Polen und der 85. Jahrestag des Kriegsbeginns Von Thomas Röper

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Wiederholt sich die Geschichte?

Polen und der 85. Jahrestag des Kriegsbeginns

Von Thomas Röper

Am 1. September war der 85. Jahrestag des Kriegsbeginns und selten haben deutsche Medien und Politiker das Jubiläum so ignoriert, wie dieses Jahr. Lediglich aus Polen gab es Meldungen, die jedoch nur zeigen, wie geschichtsvergessen die polnische Regierung ist.

 

Früher war der 1. September in Deutschland ein Tag, an dem an den deutschen Überfall auf Polen 1939 erinnert wurde. In den letzten Jahren ist es in Deutschland um den Jahrestag zunehmend still geworden und dieses Jahr, immerhin der 85. Jahrestag des Kriegsbeginns, gab es im Spiegel keinen gesonderten Artikel über das Thema.

Im Spiegel wurde der Jahrestag lediglich in einem Artikel mit der Überschrift „Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkriegs – Polens Präsident fordert Entschädigung von Deutschland“ erwähnt, in dem es um zwei Themen ging. Zum einen warnte der polnische Ministerpräsident Tusk vor einem neuen Krieg, zum anderen forderte der polnische Präsident Duda erneut Reparationszahlungen von Deutschland.

Letzteres ist schnell abgehandelt, denn Duda gehört der nationalistischen Partei an, die letztes Jahr die Wahlen verloren hat und die Regierungsgeschäfte an Tusk abgeben musste. Diese Regierung hatte eine Kommission eingesetzt, die zu dem Schluss gekommen war, Deutschland müsse Polen etwa 1,2 Billionen Euro an Reparationen für den Zweiten Weltkrieg zahlen. Dass Duda das zum Jahrestag des Kriegsbeginns erneut gefordert hat, war also zu erwarten.

Die Polen lernen nicht aus der Geschichte

Auch die Warnung von Tusk vor einen neuen Krieg ist vor dem Hintergrund der politischen Lage in Europa und vor allem der polnischen Politik, zu der wir am Ende dieses Artikels kommen, nicht überraschend, allerdings sind hier die Details interessant. Tusk sagte laut Spiegel zum Beispiel:

„Der Krieg komme wieder aus dem Osten, fügte Tusk hinzu.“

Das ist interessante Propaganda, denn niemand kann bestreiten, dass der Krieg für Polen 1939 aus dem Westen und nicht aus dem Osten gekommen ist. Aber vor dem Hintergrund der aktuellen anti-russischen Kriegspropaganda hat Tusk offenbar weniger an den deutschen Angriff von vor 85 Jahren erinnert, sondern so getan, als habe die Sowjetunion Polen angegriffen. Damit soll die polnische Öffentlichkeit weiter gegen Russland eingeschworen werden.

Weiter schreibt der Spiegel:

„»Heute sagen wir nicht: ›Nie wieder Krieg.‹ Heute müssen wir sagen: ›Nie wieder Einsamkeit‹«, sagte Tusk. Es dürfe in der Geschichte nie mehr vorkommen, dass Polen der Aggression des einen oder anderen Nachbarn allein die Stirn biete. Deshalb modernisiere Polen seine Armee und setze auf EU und Nato.“

Die polnische Regierung scheint nichts aus der Geschichte zu lernen. Wer sich mit der Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges beschäftigt hat, der weiß, dass Polen im Streit mit Deutschland vor allem deshalb auf stur geschaltet und jede Verhandlung abgelehnt hat, weil es im März 1939 einen Pakt mit Großbritannien geschlossen hat und sich darauf verlassen hat, die Briten und Franzosen würden den Polen im Falle eines Krieges gegen Deutschland helfen.

Tatsächlich haben die Briten und Franzosen die Polen aber im Stich gelassen, als der Krieg ausbrach. Sie haben Deutschland zwar den Krieg erklärt, aber dann keinen Finger gerührt, um Polen zu helfen. Frankreich machte keinen Versuch, mit seinen zahlenmäßig weit überlegenen Truppen die zu dem Zeitpunkt kaum gesicherte deutsche Grenze anzugreifen.

Das heutige Polen macht wieder den gleichen Fehler, wenn es Russland bis aufs Blut provoziert, weil es meint, die USA hinter sich zu haben. Man kann dazu natürlich unterschiedlicher Meinung sein, aber sollte Polen Russland zu einem militärischen Konflikt provozieren, glaube ich nicht, dass die USA Washington für Warschau opfern würden.

Das sieht man auch an den Äußerungen aus den USA, denn die polnische Regierung ist seit 2022 mit vielen Initiativen vorgeprescht, die de facto eine Kriegsbeteiligung gegen Russland bedeutet hätten. Zuletzt war das Idee des polnischen Außenministers, polnische Truppen in die Ukraine zu entsenden, was die NATO – und damit die USA – in die Gefahr eines direkten Krieges mit Russland gebracht hätte.

Die Reaktion der US-Regierung auf all die polnischen Vorstöße war von Beginn an eindeutig: Wenn die Polen das tun wollen, dann alleine und im bilateralen Vorgehen mit der Ukraine, aber sollte das zu Zusammenstößen zwischen polnischen und russischen Truppen führen, sei das kein Fall für die NATO.

Bisher hat das die polnische Regierung noch gebremst, aber erinnern wir uns 2022: Damals hat Kiew die Eskalation des Donbass-Krieges zu einem Krieg mit Russland riskiert, weil die USA der ukrainischen Regierung hinter verschlossenen Türen versichert haben, im Falle eines Krieges mit Russland würde die NATO auf der Seite Kiews eingreifen.

Wie Kiew in die Falle gelockt wurde

Das wurde nie offiziell zugegeben, aber die Erklärungen aus Kiew von Anfang März 2022 haben eine mehr als deutliche Sprache gesprochen. Am 5. März 2022 hat der ukrainische Außenminister Kuleba das beispielsweise sehr deutlich gesagt:

„Ich möchte deutlich darauf hinweisen, dass in der NATO eine politische Vereinbarung besteht, wonach die Verbündeten der Ukraine auf bilateraler Ebene in jeder erdenklichen Weise helfen sollen. Aber das Bündnis selbst hat sich als Organisation im Grunde selbst abgeschafft. Wir müssen in diesem Punkt ehrlich sein. Die Ukrainer müssen klar und ehrlich erkennen, dass die NATO nicht wirklich das ist, was sich die Ukrainer darunter vorstellen“

Wenige Tage später hat Selensky angeboten, mit Russland über eine Absage des NATO-Beitritts der Ukraine zu verhandeln, um den Krieg zu beenden, weil man in Kiew verstanden hatte, dass die hinter verschlossenen gegeben Versprechen der NATO wertlos waren.

Wir alle erinnern uns daran, dass Russland und die Ukraine sich dann bei den Verhandlungen in Istanbul bereits praktisch auf einen Waffenstillstand und eine dauerhafte Neutralität der Ukraine geeinigt hatten. Es brauchte danach viel Druck der USA, um diesen Friedensschluss noch zu verhindern und Kiew dazu zu bringen, den aussichtslosen Krieg fortzusetzen.

Ist Polen der nächste?

Die polnische Regierung lernt offensichtlich weder aus der eigenen Geschichte des Jahres 1939, noch aus dem Beispiel der Ukraine von 2022. Sie setzt ebenfalls auf die US-geführte NATO als Schutzherrn, wenn sie Russland immer weiter provoziert.

Eine solche Provokation kam einen Tag nach dem Jahrestag des Kriegsbeginns. Am 2. September brachte der polnische Außenminister Sikorski wieder eine Einmischung in den Krieg in der Ukraine ins Gespräch, wie unter anderem der Spiegel berichtete:

„Demnach sei es für Polen und andere Nachbarländer eine »Pflicht«, russische Raketen abzuschießen, bevor sie den eigenen Luftraum erreichen, sagte Sikorski der »Financial Times«. Der Politiker fordert damit implizit, russische Raketen noch über ukrainischem Luftraum abzuschießen – und damit de facto in den Krieg einzugreifen.“

Die USA äußern sich dazu ablehnend. Aber was passiert, wenn die US-Regierung den Polen – wie schon zuvor der Ukraine – hinter verschlossenen Türen Unterstützung zusagt und Polen daher in den Krieg eingreift?

Die USA wollen Russland schwächen und dazu wollen sie den Krieg in der Ukraine verlängern. Da der Ukraine aber langsam die Soldaten ausgehen, könnte es aus Sicht der US-Regierung irgendwann eine interessante Option werden, ein weiteres Land dazu zu bringen, gegen Russland zu kämpfen. Aber sie selbst wollen an keinem Krieg gegen Russland teilnehmen. Wenn Polen in den Krieg eingreift, würden die USA mit den Schultern zucken und erklären, das sei Polens Entscheidung gewesen und das sei kein NATO-Fall. Waffen würde man den Polen für ihren Kampf gegen Russland natürlich liefern, aber nicht selbst in den Krieg eingreifen.

Die Geschichte könnte sich also erneut wiederholen, aber die polnische Regierung scheint das nicht zu verstehen und bereit zu sein, die eigenen Fehler von 1939 und die Fehler Kiews von 2022 zu wiederholen, und in der Hoffnung auf ausländische Unterstützung einen Krieg gegen einen übermächtigen Gegner zu riskieren.

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