Offener Brief:    Kein Auftrittsverbot für Roger Waters

Die Petition und der offene Brief haben auch noch einen Ruck gegeben, Roger Waters darf in Frankfurt auftreten

Wie nicht anders zu erwarten war, darf Roger  Waters sein Konzert auch in Frankfurt geben. Das  entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt.

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/other/antisemitismus-vorw%C3%BCrfe-umstrittener-roger-waters-darf-in-frankfurt-auftreten/ar-AA1aiRgB

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zeigt Wirkung.

 

 

Bildquelle:Fans and supporters of Roger Waters are calling on the Frankfurt city council to reverse its decision to cancel an upcoming concert.

Martyn Wheatley ZUMAPRESS

 

 

Ich danke Peter Biebel vom Gesprächskreis Darmstadt der Nachdenkseiten  für diesen offenen Brief gegen das Auftrittsverbot für Roger Waters, den ich sehr gern unterstütze und sofort  unterzeichnet habe. Bitte unbedingt verbreiten .   Evelyn Hecht-Galinski

 

An die

 

Stadt Frankfurt am Main

Herrn Oberbürgermeister

Mike Josef

Römerberg 23

 

60311 Frankfurt am Main

 

Offener Brief:    Kein Auftrittsverbot für Roger Waters

 

Sehr geehrter Damen und Herren,

 

wir, der Gesprächskreis Darmstadt der NachDenkSeiten (Liste der Unterzeichner siehe Seite 3), fordern Sie hiermit auf, das Auftrittsverbot gegen Roger Waters für den 28. Mai 2023 in der Festhalle in Frankfurt zurück zu nehmen.

 

Als Grund für das Auftrittsverbot geben Sie an, dass sich Roger Waters für die Kampagne Boykott, Investitionsabzug/Desinvestition, Sanktionen (BDS)-Kampagne, die den Staat Israel wirtschaftlich, politisch und kulturell isolieren will, einsetzt und dass es israelfeindliche Äußerungen von ihm geben soll.

 

Die BDS-Kampagne ist eine gewaltfreie Kampagne der palästinensischen Zivilgesellschaft zur Beendigung der völkerrechtlich illegalen israelischen Besatzung. Die Kampagne ist eine Rechtskampagne, die sich ausnahmslos auf das internationale Recht sowie auf UN-Resolutionen stützt. Das Selbstverständnis der BDS-Bewegung ist durchgehend antirassistisch. Die Bekämpfung jeglicher Art von Rassismus, insbesondere gegen Jüdinnen und Juden, gehört zum grundlegenden politischen Selbstverständnis. Viele Menschenrechtsorganisationen und Organisationen der Vereinten Nationen haben Israel als Apartheidstaat definiert und es wurden Israel und das Südafrika der Apartheid-Ära miteinander verglichen. Während im Falle von Südafrika diese gewaltfreie Methode zur Aufhebung der Apartheid führte und weltweit bejubelt wurde, soll es jetzt im Falle Israel antisemitisch sein? Wir vermuten doch eher, dass es sich hier um die selbst verordnete Staatsräson in Deutschland handelt, die jegliche Kritik an der Politik des Staates Israel schon seit Jahren unterbindet. Im Übrigen beteiligen sich Staatsbürger von Israel (z.B. Ilana Hammerman) und viele Prominente an dieser Kampagne. Prof. Amos Goldberg, außerordentlicher Professor für Holocaust-Geschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem führt in einem Interview aus: „Der Beschluss des deutschen Bundestags (über BDS) ist ein schlimmer Präzedenzfall. Ein Staat (Deutschland, Anmerkung Unterzeichner) hat aus fragwürdigen Beweggründen in die öffentliche Debatte eingegriffen und Meinungsfreiheit und Proteste beschränkt. Es wird nicht mehr lange dauern, bis jede scharfe Kritik an Israel als antisemitisch bezeichnet wird und damit ihre Legitimität verliert. Damit begehen liberale Demokratien einen schwerwiegenden Verrat an Menschenrechten und Meinungsfreiheit. Diesen Werten sollte sich gerade Deutschland verpflichtet fühlen.“ Quelle: https://www.goethe.de/ins/il/de/kul/mag/21581473.html

 

Wenn sich Israels Staatspräsident Izchag Herzog selbst von dem Vorgehen seines eigenen Staates distanziert und auch unser Bundespräsident sich „besorgt“ über die Pläne der jetzigen rechts-religiösen Regierung äußert, Entscheidungen des Höchsten Gerichts mit einfacher Parlamentsmehrheit aufheben zu können, wie muss ein solches Vorhaben dann erst auf die unterdrückten palästinensischen Staatsbürger in Israel (ca. 20%) und in den völkerrechtswidrig besetzten Siedlungsgebieten wirken, wenn sie schon bei uns in Deutschland Hunderttausende auf die Straße treiben?

 

Beleg: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/israel-proteste-demos-justiz-100.html

 

In seiner Rede vor der UNO, die ihm heftige Angriffe seitens der Medien eingebracht hatte, weil er Verhandlungen in dem Konflikt anstatt Waffenlieferungen forderte und weil er dem Westen die Mitschuld an diesem Krieg gibt („..war der russische Einmarsch in die Ukraine nicht „unprovoziert“, also verurteile ich die Provokateure ebenfalls aufs Schärfste“), hatte Roger Waters an seine Jugendzeit und an seine Mutter erinnert:

 

„Als ich ungefähr dreizehn war, kämpfte ich mit irgendeinem kniffligen pubertären Problem und versuchte zu entscheiden, was ich tun sollte, es ist egal, was es war, ich kann mich jedenfalls nicht mehr daran erinnern, aber meine Mutter setzte sich mit mir zusammen und sagte: „Hör zu, du wirst in deinem Leben mit vielen kniffligen Problemen konfrontiert werden, und wenn du das bist, hier ist mein Rat: Lies, lies, lies, finde alles heraus, was du kannst, egal was es ist, betrachte es von allen Seiten, aus allen Blickwinkeln, höre dir alle Meinungen an, besonders die, denen du nicht zustimmst, recherchiere es gründlich, wenn du das getan hast, hast du die ganze schwere Arbeit getan und der nächste Teil ist einfach, „Ist er das? Ok, Mama, was ist der einfache Teil?“… „Oh, der einfache Teil ist, dass du einfach das Richtige tust.“ Hmm!“ Quelle: https://www.pressenza.com/de/2023/02/roger-waters-vollstaendige-rede-vor-dem-un-sicherheitsrat/

 

Wir haben in den letzten Jahren beunruhigende Einschränkungen unserer Grundrechte und Meinungsfreiheiten erfahren müssen, die bis heute nicht aufgearbeitet sind. Wer eine andere Sichtweise zur Corona-Krise, zum Ukraine-Konflikt, in der Klima- oder Energiepolitik vertritt, wird aus dem gesellschaftlichen Diskurs hinausgedrängt. Das passiert durch Raumverbote, Auftrittsverbote, Löschen von Internet-Inhalten, Entziehung der Gemeinnützigkeit  und Rufmord-kampagnen (die aktuellsten Beispiele sind Roger Waters, Ulrike Guérot und der Schweizer Historiker Dr. Daniele Ganser).

 

Fast täglich hören wir, dass „in unserer Demokratie“ Kritiken erwünscht und Diskurse darüber ausgehalten werden müssen. Wir sind erwachsene Menschen mit dem Recht auf audiatur et altera pars. Wir brauchen kein verordnetes Denken. Wir sind darüber hinaus als Steuerzahler Mitfinanziers öffentlicher Einrichtungen und fordern Sie deshalb auf, uns diese als öffentlichen Debattenraum zur Verfügung zu stellen. Auftrittsverbote, wie das für Roger Waters ausge-sprochene, kommen Redeverboten gleich und entsprechen nicht den Wertevorstellungen demokratischer Gesellschaften. Unsere Regierung kritisiert mit Recht derartige Vorgehens-weisen autokratischer Staaten  – und jetzt tun Sie es heuchelnd selbst. Damit steht die Frage im Raum: Seit wann ist Andersdenken in Deutschland wieder verboten?

 

 

Mit um unsere Demokratie besorgten Grüßen,

 

Gesprächskreis Darmstadt

der NachDenkSeiten

c/o Peter Biebel

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