedlicher Meinung zu sein, und kriminalisieren Sie diejenigen, die sich dafür entscheiden, dieses Recht in Anspruch zu nehmen. Genau so entwickelt sich Faschismus. So wird auch die wahre Bedeutung von Antisemitismus verharmlost und entehrt.“

Wir sind entschieden gegen alle Formen von Rassismus und Diskriminierung, einschließlich der Diskriminierung Schwarzer, einschließlich Antisemitismus, Islamophobie, Homophobie und Sexismus. Wir stimmen auch mit den 200 palästinensischen zivilgesellschaftlichen Organisationen überein, die auf den Beschluss des Bundestages, wonach BDS mit Fanatismus gleichgesetzt wird, antworteten: „Den Palästinensern das Recht zu verweigern, sich gewaltlos für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit einzusetzen, ist antipalästinensisch und bringt den Bundestag in Konflikt mit dem Völkerrecht, mit universellen demokratischen Prinzipien und sogar mit dem Standpunkt der Europäischen Union.“

Die Unterstützung eines gewaltfreien Kampfes für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit – für Palästinenser oder andere – ist kein Fanatismus. Die Unterstützung ist ein Recht. Für viele ist sie auch eine moralische Verpflichtung.

Fußnoten:

1 Begründung des Open Source Festivals für das Zurückziehen der Einladung von Talib Kweli
Der Deutsche Bundestag hat am Freitag, 17. Mai 2019, einen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“ angenommen. Unter anderem werden die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung als antisemitisch eingestuft. Da der Künstler Talib Kweli als BDS-Sympathisant bekannt ist und dies auf unsere Nachfrage bekräftigt hat, bleibt uns nichts anderes übrig als seine Einladung zum Open Source Festival 2019 zurückzuziehen. Wir entschuldigen uns bei allen Festival Besuchern, die sich bereits auf den Auftritt des Künstlers gefreut haben und bitten um euer Verständnis. Derzeit arbeiten wir an einer passenden Neuverpflichtung für das Line Up des Open Source Festivals am 13.7.19 und fragen Diskutanten für ein Podium zum Open Source Festival Congress am 12.7.19 an, welches den Umgang mit BDS in der Kultur- und Kreativwirtschaft beleuchten soll.
https://www.open-source-festival.de/news/absage-talib-kweli/

2 Dem Kampf gegen Apartheid und Völkerrechtsbruch in den Rücken gefallen
Rassistische Querfront im Reichstag
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 707 vom 29.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25936

3 Englischsprachige Originalfassung des Offenen Briefes
https://www.theguardian.com/world/2019/jul/02/talib-kweli-removal-from-festival-lineup-is-part-of-anti-palestinian-censorship-trend

Online-Flyer Nr. 713  vom 17.07.2019

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