Pentagon-Leaks: Wie gut kennt das Pentagon die Kriegslage in der Ukraine? Von Florian Rötzer Overton Magazin

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Pentagon-Leaks: Wie gut kennt das Pentagon die Kriegslage in der Ukraine?

von Florian Rötzer

 

Jacques Baud über das, was die Leaks über das Pentagon zeigen, den Streit über die Verlustzahlen und ob boots on the ground ein Land zur Kriegspartei machen.

Jacques Baud  war Oberst der Schweizer Armee, arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst, die Vereinten Nationen und für die Nato in der Ukraine. Er ist Autor mehrerer Bücher über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation. Das Gespräch wurde am Donnerstagnachmittag geführt.

Im Augenblick herrscht große Aufregung, nachdem Geheimdokumente aus dem Pentagon in Umlauf gekommen sind. Urheber des Leaks soll ein 21-jähriger Nationalgardist sein, der diese in einer Online-Gruppe erst einmal veröffentlicht hat. Von dort aus kamen die Leaks dann an die breitere Öffentlichkeit. Ist denn die Story glaubwürdig, dass jemand, der in einem gesicherten Raum mit Geheimdokumenten arbeitet, Fotos oder Ausdrucke nach außen bringen kann? Das muss er über längere Zeit gemacht haben.

Jacques Baud: Das ist eigenartig. Und ehrlich gesagt, ich weiß nicht genau, was man daraus für Schlüsse ziehen kann. Mein Gefühl war schon seit am Anfang dieser Affäre, dass die Dokumente echt waren. Einige Dokumente wurden nachher verarbeitet. Soweit ich weiß, wurden diese Dokumente in den sozialen Netzwerke verteilt und es kann sein, dass einige Empfänger dann Dokumente überarbeitet haben, um Daten zu „verbessern“. Es geht zum Beispiel um die Verluste der Russen und der Ukrainer im Krieg. Schon am Anfang habe nicht nur ich festgestellt, dass sehr viele Informationen in diesen Dokumenten echt sind und dass die Amerikaner dies wussten. Aber das heißt noch nicht, dass die Informationen, die in den Dokumenten stehen, auch richtig sind.

Aus einigen Dokumenten geht hervor, dass es sich um Informationen handelt, die von fremden Nachrichtendiensten kommen, und insbesondere vom ukrainischen Geheimdienst. Das heißt, nicht alle Informationen wurden von den Amerikaner selber gesammelt oder beschafft. Viele Daten wie die Anzahl der gelieferten Haubitzen oder Panzer konnte man ohne Problem in öffentlichen Medien finden. Einige Informationen wussten die Amerikaner bestimmt selber, zum Beispiel die Anzahl der Raketen, die sie für HIMARS geliefert haben. Das sind Informationen, die tatsächlich aus dem Pentagon kommen. Aber es gab auch sehr viele Informationen, wie zum Beispiel die Verluste an Material und Personal, die zeigen, und das ist das Merkwürdige, dass die Amerikaner keine selbständige Fähigkeit haben, diese Zahlen zu eruieren. Sie haben diese Zahlen von der Ukraine bekommen oder von der bekannten Website Oryxspioenkop.com. Sie wurde letztes Jahr geschaffen, um die Verluste der Russen zusammenzuzählen. Das basiert auf offenen Quellen. Viele Informationen kommen aus den sozialen Netzwerke und werden nicht seriös überprüft. Das heißt, die Zuverlässigkeit dieser Website ist sehr  fragwürdig. Ich kenne einige Fotos aus Oryx, die zeigen, dass sie eindeutig photoshopped, also modifiziert wurden. Wenn die Amerikaner ihre Zahlen aus Oryx nehmen, würde mich das beunruhigen. Aber man sieht, dass die Amerikaner nicht unbedingt tiefe Kenntnisse des Konflikts haben, weil sie nicht die Mittel besitzen, um diesen Konflikt im Detail anzuschauen.

Aber es heißt doch, dass die Amerikaner Informationen über Satelliten und ähnliche Quellen in Echtzeit den Ukrainern geben, die eben deswegen so gut sind, weil sie eben diese genauen Echtzeitinformationen erhalten.

Jacques Baud: Ja, aber man muss hier Unterschiede beachten. Einige Informationen über die russischen Streitkräfte und ihren Einsatz wurden durch die Aufklärungsflugzeuge RQ-4 Global Hawk, MQ-9 Reaper und RC-135 Rivet Joint gewonnen. So verfügt der Global Hawk beispielsweise über ein Seitenradar, das Kampfpanzer oder Artilleriesysteme in einem Gebiet von 600 km erfassen und deren Standort in Echtzeit an ukrainische Feuerleitsysteme übermitteln kann..

Sie meinen aus großer Entfernung? Denn die amerikanischen Flugzeuge und Drohnen können ja nicht über der Ukraine fliegen, sondern beispielsweise über dem Schwarzen Meer. Weiterlesen im overton-magazin.de

 

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